Review

Die Zeit ist schon eine komische Sache. Manchmal zumindest. Betrachtet man zum Beispiel das Phänomen des Actionfilmes, dann kann man feststellen, dass sich eine nicht geringe Seherschar nach den Filmen sehnt, die zum Zeitpunkt des Erscheinens als Reißbrettactioner verschrien waren. Ein ansehnliches Beispiel ist dabei „Nico“, das Debut des späteren Ex-Actionstars Steven Seagal. „Nico“ entspricht der Sorte Film, die zu seinem Erscheinen in Mode aber auch überhaupt nicht originell war. Ein aufrechter Cop kämpft gegen Ungerechtigkeit. Dies tut er mit harten Mitteln, da werden Knochen gebrochen und böse Schergen erschossen, ohne dies großartig zu hinterfragen. Besondere Kennzeichen dieses Cops: Schwarzer Lederblouson, Bluejeans und ständiges Herumkurven in den recht häßlichen amerikanischen Polizeischlitten. In Zeiten von überdrehten Actionfilmen, die mit CGI-Effekten überfrachtet sind, scheint wohl ein Bedarf zu herrschen an dieser damals stereotypen Art von Actionfilmen. Dies erklärt zum Einen, dass diese Filme von großen DVD-Labels immer noch gern veröffentlicht werden (heutzutage natürlich ungeschnitten) und dass die Helden von damals immer noch (meist) unterklassige Reißbrettactioner drehen dürfen.

Dies trifft auf Steven Seagal in besonderem Maße zu. So erscheinen doch pro Jahr mindestens fünf Direct-to-DVD Actionfilme mit dem steingesichtigen Mimen, obwohl er meilenweit von der körperlichen Form entfernt ist, in der er sich zu Zeiten seines Debüts befand. In „Nico“ macht Seagal einen sehr fitten Eindruck. Er bereicherte seine Standardcop-Rolle mit asiatischer Kampfkunst, erledigte erfreulich viele Stunts selbst. Wenn man sich seine heutigen Filme anschaut, kann man schon traurig werden. Da trägt der Mann immer lange Mäntel, damit man das beachtliche „Bäuchlein“ nicht so sieht, wird fast immer (sichtbar) gedoubelt und seine Kampfszenen beschränken sich auf lahmes Gefuchtel mit den Händen. Insofern ist „Nico“ nicht nur eine Reise in die Vergangenheit eines Genres, sondern auch in die eines Schauspielers.

Wie schon angedeutet ist „Nico“ weder besonders originell, noch spektakulär. Der Reiz des Filmes beschränkt sich heutzutage auf seiner altmodischen Machart, die einfach (trotz des „Supermann-Syndroms“ sprich Unverwüstlichkeit Steven Seagals) näher an der Realität zu sein scheint, als die der heutigen Actioner. Hier wird eben nicht auf Harrierjets herumgesprungen oder mit einem Truck auf explodierenden Brücken gefahren. Bevor Regisseur Andrew Davis sein Opus Magnum „Auf der Flucht“ drehen sollte, war er auf diese Art Genrefilme spezialisiert. Dabei inszenierte er Chuck Norris’ wohl kommerziellsten Film („Cusack der Schweigsame“) und auch Seagals Debüt „Nico“. Die zweite Zusammenarbeit mit Seagal „Alarmstufe Rot“ bedeutete auch den kommerziellen Höhepunkt des pferdeschwanztragenden Aikido-Kochs. Davis hatte zu dieser Zeit einfach ein Händchen, sich die aktuellen oder gerade aufsteigenden Zelluloid-Heroen herauszupicken und ihnen typische Actioner auf den Leib zu schneidern.

Wie oben schon angerissen ist dabei weder die Inszenierung noch die Action innovativ. Vielmehr kann man, um die Leistung Davis’ zu würdigen, sagen, dass die Inszenierung in sich stimmig wirkt. Davis braut sein Genresüppchen mit typischen Genrezutaten und das Resultat schmeckt dem Fan gut, ohne neue Geschmacksmuskeln zu kitzeln. Keine Experimente, aber auch kein Ausfall. Dass die erzählte Geschichte ebenso uninteressant, wie nebensächlich erscheint, ist zu verschmerzen.

Steven Seagal ist rein schauspielerisch natürlich nicht herausragend. Aber es lässt sich bei heutigem Betrachten des Filmes eine interessante Parallele zwischen seiner körperlichen Verfassung und seiner schauspielerischen „Form“ ziehen. In „Nico“ ist er zwar kein Oscar-Anwärter, doch seine Darbietung wirkt ebenso, wie seine Stunts lebendiger als in den heutigen Actionfilmen, in denen er sich darauf beschränkt aus schmalen Augenschlitzen hölzern zu agieren. Das wirkt in seinen älteren Filmen alles wesentlich lebendiger und dynamischer. Neben Seagal agiert Sharon Stone als seine Ehefrau, doch sie bleibt erschreckend farblos. Man würde sich an sie gar nicht erinnern, wäre sie nicht in ihren späteren Auftritten zu einem bekannten Sex-Symbol Hollywoods geworden. Erwähnenswert ist hingegen Pam Griers Performance in dem Streifen. Die ehemalige Queen des Exploitation-Filmes („Foxy Brown“) spielt ihre Rolle als Seagals Partnerin ebenso souverän, wie sympathisch. Aufgefüllt wird die Besetzung mit einigen Gesichtern, die man aus ähnlich gelagerten Produktionen kennt und die insofern auch wie die bekannte Faust aufs Auge in den Film passen.

Wenn man sich einen „altmodischen“ Actionfilm geben will, liegt man bei „Nico“ goldrichtig. Er ist auf jeden Fall eine bessere Wahl, als 99 % aller aktuellen Produktionen des ehemaligen A-Stars. Ohne nostalgischen Nährboden wäre „Nico“ allerdings nicht weiter erwähnenswert, denn auch Damals gab es schon Actioner, die eine ganz andere Qualität aufwiesen (z.B. „Stirb Langsam“).

Fazit:

7 / 10

Details
Ähnliche Filme