Review

Die Gegenüberstellung und oftmals direkte Konfrontation zwischen zwei Personen auf jeweils unterschiedlichen Seiten des Gesetzes, das grob ausgedrückte Duell zwischen zwei Experten auf je der Kriminalität und der Verbrechensbekämpfung, also der persönliche Kampf zwischen Gut und Böse als bewährtes und beliebtes Thema nicht nur der jüngeren südkoreanischen Filmgeschichte. Als Ausgangsbasis vielerlei hoch- und wertgeschätzter Werke zum Thema, die auch jüngst mit bspw. Tik Tok (2016) und aktuell mit u.a. Dark Figure of Crime Zuwachs erhalten haben und immer noch (mal mehr, mal natürlich auch weniger) das Publikum am unterhalten und die Kritiker am loben sind.

Dabei hat man auch eine scheinbare Schwäche für den Antagonisten entwickelt, oftmals nicht bloß die offensichtliche Identifikationsfigur des Kämpfers für das Gute und die Gerechtigkeit, sondern auch den Kontrapunkt dazu seine Aufmerksamkeit und zuvor dessen Faszination und die Kenntnis in Sachen Methodik, die Motivation und einfach das entsprechend hohe Charisma und so die Überzeugungskraft geschenkt. In The Negotiation, dem Solodebüt des zuvor bspw. bei der thailändischen Co-Produktion The Kick (2010) aktiven Lee Jong-seok hat man den (vermeintlichen oder auch tatsächlichen?) Bad Guy des Geschehens mit dem höchst attraktiven Zuschauerliebling Hyun Bin bes- und als dessen Korrelat die nicht minder fähige Son Ye-jin gesetzt. Ein aufwändiges Kammer- und Detektivspiel, durch Ansätze eines nicht minder aufwändigen Actionthrillers in Ausübung einer militärischen Operation noch zusätzlich forciert:

Nach einem ohne ihr Verschulden missglückten Einsatz als Verhandlungsführer bei einer Geiselnahme, die durch das Eingreifen der Scharfschützeneinheit in einem Massaker endete, will Inspector Ha Chae-yoon [ Son Ye-jin ] vom Crisis Negotiation Team, Seoul Metropolitan Police, nach mehreren Tagen Überlegung ihre Kündigung einreichen, wird aber von ihrem Captain Jung [ Lee Moon-shik ] auf später vertröstet, nach seiner Rückkehr einer Arbeitsreise nach Thailand. Ein später gibt es nicht, wird Ha kurz darauf mit ihrem Superintendent Ahn Hyeok-soo [ Kim Sang-ho ] und dem weiteren kleinen Team zu der Liveschaltung einer weiteren Geiselnahme durch den Waffendealer Min Tae-goo [ Hyun Bin ] gerufen, der einen koreanischen Reporter und eben Captain Jung gefangen genommen hat und ausdrücklich sie als Verhandlungsnehmer fordert. Dass als Beobachter unter anderem auch der National Intelligence Service anwesend ist und schon eine militärische Operation zur Erstürmung des 12h entfernten Stützpunktes von Min in Gange ist und sie überhuapt keinerlei Informationen besitzt, irritiert nicht nur Ha, die bald ihre eigenen Ermittlungen während der Krisensitzung anstellt.

In einer Katastrophe endet der erste Einsatz, in einem dramatischen Blutbad, einer Tragödie, in der nicht bloß zwei Geiselnehmer sterben, sondern vor allem auch ihre beiden wehrlosen Geiseln gleich mit; eine Situation, die a) hemdsärmelig gelöst werden wollte und b) in der keinerlei Absprachen innerhalb des Teams bestanden und c) das schnelle Eingreifen einer Spezialeinheit fälschlicherweise als einzige Möglichkeit gesehen wurde, die Situation noch zu klären und den Tag vielleicht zu retten. Doch das ist noch lange nicht alles, und es steckt viel mehr hinter der Geschichte.

Eine Negotiation in klein, vor den Toren Seouls auf Eröffnungsszene, die folgend im Rest der Geschichte auf groß und außerhalb des Landes projiziert wird und einen der Mitstreiter um Leben und Überleben und ihre berufliche Kennung, aber auch das Wissen um die Tragik darin gleich mit vorstellt. "What's going on?" ist die erste Frage, und noch viele weitere werden behandelt und gestellt. Die Verhandlungsführung ist gleichzeitig Vis-à-vis und durch die Kamera und die Projektion der Gegenüber auch wesentlich größer und besser zu sehen als in der Wirklichkeit, und dennoch sind beide Parteien voneinander entfernt und (noch) körperlich getrennt. Ein Gespräch mit Hindernissen bahnt sich an, mit teils fehlenden Vorwissen und teils Motiven aus der Hinterhand, als selbständiger Mensch mit eigenen Bedürfnissen und Interessen und dies mit Jemand, der auf Order und Abruf da ist und die eigentliche Sachlage noch nicht einmal kennt. Ein Katz-und-Mausspiel geführt über den Dialog und die Verhaltensweisen, das Regisseur und Autor Lee da entwickelt; aus dem Siedepunkt der ersten Katastrophe innerhalb der Law-enforcement Authority noch lodernd und was nun erneut über mehrerlei zahlreiche und vielfältige Momente der Gefahren, der twist and turns, der strammen Fristsetzung und bis hin zum großen Finale abbrennt.

Stilistisch nüchtern und angenehm ruhig und gleichzeitig dennoch jederzeit bereit und innerhalb von Sekunden fesselnd, mit auch einer erweiterten Betrachtungsweise, in der die Frau als Frau und dies innerhalb einer Männerwelt und unterhalb der Polizei- und Politikhierarchie in Augenschein genommen wird und dennoch gegen die zuweilen schlichtweg unfähigen und/oder feigen und sich allein auf ihrer Macht, Rang und Potenz ausruhenden und im eigenen Lug und Betrug, dem Kompetenzgerangel und dem Korruptionsdünken gefangenen Herren der Gesellschaft dominiert. Zusätzlich angereichert mit einigen kleineren Actionmomenten (der erste Schusswaffeneinsatz, die Erstürmung der thailändischen und mit Minen ausgestatteten Bastion sowie das 'Begehen' einer Hotelsuite gegen bewaffneten Widerstand) reichern die überraschungsreiche, irgendwo zwischen Hostage, Inside Man und The Negotiator platzierten Verschwörungsgeschichte mit weiteren Pluspunkten an.

Details
Ähnliche Filme