Review

Richard Curtis schrieb einen denwürdigen und unheimlichen witzigen Film rund um eine seltsame Romanze zweier Leute, die nicht zueinander zu passen scheinen, machte sie episodenhaft und reicherte sie mit reichlich witzigen Nebenfiguren an, die dem Film noch mehr Glanz verliehen.
MOMENT!
Nur, daß es sich bei dem o.a. Film nicht um "Notting Hill" handelt, sondern um "Vier Hochzeiten und ein Todesfall", den Curtis ebenfalls geschrieben hat. Und wer fein (oder auch nur grob) aufpaßt, der bemerkt, daß Curtis hier denselben Film praktisch noch einmal runtergenudelt hat (nur eben ohne Hochzeiten und Todesfälle). Dem Autor blieb das übrigens auch nicht verborgen und es ist ihm im nachhinein peinlich, sowas nennt man Format.

Grundsätzlich ist ja gegen eine Neuauflage einer Erfolgsformel nichts zu sagen, aber auch hier klappt das alles nicht ganz so problemlos.
Stichwort Liebespaar: Hugh Grant ist wieder da und er bringt seinen einen patentierten Gesichtsausdruck natürlich mit. Auch der Sprachrhythmus ist derselbe (wie in allen Filmen), er scheint dieselben Klamotten wie in "Four Weddings..." zu tragen und sein Verhalten ist ebenso freunlich-humorvoll-ohne Biß. Nur, daß im Vorläufer Andie McDowell ein brauchbarer Ensemblestar war, der sparsam eingesetzt wurde. Julia Roberts ist aber ein Superstar und der wird halt auf Teufel komm raus eingesetzt. Und gegen die wahrhaft zauberhafte Präsenz von Miss Roberts (gegen die ich gar nichts habe), sieht Grant nicht nur recht alt aus, er wirkt auch nicht wahrhaft anziehend, wenn er als der übliche Schlumpie mit halboffenem Hemd und fettigen Haaren durch Notting Hill zieht.
Roberts nimmt den Film ein und spielt die Hollywooddiva wahrlich romantisch-lebenslustig, doch die Tatsache, daß hier ein Superstar einen Superstar spielt (Super im Quadrat), bindet sie nicht gerade in die Handlung. Immerhin stimmt aber die Chemie zwischen beiden und das macht den Film unterhaltsam.

Stichwort Nebendarsteller: In "Vier Hochzeiten..." waren Grant und McDowell nominell Hauptdarsteller, der Rest des Casts hatte aber sorgfältig ausgearbeitete Charaktere und starke Szenen, die sie über gewöhnliche Supports hinaushob. Die Nebendarsteller waren mindestens ebenso wenn nicht noch interessanter als die Hauptromanze. In "Notting Hill" ist das leider leicht amerikanisiert. Der wahrhaft britische Touch, der gottgebene britische Humor ist einer Light-Variante gewichen. Wieder geistert eine Reihe von Freunden und Verwandten durch Grants Umgebung, doch einprägen tut sich niemand. Ihre Handlungen und ihr Leben fallen kaum auf, außer wenn sie bei jedem neuen Auftritt zusammenfassen dürfen, was bisher wieder geschehen ist. Sicher, sie sind bunt und skuril zusammengesucht, fungieren aber letztlich nur als Grants Gewissen, wenn der mal wieder die falsche Entscheidung getroffen hat. Wer beide Filme kennt, spürt das Bemühen, die Absicht, diesen Effekt zu wiederholen, am deutlichsten bei dem herrlich ekligen Rhys Ifans, der hier den kaputten Mitbewohner spielt (der übrigens als Künstler definiert wird, obwohl wir nie erfahren, was er eigentlich tut).

Stichwort Dramaturgie : Die Episodenhaftigkeit ist auch hier deutlichstes erzählerisches Merkmal. Der Film hüpft von Begegnung zu Begegnung, macht Zeitsprung um Zeitsprung. Das ist mal gelungen (die wohl beste Sequenz des ganzen Films zeigt Grant nach der ersten Trennung über den Markt von Notting Hill gehen, während um ihn herum die Jahreszeiten und das Wetter wechseln, eingerahmt von auf- und auseinandergehenden Beziehungen und einer werdenden Mutter, die am Ende ein Prachtbaby herumzeigt), mal arg bemüht.
Größte Schwäche des Films ist, daß er jeglichen gesunden Menschenverstand zugunsten der Romanzendramatik fallen läßt. Da explodiert Roberts, nachdem die Presse bei Grant vor der Tür steht; da glaubt Grant der heimlich belauschten Roberts aus dem Stand, daß er nur ein Freund sei, ohne nachzufragen; da schickt er sie in die Wüste, als sie offenen Herzens ihm nachgekrochen kommt. Alles für die Story, aber überzeugend ist das mit sämtlichen Superstarklischees nicht. Im Gegenteil, der Film schleppt sich so eher dahin und da wir eh wissen, daß sie zusammenkommen, machen diese unlogischen Handlungen nicht angenehmer.

Trotzdem bleibt der Film eine mehr als unterhaltsame Romanze, die durchaus einiges zu bieten hat, vor allem wenn er auf der Normalmenschenebene bleibt. Taucht Grant in die Filmwelt ein, wirkt der Witz immer leicht erzwungen, während er als unsicherer Stammler von Pontius nach Pilatus geschoben wird. Manchmal zünden die Lacher ganz wunderbar, manchmal sind sie ein alter Hut. Die besten Szenen bleiben aber meist die ganz sanften, die für einen Augenblick zu vergessen scheinen, daß das hier eine Big Budget-Produktion ist (etwa die nächtliche Kletterei im Park), etwas das der Vorgänger aus jeder Pore, aus jedem Filmmeter verströmte. Ein schöner Film trotz alledem, aber mein Herz hab ich auf irgendeiner Hochzeit verloren. (7/10)

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