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Von einem Extrem in das andere fallend, präsentiert Chinas (nach außen hin) führender Regisseur Zhang Yimou seinen Shadow nicht bloß als Gegenentwurf zu dem vorhergehenden The Great Wall (2016) (oder auch dem genreeigenen House of Flying Daggers, 2004), sondern auch als Kontraposition zu dem jetzt und bereits vor dem Dreh umstrittenen One Second, welcher wieder zu den Wurzeln des Filmemachers gehen soll und nicht im Mainstream angelegt und vom einheimischen Staate auch prompt mit einem Bann belegt ist. Von einem dreistelligen Budget hin zu einem zweistelligen im niederen Bereich und noch weit darunter angelegt, vom Farbenteppich in aller Pracht zu einem fast Schwarzweiß- und letztlich einem Realismusstück; dazu ein Wechsel der Geschichten, der Besetzung und der thematischen Schwerpunkte, dass einem ganz schwindlig vor Veränderung und der Vielfältigkeit des Filmemachers in seinen fast 40 Werken umfassenden Oeuvre wird. "Whatever happens, win or lose, the moment has arrived. False, true. True, false. Just like in a game of chess. But who, after all are the pawns?":

Das Königreich Pei hat vor drei Jahren in einem Duell zwischen ihrem Commander Ziyu [ Deng Chao ] mit dem gegnerischen Yang Cang [ Hu Jun ] ihre wichtige Stadt Jingzhou an das Königreich Yang verloren; eine Tatsache, mit der sich der Pei regierende König Peiliang [ Zheng Kai ] abgefunden hat, sein Commander allerdings nicht. Ziyu hat erneut ein Duell anberaumt, ohne Einwilligung, worauf er vom König seines Amtes entlassen wird, und um Ärger mit den Yangs abzuwenden, bietet Peiliang auch seine jüngere Schwester Qingping [ Guan Xiaotong ] an den Sohn von Yang Cang, an den ebenso kampferfahrenen und stolzen Yang Ping [ Leo Wu ] an. Was Peiliang nicht weiß ist, dass sein Armeegeneral Tian [ Wang Qianyuan ] auf der Seite von Ziyu steht. Und was er auch nicht weiß ist, dass der Ziyu vor ihm gar nicht der Echte, sondern ein Doppelgänger, ein vom mittlerweile nach dem Duell schwer erkrankten und sich in einem Versteck nahe dem Palaste aufhaltenden Ziyu, dessen Schatten Jingzhou [ auch Deng Chao ] ist.

Hier die 20 Mio. USD teure Bearbeitung eines der Begebenheiten aus der Ära der Drei Königreiche, ein Period Piece Wesen zwischen (mehr) Shakespeare und (weniger) Wuxia, welches theoretisch derzeit im Chinesischen Kino nicht nur wenig gefragt, sondern einhergehend damit auch wenig vorhanden und schon mehrere Jahre nach der eigentlichen Welle dergleichen Werke, allerdings nicht als später Nachzügler, sondern als Einzel- und auch Ausnahmestück zwischen harten Felsen, scharfen Stahl und tödlichen Intrigen platziert ist. Gleichzeitig stilles Drama und weitreichendes Kammerspiel mit wenigen, aber äußerst kreativen und auch stets präzisen Aktionsszenen, in der bei einer minutiösen Attacke aus dem Hinterhalt und einem parallelen Einzelduell auch in einem Meer aus Blut und Tod erst gewatet und später fast gebadet und allezeit gestorben wird.

"To win Jing back I'll need three people. One is the Shadow. One the King. And the third is you."
Zhang, welcher sich seit jeher mehr für die Menschen in seinen Erzählungen interessierte, für die Verbindungen zwischen Mann und Frau, für die Existenz eines Einzelnen innerhalb der Gesellschaft, für die Umstände, in denen er herangewachsen ist und in denen er lebt, nutzt hier bekannte und festgeschriebene Vorgänge für seine eigene Interpretation der Historie. Ähnlichkeiten zu gelebten Personen (der späten Han Dynastie) und ihren Geschichten werden nicht ausgeschlossen, aber auch nicht stetig und penibel gesucht, sondern eine eigene Welt mit vor allem auch eigenen Spezialitäten geschaffen und dort drinnen die Subjekte in Augenschein und in ihrem eigenen Spinnennetz aus Verbindungen von der Geburt an, oder der Ehe – einzig Ziyu Ehefrau Xiao Ai [ Betty Sun Li ] weiß von dem Doppelgänger und ist seit längerem vor den Augen der Öffentlichkeit auch mit ihm 'liiert – , oder der Zweckgemeinschaft, oder auch der Hierarchie unter die Lupe genommen. Und dabei vor allem auch die Knoten ihrer Fesseln beschrieben und manchmal diese auch zerrissen und manchmal auch von beiden Seiten aus gelöst.

Ähnlich wichtig wie die fast komplett in Gold gehaltene Fassade von The Curse of the Golden Flower (2006), welcher trotz der Eposgestaltung auch fast nur an einem Schauplatz spielte und dort wirkte, ist hier die nahezu vollständige Vernichtung von Farben (und auch von Flora und Fauna sowie der Sonne allgemein, wobei nur eine Woche Dauerregen die Gegend aufnässt, klamm hält und unterspült); nicht bloß, weil die Ablenkung, die Aufheiterung und das Wechselspiel von anderen Eindrücken fehlt, sondern das allgegenwärtige Grau bzw. die unterschiedlichen Schwarz- und Weißtöne sowie die Aufnahmen von durchlässigen Vorhängen, Silhouetten und Schatten die Blickrichtung auf die im scheinbaren Niemandsland einer drückenden Unwirklichkeit und Unwirklichkeit lebenden Personen, ihr Anpassen an die Gegebenheiten, die trockene Formalität und das Verstecken hinter einem stummen Gesicht, umhüllender Kleidung und einfachen und auch eingeschränkten Bewegungen lenkt.

"You're more like the Commander than he is. For a moment there I didn't know how to react"
"I've been your Commander. I'll still be your Commander. That's all there is."

In einer Zeit, wo das Bewahren des Friedens nur durch Kompromisse und als Zeichen der Schwäche eingehalten wird, wo die Herausforderung als Ausdruck des Stolzes unweigerlich einen Krieg heraufbeschwört, wo von der Meinung und Entscheidung des Monarchen das ganze Wohl der Anderen abhängt und Frauen scheinbar nur Anhängsel der Männer, in der Unterzahl und Minderheit, aber dennoch die mit der Wahrheit auf den Lippen sind, wird hier von Beginn an schon unweigerlich am Schicksal gearbeitet und unaufhörlich auch der Kampf gegen sich selber, die Widrigkeiten der bereits in Gang gesetzten Situation und die brüchige Allianz zweier eigentlich verfeindeter Staaten forciert. Yin und Yang, Feuer und Wasser, Hell und Dunkel, Körper und Geist, alles miteinander in Verbindung und dennoch als direkter Kontrast gesetzt. Der eigentliche Ehemann und Commander nur noch ein Schatten seiner selbst, während der Ersatzmann jung und kräftig ist und längst aus dem Schatten heraus getreten, und auch für die Ehefrau wie ein Jungbrunnen und Quell neuen Lebens ist.

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