Review

A Dark Star Is Born


Manchmal fragt man sich, ob man gerade denselben Film gesehen hat, wie der Rest der Welt. Denn ich war selten heftiger überzeugt davon, etwas Wichtiges, Kraftvolles gesehen zu haben, ja sogar ein glasklares Meisterwerk (von einem noch so unglaublich jungen Regisseur, der scheinbar von ein paar der Besten gelernt hat!), als bei „Vox Lux“ - nur leider sieht das nur ein Bruchteil der Welt scheinbar genauso. Sehr komisch - aber irgendwie auch verständlich, wenn man sich diese tiefschwarze, famose, verkappte Satire unserer Zeit (nicht nur der Musikbranche!) genauer anguckt. Doch eins nach dem anderen... hier erstmal eine kurze Synopsis, obwohl man eigentlich besser gar nichts wissen sollte - um dann umso mehr überrascht und weggeblasen zu werden. Es geht um ein junges Mädchen, dass durch ein tragisches Trauma geht und in der Sogwelle dieses zu einem amerikanischen Popstar und Symbol wird... Zumindest ganz grob. Denn „Vox Lux“ packt einen ab den unerwarteten ersten Minuten an der Gurgel, kitzelt dann einige Lacher raus, nur um uns dann an diesen fast zu ersticken und absolut erfrischt und mit offenen Augen das Kino verlassen zu lassen. 

Es ist viel zu leicht „Vox Lux“ nur als düstere Mixtur aus „A Star Is Born“ und „Black Swan“ abzutun. Denn in diesem delikaten Spiel zwischen Ruhm und Trauma, zwischen Glitzer und Depression, zwischen Schmerzen und Erfolg, zwischen Terror und Triumph, zwischen Teufel und Dummheit, steckt noch unendlich viel mehr. Die Sia-Songs sind subversive, diabolische Ohrwürmer, die Kameraarbeit ist mehr als eindringlich, die Portman spielt wahrhaftig die beste Performance ihrer Karriere (!) und die Themen könnten nicht bissiger vorgetragen werden und näher am Zeitgeist sein. Das Ding ist eine volle Breitseite, eine gallige Wucht! Ein großer, eleganter und bitterböser Abgesang. Auf die Popindustrie, auf eine oberflächliche Welt voller Hass und Scheinheiligkeit, in der sich Gewalt und System/Erfolg/Kunst bedingen und abartig befruchten. „Vox Lux“ ist einer dieser Filme, nachdem man aus dem Kino kommt und wieder weiß, warum man diese Kunstform liebt, über den man eine halbe Doktorarbeit als Kritik schreiben könnte, an dem einem immer neue Dinge faszinieren und fesseln. Und bei dem man sich einfach nur am Kopf kratzt, wie der in Amerika letztes bzw. hier aktuell derart unter dem Radar fliegen kann. Zumindest als Gesprächstarter sollte der taugen, wenn ihn schon nicht alle so lieben wie ich... Eine absolute Abrechnung mit der aktuellen Moderne und allem, was darin schon längst abgestorben ist oder sein sollte. Brutal und aufdeckend. 

Fazit: egal wieviel Leute den nicht verstehen, egal wieviel unangenehme Wahrheiten ausgesprochen werden, egal wie fies diese Satire sticht, egal wie polarisierend das Ding nachwirkt, egal wie amerikanisch er ist, wie sehr sich einzelne Teile in ihm beißen, wie ausufernd die finale Show ist und egal wie sehr Hollywood scheinbarversucht ihn totzuschweigen - „Vox Lux“ ist einer der großen, bösen Filme des Jahrzehnts und ein kommender Klassiker, dessen Kraft sich nicht unten halten lassen wird. Giftig, grotesk, großartig!

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