Prämisse: Ich hasse Kevin Costner und ich fand DANCE WITH WOLVES zum KOTZEN!!! Neben FORREST GUMP und PHILADELPHIA einer der meistüberschätztesten Filme der 1990er Jahre!!
Zum Film: Ich war überrascht, da ich ihn mochte!!!!
Kevin Costner ist gottseisgetrommeltundgepriesen weg von seinem Gutmenschenschauspiel, in dem er in jedem Satz klarmachen will, wie man sein Leben zu leben hat. Eine sehr ansprechende und vielschichtige Darstellung eines Ex-Revolverhelden mit gebrochener Biographie und viel menschlicher und glaubwürdiger Aura. Daneben der Star des Films: Robert Duvall, der alte Haudegen. Es ist immer wieder eine Freude, diesen großen alten Mann bei der Arbeit zu sehen. Er und Costner geben ein kongeniales Paar ab, deren Dialoge Spass machen und die den Film darstellerisch tragen. Alle anderen Figuren (inkl. Anette Benning) sind nur Stichwortgeber, was aber auch gut so ist.
Die Story ist dermaßen einfach, wie eine Story nur einfach sein kann. Das typische Gut/Böse-Westernschema wird angewandt, hat aber auch seine Berechtigung. Ausgefeilte Plottwists sucht man vergebens. Alles erinnert an archetypische Vorbilder, wie z.B. Liberty Valance oder High Noon (was ja nicht die schlechtesten Vorbilder sind).
Der eindeutige Star des Films ist jedoch die Kameraführung. Eine derartig fantastische Bildgestaltung habe ich selten gesehen. Verantwortlich dafür zeichnet sich Jim Muro, seineszeichens weltbester Steadycamoperator, Regisseur des Splatterhammers STREETTRASH und Autor des Vorworts zum wunderbaren Interviewbuch DARK STARS von 1994 (Dario Ragento, David Cronenberg, John Woo, William Lustig, George Romero etc.). Hier nimmt er das erste mal die Position des DoP ein und zeigt erstaunlicherweise eben KEINE bewegten Bilder. Zumindest nicht überwiegend. Im Gegenteil: die Bilder erinnern an Photographien und speziell die Lichtsetzung ist atemberaubend. Im Gegensatz zu John Ford-Western (Death Valley) werden hier eher die satten grünen Wiesen Colorados gezeigt, wobei in der Stadt wiederum schlammiges Braun dominiert.
Gerade die Fotografie in Verbindung mit der Choreographie, der Kameraführung und der spröden aber ausgefeilten Inszenierung macht den Showdown absolut sehenswert. Ein (übrigens der einzige des Films) Shoot-Out, der sowohl spannend ist, technisch und optisch ausgereift, jedoch auch dramaturgisch hervorragend funktioniert, kleine Zerstörungen der üblichen Westernmythen bietet, aber auch äußerst brutal realistisch daherkommt. Wer den Restfilm unerträglich fand, sollte sich dieses 30minütige cineastische Glanzstück auf jeden Fall trotzdem geben.
Kann man den Rest unerträglich finden? JA!!! Der Film ist seeeeehr lang und packt in 140 min so wenig Handlung, die ansonsten für ein 70minütiges B-Movie genügen würde. Es wird viel geschwiegen oder die Kamera beobachtet schon fast betulich unspektakuläre Alltagssituationen. Das geht aufs Sitzfleisch und kann nerven, wenn nicht Duvall und Costner für viel Unterhaltung sorgen würden. Oft genug bedient der Film auch die Kitschquaste, wobei die kitschigen Momente immer wieder auch durch eine ironische Brechung relativiert werden. In der von mir besuchten Vorstellung erzeugten gerade die Momente des eher altmodischen "Ein-Mann-muss-tun-was-ein-Mann-tun-muss"-Kitsches beim unbedarften Publikum viel Gelächter (wobei ich mich frage, warum Menschen in einen Western gehen, wenn sie bei westerntypischen Elementen, die - zugegebenermaßen altmodisch wirken - anfangen alles lächerlich zu finden. Das Augenzwinkern innerhalb der Inszenierung ging offenbar auch nicht jedem auf).
Für Westernhasser ist der Film GAR NICHTS. Alle anderen sollten einen Blick wagen und ein Sitzkissen mitnehmen.
6 Punkte (eigentlich 7) wegen unnötiger Überlänge und strapazierten Klischees, und dann doch noch ein Zusatzpunkt für die exzellente Fotografie
Also 7/10 Punkten