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Kevin reitet wieder...09.01.2010

Er hat es ja nicht leicht, der gute Herr Costner, denn eigentlich wird ihm nur ein richtig guter Film zugeschrieben - und nur über diesen, der mit dem Wolf tanzt, erntet Herr Costner Ruhm und Ehre. Dumm nur, wenn man sich dann bei jeder anderen Arbeit mit dem großen Wurf vergleichen lassen muß, und viel dümmer noch, wenn alle Projekte nach diesem einen Volltreffer eher Kassengift denn Kontofüllung waren, ganz gleich ob als Hauptdarsteller oder als Regisseur. Was also ist zu tun? Genau, man macht einfach das, was man am besten kann, und dreht wieder einen Western. Da kann man nicht viel falsch machen, und wenn man auf die Gage verzichtet, wird das Ganze auch nicht teuer ( ein Schelm, wer nun meint, der gute Kevin habe keine Gewinnbeteiligung nach Art der Banker herausgeholt ). Doch auch hier lauert der Fallstrick, ist doch die junge Generation nicht mehr willens, in Ruhe erzählte Geschichten anzusehen...mir aber, als gestandenem Kinogänger mit der schon häufig erwähnten Abneigung gegen hektische Schnitte, gefällt gerade diese Ruhe.

Denn die Geschichte ist einfach. 1882, alles ist soweit friedlich, der Bürgerkrieg ist vorbei. Boss Spearman zieht mit seinem langjährigen zweiten Mann Waite und zwei Helfern mit einer großen Viehherde durch die menschenleeren Weiten, hat dabei seine Ruhe und ein gutes Auskommen. Das ändert sich, als man nahe einer Stadt über die Weide eines dort ansässigen Ranchers zieht, der natürlich auch die Stadt fest im Griff hat. Klar, wes Brot ich eß, des Lied ich spiel...Nach ersten kleinen Scharmützeln gerät die Sache schnell aus dem Ruder, und als auf der Seite von Spearman ein Toter zu beklagen ist, muß die Ordnung wieder hergstellt werden. Zwei Mann gegen zwei Dutzend Mann stehen sich dann im Showdown gegenüber, die Stadtbevölkerung hält sich fast völlig raus, aber natürlich endet die Geschichte gut - denn Waite, ein an sich schüchterner Mann, schnappt sich auch die Frau fürs Leben...während Spearman an einen Altersruhesitz in Form eines Saloons denkt.

Was hier fehlt zum großen Glück sind eine Kneipenschlägerei und eine Straffung der Geschichte nach dem Showdown. Denn bis zu diesem Punkt macht Costner in Personalunion als Regisseur und Darsteller alles richtig. Er nimmt sich selbst gegenüber Robert Duvall deutlich zurück, läßt sich genügend Zeit, um die tragenden Figuren vorzustellen und zu charakterisieren - aber nur auf der Seite der Guten, die Bösen sind halt einfach so, wie sie nun eben sind, wenn sie in einem Western mittun. Miese Typen, Kim Coates mittendrin, da weiß man gleich, wer ein Loch hineingestanzt bekommt... Wunderschön sind natürlich die Landschaftsaufnahmen gelungen, und selbst die zarte Liebesgeschichte stört nicht, denn sie ist charmant berichtet und verzichtet auf plumpe Zärtlichkeiten. Duvall hat einige großartige Szenen, die Dialoge sind präzise, und der doch recht lange Showdown ist so hart, wie er in einem modernen Western sein muß - mit Blut, realistisch gefilmt, nicht jede Kugel ein Treffer. Sicher kein Film für die breite Masse, aber eine wohltuende Oase der Erzählungskunst, natürlich zu lang, aber kurz kann Kevin nicht - 8/10.

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