Der Kinderbuchautor Leon Bachstein fährt mit seiner elfjährigen Tochter Tanja nach Dänemark und mietet sich ein Strandhäuschen. Seit dem Tod seiner Frau vor zwei Jahren leidet er unter einer Schreibblockade, und auch seine Tochter vermisst ihre Mutter sehr. Dort angekommen werden sie von der Bevölkerung sehr herzlich aufgenommen. Insbesondere für Roula, die Tochter des Hausbesitzers, beginnt der Autor mit der Zeit mehr als nur freundschaftliche Gefühle zu entwickeln. Doch als er ihre Nähe sucht, weist sie ihn ab. Mit zunehmender Zeit findet Leon heraus, dass deren Unnahbarkeit von zwei schlimmen Erlebnissen herrührt. Sie musste als Kind mit ansehen, wie ihre beste Freundin verbrannte und sich die Mutter nur kurz später die Pulsadern aufschnitt. Das ist zwar mittlerweile lange her, doch diese Ereignisse konnte sie nie verdrängen, zumal es noch ein weiteres düsteres Geheimnis zu geben scheint, denn ihr Papa scheint seit ihrer Kindheit mehr als nur väterliche Gefühle für seine Tochter zu hegen, und nicht nur für sie...
Der Film ROULA ist bereits dreizehn Jahre alt, ich hatte bislang aber noch nie was von diesem Streifen gehört. Eher zufällig bin ich auf eine sehr positive Kritik gestoßen und habe mir daher die DVD zugelegt - und kann dem anderen Rezensenten nur zustimmen.
Es ist immer wieder schwierig, Themen wie Kindesmissbrauch in einem Film darzustellen. Zeigt man zu viel, könnte die Entrüstung des Publikums groß sein, belässt man es nur bei Andeutungen, fehlt die Authenzität.
Regisseur Enlen muss man hier ein großes Lob aussprechen, denn er findet genau die richtige Mitte. Mit Hilfe kurzer und geschickt inszenierter Rückblicke in Roulas Kindheit werden dem Zuschauer die früheren Ereignisse näher gebracht. Auch dabei erfolgt schon ganz klare Aufklärung darüber, was genau vorfiel, aber trotzdem wird der nötige Respekt bewahrt.
Die mir bislang völlig unbekannte Anica Dobra spielt ihre Rolle wirklich vorzüglich, besonders, wenn sie hin und hergerissen ist, ob sie Leons Liebe erwidern soll, erreichen ihre Augen eine enorme Ausstrahlung.
Auch sehr positiv fällt Ernst Jacobi auf, dessen Rolle sicherlich die schwierigste ist. Er muss nach außen hin einen immer freundlichen und hilfsbereiten, älteren Herrn spielen, den aber seine Pädophilie plagt. Auch dieser Spagat funktioniert perfekt.
Der ganze Film ist von Anfang bis Ende sehr stimmig, es gibt wenige bis gar keine Längen, und wenn mal keine Dialoge vorherrschen, bekommt man wunderschöne Bilder der dänischen Küste gezeigt, die mit einem passenden Score unterlegt sind. Überhaupt macht die Musik einen großen Teil des sehr guten Gesamteindrucks aus. Auch wenn es etwas dramatischer wird, beginnt sich die Musik gleichzeitig mit zu verstärken.
Fazit: Ein wirklich gelungenes Psychodrama, das trotz oder sogar wegen des schwierigen Themas nachhaltig Eindruck hinterlässt. Wer mit dieser Handlung kein Problem hat, wird von ROULA sicherlich nicht enttäuscht sein. Eins muss ich jedoch unbedingt anmerken: Man sieht dem Film schon deutlich an, das es sich um eine deutsche Produktion handelt - und das stört ja bekanntlich viele Zuschauer. Eigentlich schade, denn Leute, die Filme wie „Mysterious Skin" mochten, dürften auch an diesem Streifen gefallen finden. Vielleicht einfach mal über den Schatten springen und dem deutschen Film eine Chance geben. Einen besonderen Gruß diesbezüglich geht an Kevin :o)
Starke 8 Punkte