Review

kurz angerissen*

Der Trailer zeigte einen wohlhabenden Mann, der seine viel jüngere Gattin durch sein Haus führte und ihr dabei alle Freiheiten zusicherte; nur von diesem einen Raum im Untergeschoss solle sie sich fernhalten. Endlose Geheimniskrämerei stand nun zu befürchten, bis sich die schreckliche Wahrheit im Grande Finale offenbaren würde und all die schrecklichen Vorahnungen durch merkwürdige Vorgänge im Haus endlich einen Sinn ergäben.

Es ist erfrischend, dass der fertige Film nicht diesen ausgetretenen Pfad des Suspense-Kinos bis zum bitteren Ende beschreitet, sondern schon recht früh von ihm abweicht. In einem frühen Moment der unerwarteten Eskalation ist man so vom generischen Ablauf vergleichbarer Plots überzeugt, dass man meint, einer verkappten Traumsequenz aufzusitzen, die sich schon in der nächsten Szene wieder auflösen wird; doch Sebastian Gutierrez, der die Story angeblich zehn Jahre schwanger trug, setzt seine Vision konsequent durch und wagt den Tauchgang in unbekannte Gewässer.

Das birgt natürlich Gefahren in Bezug auf eine kohärente Erzählstruktur. Von einer ausgereiften, auf den Punkt austarierten Geschichte mag man trotz der langen Entwicklungszeit eher nicht reden, denn zu sehr nimmt das Formelle die Trial-and-Error-Gestalt seines Inhalts an. Der von Ciarán Hinds manisch-impulsiv angelegte Wissenschaftler und die von Abbey Lee als einfältig-naiv, ja fast dümmlich interpretierte Ehefrau tragen zu einem trashigen Charme bei, der dezente Aromen eines Films von Brian de Palma freisetzt, zumal sich auch Hitchcocks Signatur in jedem Raum der futuristischen Villa abzeichnet.

"Elizabeth Harvest" ist im folgenden wechselhaft und unverbindlich, dabei fast so schrill wie ein Argento in der Blütezeit. Feste Regeln scheinen ihm nichts zu bedeuten. Das geschmackvolle, auf Robustheit und Beständigkeit ausgelegte Dekor wirkt wie ein scharfer Kontrast zum Wankelmut, den das Drehbuch mit jeder neuen Seite unter Beweis stellt. Die Überraschungen verlieren dadurch langfristig natürlich an Effet, das Unerwartete wird zum Erwartbaren und obgleich die Handlung auf nur einen Schauplatz und vier Hauptfiguren (plus ein Gastdarsteller) begrenzt ist, gleicht sie zunehmend einem unentwirrbaren Garnknäuel.

Unbestreitbar hat das seinen Reiz, aber der ist eher kurzfristiger Natur. Es ist wie mit einem Spiegellabyrinth auf dem Jahrmarkt: Interessant, diese Erfahrung einmal gemacht zu haben, doch hat man erst einmal wieder herausgefunden, ist der Bedarf fürs Erste gedeckt.
(5.5/10)

*weitere Informationen: siehe Profil

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