Diese lang erwartete Fortsetzung der „Predator“-Reihe, die erste seit langer Zeit mit echter Ur-DNA, hätte eigentlich gar keines Castings bedurft. Man hätte sich stattdessen einfach eine Citroën-Ente organiseren können, um damit durch Kleinstädte zu streifen, herrenlose Clowns aufzugabeln und diese im Dschungel auszusetzen. Den Rest würde schon die Buddy-Chemie erledigen.
Clowns gab es natürlich auch schon im allerersten Film von 1987 – unter anderem eben jenen Witzbold, der nun auf dem Regiestuhl Platz nimmt. Shane Black schreibt virile Gruppendialoge wie kein Zweiter, das hat sich in all den Jahren nicht verändert. In der Luftblase politischer Korrekt- und Beherrschtheiten, in der wir momentan leben und der zunehmend giftige Gase in Form latenter Aggression entweichen, funktionieren dumme Witze über Mamas und Oralbefriedigung an Obdachlosen wie Nadeln, sie bringen das behutsam aufgebaute Konstrukt (vemeintlichen) gegenseitigen Respekts rüpelhaft zum Platzen. Das ist wesentlich effizienter als die postmodernen Verrenkungen, die ein „Deadpool“ auf sich nehmen muss, um ähnliche Dinge zu erreichen. Black bevorzugt hier eher die gerade Luftlinie von A nach B und haut uns das maskuline Gebaren längst ausrangierter Männer-Modelle vor den Latz, als wäre er immer noch 26 Jahre alt und umgeben von engen Jeans, öligen Muskeln und wahlweise strengem Militärschnitt oder wallender Vokuhila-Mähne.
So gesehen ist „Predator – Upgrade“ tatsächlich die erste „echte“ Fortsetzung seit Teil 2 aus dem Jahr 1990, wurde der Rastafari-Sportjäger aus dem Weltall in den „AvP“-Filmen doch entgegen seiner Art mit geschmolzener Popcorn-Butter überzogen und im Versuch von 2010 zum Aufhänger für einen uninspirierten Testlauf gemacht, ob der Stoff in diesem Jahrzehnt überhaupt noch zündet. Um solche Alleingänge schert sich Black nicht. Es geht ihm bloß um die Dynamik innerhalb einer drastisch überzeichneten Männergruppe, die regelrecht in Handicaps ersäuft und trotzdem die Muskeln spielen lässt, als gäbe es keinen Morgen. Was natürlich für einen Großteil der Besetzung, soweit ist uns das Prinzip der Dezimation noch bekannt, auch so kommen wird. Und so kommt beim hemmungslosen Gesplattere an den Pausenclowns kindliche Freude auf, als ginge es um G.I.Joe-Actionfiguren im Sandkasten eines Kindergartens. Die Getroffenen quittieren ihr Schicksal oft mit einem Schulterzucken; „ist halt so“, scheinen ihre Gesichter zu sagen, bevor sie um einige Körperteile erleichtert abtreten und fortan ihrem Schöpfer auf den Nerv gehen.
Woran sich Black nicht mehr erinnern mag, es ist ja schließlich auch schon über 30 Jahre her, das Gefeixe diente damals dem Überspielen von nackter Angst. Die Bedrohung aus dem Unsichtbaren ließ wandelnde Monumente wie Bill Duke und Carl Weathers zu Bronzestatuen erstarren, denen das Kondenswasser von der perfekt geformten Linienführung ihrer Brustmuskeln tropfte (nur Schwarzenegger war am Ende selbst für einen erfahrenen Alien-Jäger wohl einfach eine zu harte Nuss). Der Truppengang durch den mittelamerikanischen Dschungel war wie ein auffälliges Pfeifen im Walde, übertüncht vom Gelächter der Dschungeltiere und der Überlegenheit des Herausforderers. Doch niemals hätten amerikanische Soldaten sich zu ihren Ängsten bekannt. Der schon ewig schwelende Ost-West-Konflikt hatte seine Spuren hinterlassen, die dieser Film gnadenlos aufdeckte.
Black mag mit seiner ureigenen Handschrift in gewisser Weise die alte Schule verfolgen, doch das bedeutet noch längst nicht, dass er eine Kopie des Originals anfertigen würde. Dass er an den Paranoia- und Thriller-Elementen weniger interessiert sein würde, macht bereits der Establishing Shot im Weltall deutlich: Traditionellerweise ruht ein solcher schwerelos im Vakuum, bis ein Raumschiff vor die Linse rückt. Hier jedoch bewegt sich die bis dahin passive Kamera mit, als werde sie vom Fahrtwind (…?) des Schiffs mitgesogen. Es folgen blinkende Knöpfe, Absturz-Chaos und die Inszenierung der fancy Alien-Technologie. Keine langsame Einführung also, nein, das Alien wird mit dem Wissen um 30 Jahre Predator-Filmkultur ent-alienisiert. Und man ahnt schon Übles.
Die Späße der irdischen Clowns als Reaktion auf den Besucher dienen folglich nicht mehr als Angst-Ventil, sondern grundsätzlich nur noch dazu, sich gegenseitig aufzuputschen und in Form zu bringen für ein völliges Chaos von Film. Für echte „Predator“-Hardliner resultiert das unweigerlich zu einer großen Enttäuschung, denn nervenzerrende Anspannung weicht einer Non-Stop-Entladung; wie in diesen 90er-Jahre-Gameshows, in denen man möglichst viele Luftballons zertrampeln musste, um zu gewinnen. In der Tat muss sich dieser Film fragen lassen: Was hat er sich bloß bei diesem Kokolores gedacht? Da werden Dschungelgebiete ebenso durchstreift wie Vorstadtparks, eine Erzählung aus Kinderaugen wird mit allen erdenklichen Klischees aufgebaut, um dann einfach zu verwaisen, es kommen Predator-Hunde ins Spiel, mit denen man die beliebte Gesellschaftsdebatte „wenn sich Hunde und ihre Besitzer ähnlich sehen“ wieder zum Leben erwecken könnte, am besten gleich im Double Feature mit „Es gibt immer einen noch größeren Fisch im Teich – über Hollywood und seine Superlative“. Erstaunlich, dass Black es in diesem Durcheinander trotzdem irgendwie schafft, einen Bus voller Idioten mit so etwas Ähnlichem wie Charisma auszustatten und somit eine der größten Schwächen des 2010er Vorgängers auszumerzen. Boyd Holbrook funktioniert als Hauptdarsteller in diesem Kontext ebenso gut wie seine Mitspieler (hier vor allem der völlig geschmacklos zur Tourette-Marionette umfunktionierte Thomas Jane), die besorgte Ehefrau (sieht hübsch aus und passt auf das Eigenheim auf: Yvonne Strahovski) und nicht zuletzt diverse Charaktervisagen in weiteren Nebenrollen, darunter Edward James Olmos, Lochlyn Munro und der wie immer wunderbare Jake Busey.
Irgendwo tief im Herzen des Filmliebhabers schlummert eine Astralebene, auf deren Wellenlänge „Predator – Upgrade“ sogar irgendwie funktioniert. Die Voraussetzung dafür ist, dass man Hoffnungen auf eine Neuauflage von McTiernans Klassiker tunlichst vermeiden sollte. Shane Black trifft immerhin den zeitgeistigen Chic der Empörung über Unangemessenheit jeder Art tief ins Herz, ohne sich dafür allzu sehr im Irrgarten der Postmoderne zu verirren. Aber manchmal, wenn man beispielsweise der außerirdischen Hundekreatur in die treudoofen Augen blickt, da denkt man sich im Stillen ja schon: War das jetzt wirklich nötig?