Review
von Leimbacher-Mario
Zwei Brüder, zwei Mopeds, ein Weg
Es gibt kaum etwas Wichtigeres für einen Film oder das Zurückkommen zu diesem, als Figuren, mit denen man gerne Zeit verbringt. Die man gerne sieht, egal ob sie gewinnen oder verlieren, ob sie lernen oder verzagen, ob sie wachsen oder sich wegducken, über sich hinauswachsen oder in sich zusammenfallen. Von Travis Bickle über den Dude bis Tony Montana sind das die Filmfiguren, die man immer wieder gerne besuchen kommt. Und auch wenn ich die zwei Brüder auf ihrer Mopedtour aus dem Schwarzwald bis an die Ostsee nicht mit solchen Hochkarätern des Kinos vergleichen will, so trifft auch auf die beiden im höchsten Grad zu: Ich mag sie. Habe sie lieb gewonnen über die zwei Stunden. Sehr sogar. In guten wie in schlechten Zeiten. Bei Regen wie bei Sonnenschein, beim Weinen wie beim Lachen, beim Stepptanzen wie beim Kühe umschubsen. Und darum geht's doch.
"25 km/h" ist nach "303" schon der zweite hervorragende Roadmovie des deutschen Kinojahres - in manch anderen Jahrgängen war man froh, wenn man über alle Genres verteilt zwei tolle Filme findet. Das sagt eigentlich alles über 2018 aus deutscher Sicht. Markus Goller hat seinen letztjährigen "Simpel" nochmal überboten. Und der war schon nicht von schlechten Eltern. Der diesjährige Mopedausflug hat neben den bereits erwähnten klasse Figuren, eigentlich alles, was ein guter (Heim-)Kinoabend braucht. Witz, Ehrlichkeit, Gefühle, unverwechselbare Originale, ein feines Fingerspitzengefühl. Und zudem ein paar schicke Landschaftsaufnahmen unseres tollen Heimatlandes. Vielleicht geht die Reise ein paar Minuten zu lang und das Thema, sich endlich ein Herz zu fassen, sein Leben zu leben, wie man es selbst will und sich auch mal spontane Verrücktheiten zu trauen, gewinnt keinen Innovationspreis. Nur kam es halt selten ehrlicher und überzeugender und sympathischer rüber. Klasse gespielt, auditiv gefühlvoll unterlegt und mit einer exzellenten Balance aus Humor und Ernsthaftigkeit. Und das auch noch weitestgehend ohne Kitsch. "25 km/h" ist viel besser, als man es sich ausmahlt und muss den Vergleich zu US-Indie-Perlen kaum scheuen. Ein Sleeperhit!
Fazit: entspannter und entzückender Roadtrip mit Hindernissen, Erkenntnissen und mit nur etwas mehr als Schrittgeschwindigkeit. Mopeds machen müde Männer munter.