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„Die dritte Option"

Zuerst darf die Diplomatie ran, dann das Militär und wenn auch das versagt, schlägt die Stunde von Overwatch. Special Agent James Silva lässt keinen Zweifel daran, was er von den ersten beiden Optionen hält. Als Teamleader einer Overwatch-Spezialeinheit muss er vielleicht auch so denken, schließlich kommt er nur zum Einsatz, wenn Reden und Krieg führen keinerlei Ergebnisse produzieren. Als Prämisse für einen reinrassigen Actionfilm ist ein solches Szenario natürlich wie gemalt. Hochgerüstete und bestens ausgebildete Kampfexperten beseitigen das Chaos internationaler Scharaden, Sackgassen und Krisen. Der normale Bürger bekommt im Idealfall nichts davon mit bzw. sieht bestenfalls Bruchstücke einer komplexen Gesamtsituation von deren Ausmaßen und Hintergründen er nicht das Geringste ahnt.

Ein Stoff wie bestellt für Actionprofi Peter Berg, der gern auch mal den Finger in die Wunden zeitaktueller politischer Brennpunktthemen legt (u.a. „Operation Kingdom", „Deepwater Horizon", „Boston"). Der ehemalige Schauspieler hat zudem mit Mark Wahlberg einen kongenialen Partner gefunden, der seine schnörkellosen und oft brutalen Visionen auf der Leinwand sehr kaltschnäuzig und sehr präsent umsetzt. „Mile 22" ist dann sinnigerweise bereits ihre vierte Zusammenarbeit und das binnen fünf Jahren. Und so spielt Wahlberg auch eben jenen Silva mit der bewährten Mischung aus kühler Berechnung und tödlicher Effizienz. Einen Sympathieträger erschafft er so zwar nicht, aber  für die Glaubwürdigkeit seiner Figur und ihrer irrwitzigen Mission ist dieser Ansatz ungleich  zielführender.

So erkennen Silva und sein Team sehr schnell, dass der vermeintliche Routinejob der Überführung des Überläufers Li Noor (Iko Uwais) ihre vollständige Auslöschung bedeuten könnte. Denn der Geheimdienst einer fiktiven sudostasiatischen Diktatur ist keinesfalls gewillt einen ihrer Mannen an die USA zu verlieren, zumal er im Austausch den geheimen Standort radioaktiven Caesiums verraten will. Also verwandeln sie die 22-Meilen lange innerstädtische Route zum Flughafen in ein Kriegsgebiet, in dem Silvas Quartett qualitativ und quantitativ hoffungslos unterlegen scheint.

Diese Höllenfahrt zum Flug in die Freiheit nimmt die komplette zweite Filmhälfte ein und findet praktisch in Echtzeit statt. Berg entfesselt dabei ein brachiales Actiongewitter aus intensiven Shootouts, krachenden Karambolagen und knallharten Kämpfen. In seinen besten Momenten erinnert das an Michael Mann und die Bourne-Filme, wenn Berg es auch zeitweise mit der Schnittfrequenz übertreibt und auch nicht immer den Überblick behält. Das mag sogar realistischer sein, beraubt den Film aber auch ein Stück weit seines Potentials. Schließlich hat man mit dem Indonesier Iko Uwais einen Kampfsportakrobaten an Bord, der mit „The Raid" und dessen Sequel ("The Raid 2", 2014) die jüngere Actionfilmgeschichte auf ein neues Level gehoben hat. Zwar darf er sich auch in „Mile 22" mehrfach den Weg freikämpfen, muss dies aber trotz eines hohen Gewaltgrades meist mit angezogener Handbremse bzw. erkennbar schlechter nachvollziehbar tun.

Dass Berg es trotz eines klaren Fokus auf betont ruppiger Action schafft seine Figuren nicht zu bloßen Schablonen verkommen zu lassen, gehört zu seinen bekannten Stärken. Besonders Silva wird mit wenigen Pinselstrichen als hyperaktiver, psychisch immer am Rande der Instabilität entlang schrammender Draufgänger gezeichnet, bei dem man froh ist, dass er einen Job hat, der seine Dämonen einigermaßen im Zaum und ihn von der bürgerlichen Durchschnitts-Bevölkerung fern hält. Seine Kollegin Alice Kerr (Laura Cohan) wiederum kann die Unvereinbarkeit ihrer Profession mit einem normalen Familienleben und die daraus resultierende emotionale Leere ebenfalls nur in permanentem Adrenalinrausch ertragen. Ein wenig schade ist es da schon, dass Edelmime John Malkovich als Overwatch-Koordinator lediglich sein routiniertes Standardprogramm des süffisanten Arschlochs abspult, wobei bei ihm selbst das schon Spaß macht.

Das ganze Szenario wird zudem immer wieder von einer nachträglichen Befragung Silvas unterbrochen, was keineswegs stört oder bremst, sondern dem Plot einen zusätzlichen Reiz verschafft. Nicht nur gibt der zynische Spezialist eine Fülle galliger Kommentare zu politischem Krisenmanagement im Allgemeinen und geheimdienstlichen Winkelzügen im Besonderen ab. Auch hinsichtlich Fort- und Ausgang der gezeigten Mission werden so wiederholt falsche Fährten gelegt und Erwartungen geweckt, die sich nur selten erfüllen. Das Ende schließlich hält einen Twist bereit, den man zu erahnen scheint, nur um dann einigermaßen perplex ob der zutiefst finsteren und doppelbödigen Wahrheit zu sein. Hierin lediglich die aktuell übliche Fortsetzungstaktik zu sehen, wäre definitiv nicht fair. Angeblich sollen die Vorbereitungen für ein Sequel dennoch bereits im Gange sein, was bei derselben Besetzung auf Regiestuhl und Hauptdarstellerposten eindeutig für Vorfreude sorgt.

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