„Halloween“ hat mich angesichts der durchwachsenen Kritiken hier und andernorts doch positiv überrascht.
Die Idee, 40 Jahre nach dem von mir sehr geschätzten Original die Geschichte weiter zu erzählen, entfaltet sich dank eines gut aufgelegten Teams zu einem spannenden Slasher, der das Vorbild in seinen ureigenen Besonderheiten endlich einmal angemessen aufgreift.
Die Figuren wirken hierbei zweckmäßig, wobei Jamie Lee Curtis als geduldig wartende und extrem gut vorbereitete Hauptfigur natürlich heraussticht. Ihre Präsenz und Darstellung tragen den Film zu einem Finale, das „Halloween“ eben nicht wie den 10 Beitrag zu einem Franchise wirken lässt, sondern eine 40 Jahre alte Geschichte in recht interessanter, wenngleich auch wenig überraschender Weise zu Ende erzählt. Die qualitativ stark schwankenden Fortsetzungen werden ignoriert, wodurch „Halloween“ schon mit einem ganz anderen Anspruch um die Ecke kommt. Fast wirkt es so, als hätten die Macher des Originals die Deutungshoheit über ihr Werk zurückerlangen wollen.
Im Zentrum des Ganzen steht dabei natürlich Michael Myers, der hier zunächst als etwas weniger übernatürlich eingeführt wird. Zwar wird die Idee des reinen personifizierten Bösen aufgegriffen, jedoch erscheint die Figur hier zu Beginn als psychisch gestörter Mensch. Als dieser dann loslegt, und sich nach und nach in die Ikone verwandelt, als die wir sie kennen, ist Michael Myers eine eiskalte und gestörte Tötungsmaschine, die durch Empathielosigkeit und scheinbare Willkür ein Unbehagen beim Zuschauer auslöst. So gehören die Szenen, in denen die Kamera den Killer bei seinem Treiben ganz nüchtern begleitet, auch klar zu den Stärken des Films.
Die dabei verwendete grafische Gewalt ist angemessen, hat Ausschläge in heftigere Bereiche und erweist sich als passend für das Sujet. Eine Freigabe ab 18 hätte mich auch nicht verwundert, die Freigabe ab 16 passt aber angesichts der immer liberaler gewordenen Instanzen schon ganz gut. Aber Michael Myers kommt hier, nicht zuletzt durch makabre Bastelarbeiten, insgesamt doch fies und brutal rüber. Letztlich enthält „Halloween“ mehr Splatter und Gore als der immer noch indizierte und hierzulande nur geschnitten erhältliche „Halloween II“ von Rick Rosenthal, der als erste Fortsetzung zumindest noch am ehesten die Stimmung des Originals aufgreifen konnte.
Störend empfand ich die Entwicklung um den neuen Psychiater, dessen Motivation wenig nachvollziehbar ist und zudem den übernatürlichen Aspekt unnötig einbindet. Hier wird der vom ersten Teil noch gezeichnete, der Kleiderbügel hinterließ 1978 Spuren, und somit menschliche Michael trotzdem zu einem übernatürlichen Wesen verklärt, was angesichts der sonstigen Darstellung des düsteren Nemesis überflüssig erscheint. Hier erlaubt sich das ansonsten schnörkellose Drehbuch meines Erachtens einen kleinen Ausfall. Gelungen ist hingegen das Ausbleiben einer den Verbrechen gegenüber unerklärlich verschlossenen Umwelt. Auf Hilferufe wird ausnahmsweise reagiert, die Polizei ist dem Täter auf der Spur und weiß, mit wem sie es zu tun hat und so wird letztlich mehr Spannung erzeugt, als wenn jede Figur einfach so abgemurkst würde, um möglichst viele Kills unterzubringen. Im Vergleich zum Original wird der Bodycount allerdings mehr als verdoppelt, ein langer Spannungsaufbau findet nicht statt, dafür erweisen sich die Mordszenen für sich genommen als überwiegend spannend inszeniert.
Na gut, ein schreiendes Babysitter-Opfer fällt beim Fluchtversuch wie gewohnt hin, um dann verwurstet werden zu können. Typisch für ein (meist weibliches) Opfer im Genre. Interessant ist hier der Ansatz der Regie, dies durch eine Nahaufnahme aufzuklären: Wollsocken rutschen auf Holzboden aus. Man versucht zumindest, die ganz plumpen Klischees nicht einfach unkommentiert zu nutzen und Aktionen irgendwie nachvollziehbar herzuleiten.
Setdesign und Kamera schaffen dabei eine ebenso bedrohliche wie gemütliche Atmosphäre wie das Original und es gibt zahlreiche Anspielungen und Verweise, die aber nicht zu selbstzweckhaft eingeflochten werden und den Erzählfluss stören würden. Allein schon durch die gelungene technische Umsetzung spielt „Halloween“ anno 2018 ganz vorne innerhalb der Serie mit. Dankbar war ich besonders für die Szenen, in denen Spannung aufgebaut wurde, ohne diese in den erwartbaren Jumpscares aufzulösen. Am packendsten wirkte Myers Schleichen und Morden, wenn die Kamera bewegungslos das Unausweichliche einfing. Durch den höheren Anteil an Hitckcockˋscher Suspense und das Vermeiden überbordender, zeitgenössischer Erschreck-Momente generiert der Film letztlich mehr Spannung, auch wenn Freunde des zeitgenössischen Kinos eventuell die „Buh!“-Momente vermissen.
Die Musik aus den Händen eines Teams um John Carpenter erledigt dann gewissermaßen des Rest, um den Film abzurunden. Der Soundtrack ist absolut gelungen und unverkennbar. Selbst in den sich weiter entfernenden Abwandlungen und Variationen des Themas schafft Carpenter hier mehr Halloween-Atmosphäre als es beispielsweise in Rob Zombies Beitrag von 2007 der Fall war.
Fazit
„Halloween“ sieht 2018 gut aus, hört sich gut an und lässt seine Hauptfiguren in ein gelungenes Finale laufen.
Zuvor stolpert der Film zwar über die ein oder andere Figur und der Spannungsfaden reißt manchmal ab, insgesamt bleibt aber ein gut umgesetzter Anschluss an das Original, der mehr überzeugt als alle anderen Beiträge zuvor.