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Nachdem John Travolta („Broken Arrow”, „Basic”) dank Quentin Tarantino als Kult-Auftragskiller Vincent Vegas seine Wiedergeburt feierte (die „Look Who's Talking“ waren erstens nicht wegen ihm so erfolgreich und ritten sich zweitens zu Tode), ging es mit seiner Karriere wieder aufwärts. In Folge griff er zwar mitunter auch zur falschen Rolle („Phenomenon“, „Michael“), profilierte sich dann aber wieder unter John Woo, der ihm jeweils freie Hand ließ.
„Get Shorty“ war Film Numero Uno nach „Pulp Fiction” und wurde von Travolta zunächst misstrauisch beäugt. Schließlich galt es den frisch erspielten Kredit nicht gleich wieder zu verspielen und die erste Wahl war er für die Rolle des Chili Palmers auch nicht. Tarantino selbst überzeugte ihn, die Rolle anzunehmen.
Dass war insofern verständlich, weil Elmore Leonards Romanvorlage eine ähnliche gestaltete Welt wie die von Tarantino war, vielleicht auch so etwas wie eine Inspiration zu „Pulp Fiction“ für den Großmeister. Vollgestopft mit skurrilen Charakteren, Wortwitz, unmöglichen Handlungselementen, viel Humor und Plots, die auf den ersten Blick gar nichts miteinander zu tun haben, später verwoben und final aufgelöst werden. Nicht von ungefähr setzte Tarantino zwei Jahre später Leonards „Rum Punch“ als „Jackie Brown“ um.

„Get Shorty“ erreicht zwar nie das Niveau der Tarantino-Geniestreiche, kann über seine gut 100 Minuten aber durchgehend amüsante Unterhaltung garantieren. Verantwortlich dafür ist ausgerechnet der von mir nicht sonderlich geschätzte Barry Sonnenfeld, der später mit Will Smith dreimal („Men in Black“, „Men in Black II“, „Wild Wild West“) mit ganz unterschiedlichem Erfolg die Kinos unsicher machte, verantwortlich.

Viel falsch machen konnte er hier allerdings auch nicht. Sein Film wurde zwar von der Presse seinerzeit wenig euphorisch aufgenommen, seinen überraschenden Siegeszug an den Kinokassen trat er aber trotzdem an und das hat er seinen spielfreudigen Darstellern und dem tollen Skript, das Unmengen an Seitenhieben auf Hollywoods Showbusiness vom Stapel lässt, zu verdanken.

Chili Palmer arbeitet als Kredithai und Geldeintreiber für die Mafia und landet, als er einen tief in der Kreide stehenden „Klienten“ hinterher jagt, über Las Vegas in Los Angeles, wo er als großer Filmfan beschließt in die Filmwirtschaft einzusteigen – als Produzent wohlgemerkt, weil die laut seiner Aussage sowieso nicht viel können müssen. Aus der Zusammenarbeit mit Schundfilmemacher Harry Zimm (Gene Hackman, „Unforgiven“, „Heist“) wachsen sogleich die ersten Probleme, denn der zielstrebige Chili stößt mit seiner unkomplizierten, direkten Art beim komplizierten und auf Lügen und Intrigen aufbauenden Tagesgeschäft der Traumfabrik auf Unverständnis.

Während also seine eigentlichen Auftraggeber, die Mafia, langsam ungeduldig wird, beginnt Chili „seinen“ Film auf die Beine zu stellen. Dabei muss er sich nicht nur mit Drogendealern (klasse: Delroy Lindo, „Heist“, „The One“), die ihr Geld durch B-Produktionen waschen, sondern auch mit deren Handlangern (James Gandolfini, „Terminal Velocity, „Fallen“) herumschlagen, sowie alle Hebel betätigen, um das Zugpferd, den Star Martin Weir (Danny DeVito, „Twins“, „Batman Returns“), für den Stoff begeistern zu können.

Das Unterfangen bietet jede Menge Platz, um Klassiker zu zitieren, über Kollegen herzuziehen, auf Starallüren herumzuhacken und sich Hollywoods Eitelkeiten lustig zu machen. „Get Shorty“ bleibt dabei zahm, amüsiert aber, weil eben die gesamte Starriege sich nicht dafür zu schade ist, eifrig Selbstparodie zu betreiben. Vor allem Rene Russo („Lethal Weapon 3“, „Outbreak“) ist als B-Horror-Schlampe mit viel zu hoch gesteckten Zielen einfach köstlich. Klartext redet hier jedoch stets nur einer und das ist Chili, der angesichts solcher opportunistischer Lügenbolde, wie der tief verschuldete Zimm, fast verzweifelt und nur mit Mühe seine coole Fassade aufrecht erhält.

Auch wenn einige Handlungspassagen, wie die um den Geldboten Yayo, etwas ungelenk in der Handlung untergebracht wurden, funktioniert „Get Shorty“ soweit tadellos. John Travolta, betont cool und nur selten chargierend, reißt nicht jede Szene mit seiner Präsenz an sich, sondern schaltet mit seiner Rolle einen Gang zurück und lernt die Regeln Hollywoods kennen, um bald alle nach seiner Pfeife tanzen zu lassen – woraus dann wieder einige Überraschungen resultieren.

Bleibt anzumerken, dass Sonnenfelds Komödie eine runde Sache ist. Kein Meisterwerk, dem man die jüngst gefloppte Fortsetzung „Be Cool“ zehn Jahre später abnötigen musste, wohl aber spaßige Kost, der das gewisse Etwas zur Genreoberliga fehlt. Trotz Spielfreude, Situationskomik, Wortwitz und der ewigen Hollywood-Parodien (Danny DeVitos Auftritte genießt man jedes Mal förmlich) fehlt dem Film eine Portion Kreativität, wie sie hier eben beispielsweise Quentin Tarantino mit eingebracht hätte.


Fazit:
Viel falsch machen kann man beim erfrischend leichtfüßigen und leicht schrägen „Get Shorty“ dennoch nicht. Trotz fehlender Höhepunkte und Mangel an Zwerchfellkillern bleibt der Filmspaß hier für 100 Minuten garantiert. Dafür sorgen die skurrilen Charaktere, das in Los Angeles so völlig untypische Verhalten Chili Palmers und eine ordentliche Portion Hollywood-Satire. So gern nehmen sich die hochbezahlten Stars nur selten selbst auf die Schippe.

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