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Zwischen seinen beiden Gialli „Das Grauen kam aus dem Nebel“ und „Der Mann ohne Gedächtnis“ drehte der italienische Genre-Regisseur Duccio Tessari im Jahre 1971 „Das Messer“ alias „Blutspur im Park“, der ebenfalls dem gelblichen Genre der heimtückischen behandschuhten Morde zuzurechnen ist, sich dabei jedoch wesentlich stärker als andere Genrevertreter dem klassischen Kriminalfilm verbunden zeigt.

Im Stadtpark in Bergamo wird die junge Französin Françoise Pigaut (Carole André, „Von Angesicht zu Angesicht“) erstochen. Die Indizienlage scheint eindeutig, der populäre Fernsehmoderator Alessandro Marchi (Giancarlo Sbragia, „Komm, süßer Tod“) wird verhaftet und für schuldig befunden. Dennoch folgen weitere Morde mit ganz ähnlicher Vorgehensweise, die Zweifel an Marchis Schuld aufkommen lassen. Spielt es evtl. eine Rolle, dass Marchis Anwalt Giulio Cordaro (Günther Stoll, „Der Pfarrer von St. Pauli“) ein Verhältnis zu dessen Frau (Ida Galli, „Der schöne Körper der Deborah“) unterhält? Welche Rolle spielt Marchis Tochter (Wendy D'Olive, „Priester, du sollst nicht ohne Liebe leben“) dabei? Hat eventuell der junge Giorgio (Helmut Berger, „Die Verdammten“) etwas mit den Morden zu tun?

Nach seinem eröffnenden Mord, der unmittelbar die hübsche Françoise dahinrafft, erscheint „Blutspur im Park“ lange Zeit wenig gialloesk: Beinahe zwei Drittel der Handlung spielen sich vornehmlich im Gerichtssaal ab oder zeigen die polizeiinterne Ermittlungsarbeit in Person Inspektor Berardis (Silvano Tranquilli, „Dracula im Schloss des Schreckens“). In Form von Rückblenden jedoch wird das Leben Françoise Pigauts beleuchtet und die Dame im Zuge dessen charakterisiert, wodurch sie zu einem Opfer mit einer wirklich Identität wird, zu einem, das einen wirklich interessiert. Die gesamte Zeit über kommt Tessaris Film auch mit nur drei Morden aus, die wenig spektakulär inszeniert, geschweige denn ausgewalzt werden. Nach einer knappen Stunde jedoch reichert Tessari seinen Justizkrimi umso kräftiger mit Giallo-Ingredienzien an: Sexualität tritt in den Vordergrund und psychische Abgründe tun sich auf.

Dabei wirft „Blutspur im Park“ eine Frage nach der anderen auf, verleitet zum Miträtseln, treibt das klassische Whodunit? auf die Spitze – bleibt dabei trotz allem bzw. gerade wegen dieser Sorgfalt im Spiel mit dem Zuschauer überraschend, nun ja, seriös, hält sich mit übertriebenen Überzeichnungen ebenso zurück wie mit hanebüchenen Unwahrscheinlichstkeiten, rückt derweil wenig vertrauenserweckende Personen ins Licht, von denen eine abgründiger als die andere erscheint. Und so gelingt es Tessari im Gegensatz zum einen oder anderen Genrekollegen dann auch tatsächlich, am Ende das Puzzle zu vervollständigen, ohne noch einmal mit der Schere an die Einzelteile heranzumüssen. Die Auflösung erscheint für Giallo-Verhältnisse nachvollziehbar und schlüssig, die gestreuten roten Heringe stinken nicht gen Himmel, das Ende gleicht einem Aha-Erlebnis und wurde zudem eindrucksvoll inszeniert.

Atmosphärisch bewegt sich „Blutspur im Park“ ebenfalls auf gehobenem Niveau und profitiert für seine Melancholie und sein subtiles, diffuses, doch stetes Unbehagen von Gianno Ferrios Filmmusik, die auf einem Klavierkonzert Tschaikowskis basiert, weshalb man auf quasi jegliche Effekthascherei verzichten kann. Aufgelockert wird diese Stimmung durch das sich wiederholende Witzmotiv zwischen dem Kaffee verabscheuenden Inspektor und seinem ihm immer wieder einen anbietenden Assistenten (Peter Shepherd). Auch schauspielerisch erlaubt man sich keine Ausreißer und die internationale Besetzung samt deutsch(sprachiger) Beteiligung lässt aufhorchen. All diese positiv hervorzuhebenden Eigenschaften entschuldigen in gewisser Weise dafür, dass „Blutspur im Park“ letztlich dann doch für meinen Geschmack etwas zu bieder geriet, zu selten expressiv aus seiner vorgefertigten Bahn herausbricht, irgendwie zu zurückhaltend und brav bleibt, zudem den Zuschauer zu lange auf Distanz hält, ihn zum unbeteiligten Beobachter degradiert, der sich erst langsam Zugang zu den Charakteren verschafft. Mit all seinen klassischen Kriminalfilm-Versatzstücken in Kombination mit seinen Giallo-Elementen erinnert „Blutspur im Park“ dabei interessanterweise gewissermaßen an Tessaris „Ringo“-Western, die wiederum wie Hybriden aus US- und Italo-Western wirkten.

Einem Publikum mit entsprechend angepasster Erwartungshalt eröffnet Tessari mit „Blutspur im Park“ nichtsdestotrotz einen sehenswerten, gerade dank seines raffinierten Finales gut gelungenen, spannenden und unterhaltsamen Film mit düsterer, trauriger Note, der am besten unabhängig von allzu engen Genre-Schubladen betrachtet werden und als das genossen werden sollte, was er ist.

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