Mit „The Equalizer“ legte das Team aus nach „Training Day“ erneut vereinte Team aus Regisseur Antoine Fuqua und Hauptdarsteller Denzel Washington einen Überraschungshit hin, dessen Ende vielleicht nicht nach einer Fortsetzung schrie, aber einen Anknüpfungspunkt bot.
Wie in der zugrundliegenden TV-Serie ist der tot geglaubte Ex-Geheimagent und Elitekämpfer Robert McCall (Denzel Washington) freischaffender Problemlöser für die kleinen Leute, während er hauptberuflich Fahrer für einen Uber-artigen Dienst namens Lyft ist. Doch er reist auch schon mal mit dem Zug Richtung Türkei um noch auf der Fahrt ein entführtes Mädchen zu befreien, die Kidnapper in gewohnter Manier nach Stoppuhrtimer kaltzustellen und das Opfer zurück zur Mutter zu bringen. Diese ist die Besitzerin von McCalls Stammbuchladen, denn der Einzelgänger liest immer noch mit Freude, hier unter anderem „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Marcel Proust und „Zwischen mir und der Welt“ von Ta-Nehisi Coates.
Damit bleiben Fuqua und Drehbuchautor Richard Wenk, der auch den Vorgänger schrieb, dem Geist des Erstlings treu, auch wenn sie verständlicherweise keine halbe Stunde mehr warten, bis sie McCall von der Leine lassen. Aus dem Vorläufer geblieben sind McCalls frühere Chefin Susan Plummer (Melissa Leo) und ihr Mann Brian (Bill Pullman), zu denen McCall immer noch Kontakt hat. Susan fliegt nach Brüssel um dort den Tod eines Geheimagenten zu untersuchen, da sie noch aktiv für den Geheimdienst arbeitet. Der Zuschauer weiß allerdings bereits, dass Profis den Mann und seine Ehefrau getötet haben. Deshalb wird es Equalizer McCall nicht mehr mit Fallobst von Mafiahandlangern zu tun bekommen, sondern mit ähnlich trainierten Profis.
Für McCall gibt es aber vorerst noch keinen Grund zum Eingreifen. Den bekommt er es erst, als die Nachforschungen, die Susan zusammen mit ihrem Kollegen Dave York (Pedro Pascal) vornimmt, zu gute Ergebnisse zeigen und sie ins Visier der Profikiller gerät…
Fuqua und Wenk retten viele gelungene Eigenschaften des Erstlings in die Fortsetzung hinüber, gerade was die ruhige Gangart des Films angeht. Erneut ruhen sowohl McCall als auch der Film ganz in sich, erneut verstrahlt der Held eine melancholische Aura, die sich auch dann zeigt, wenn er einem sterbenden Gegner lange in die Augen schaut, in denen langsam das Lebenslicht verlöscht. Der Tod von McCalls Frau liegt noch deutlicher als Schatten über der Existenz des Einzelgängers, der gleichzeitig eine Art rabiater Sozialarbeiter ist. Er kümmert sich um den Garten seiner Nachbarin Fatima (Sakina Jaffrey), nachdem dieser von Vandalen zerstört wurde, nimmt den jungen Miles Whittaker (Ashton Sanders) unter seine Fittiche, damit dieser sein Kunststudium abschließt anstatt sich einer Gang anzuschließen, und er hat ein offenes Ohr für seinen Stammfahrgast Sam Rubinstein (Orson Bean), einen Holocaust-Überlebenden, der ein seltenes Bild seiner damals verschwundenen Schwester erstreiten will.
Gerade mit diesen Subplots zeichnen Fuqua und Wenk McCall als Menschen, der seinen Gerechtigkeitssinn zur Not auch mit brachialer Badass-Attitüde durchsetzt. Sehr schön auch in einer kurzen Episode zu sehen, in der McCall eine schwer verletzte Frau ins Krankenhaus fährt und danach auf die ihm eigene Weise ihre Peiniger, ein paar arrogante Upper-Class-Bubis, „belehrt“ – was auf erfrischende wie böse Weise gleichzeitig Gerechtigkeitssinn und Schadenfreue des Publikums bedient. Nicht jede Hilfseinlage McCalls ist ähnlich gelungen; eine Szene, in der er das Hauptquartier einer Drogengang stürmt und Miles auf den richtigen Weg zurückbringt, wirkt etwas überzogen und albern, gerade im sonst eher nüchternen Kontext des Films.
Meistens funktionieren diese Subplots jedoch – die große Schwäche von „The Equalizer 2“ ist ausgerechnet der Mainplot, den Fuqua und Wenk angesichts ihrer ganzen Nebenhandlungen etwas vernachlässigen. McCalls Nachforschungen erscheinen simpel, in ihrer schlechtesten Momenten sogar banal bis egal. Auch die Schurken bleiben etwas blass, da sie kaum in Aktion treten: Resnik (Jonathan Sharpe), der Anführer beim Mord an dem Geheimagenten, ist meist nur kurz zu sehen und erst die (etwas vorhersehbare) Enthüllung im letzten Drittel präsentiert so etwas wie einen Hauptantagonisten. Immerhin sorgt diese Offenlegung für ein erstes Treffen zwischen McCall und seinen Gegnern, bei dem er einen absoluten Oberknaller von Oneliner ablassen darf: „Gentlemen, I am going to kill you all, and my only disappointment is that I only get to do it once.“
Dementsprechend darf man McCalls Talente auch hier wieder in Action sehen, verstärkt gegen Ende. Nach dem Auftakt im Zug und dem Manieren-Beibringen im Yuppie-Appartment geht es relativ ruhig weiter, ehe Fuqua dann im letzten Drittel das Tempo wieder anzieht. Mag der Überfall auf die Gang noch misslungen sein, so gleichen er, sein Stunt Coordinator Jeffrey J. Dashnaw und seine Kampfchoreographen, zu denen auch „Braven“-Regisseur Lin Oeding zählt, das mit einem furiosen Fight in einem fahrenden Auto aus. Der Showdown kann sogar als mustergültig bezeichnet werden: Auf einer sturmumtosten Insel finden sich McCall und seine vier Profi-Widersacher zum letzten Gefecht ein, man belauert einander in unwirtlichen Witterung, bekämpft sich, wobei McCall wie schon beim Erstling auf den Heimvorteil setzt und selten zur Schusswaffe greift – eine Harpune, explosiver Mehlstaub und Messer verrichten die Arbeit schließlich genauso gut. Dass Inszenierung und Choreographie die Übersicht wahren und von bester Qualität sind, muss man bei Fuqua inzwischen ja fast nicht mehr erwähnen.
Im inzwischen vierten gemeinsamen Film und dem für beide ersten Sequel ist Denzel Washington unter Fuquas Regie gewohnt souverän. Er legt McCall erneut als in sich ruhenden Mann an, unter dessen Oberfläche ein präziser wie brutaler Killer steckt, der seine Vorstellungen von Gerechtigkeit sehr rabiat umsetzt. Melissa Leo und Bill Pullman bringen gelungenen Support in größeren Rollen, während Pedro Pascal ein starker Neuzugang ist. Jonathan Scarfe macht das Beste aus seiner geringen Screentime, während die anderen Neuankömmlinge nicht ganz so gut zur Geltung kommen. „Moonlight“-Star Ashton Sanders ist okay, hat aber einen wenig dankbaren Klischeepart als schwarzer Jugendlicher, der den Verlockungen der Gewalt widerstehen muss, und der Rest vom Fest ist kaum zu sehen.
„The Equalizer 2“ hinterlässt somit zwiespältige Gefühle. Entgegen allen Befürchtungen bewahrt der Film die ruhige, charakterzentrierte Gangart des Vorgängers und wenn es dann zur Sache geht, dann lässt die Action wenige Wünsche offen. Leider ist der Plot weniger konzentriert als die straighte Rachegeschichte des Vorgängers, der Mainplot erscheint fast banal und der Film hat dadurch im Mittelteil seine Längen. Schade drum, denn McCalls Aufräumen im Yuppie-Apartment und Showdown sind denkwürdige Szenen wie aus dem Lehrbuch.