Review

Über diesen Film gibt es ziemlich geteilte Meinungen. Die einen zerreißen ihn in der Luft, andere wiederum finden in genial und gelungen. Ich möchte mich irgendwo dazwischen einreihen. Was vielen IMHO Probleme bereitet hat, ist die Erwartungshaltung, die man nach dem ersten Teil von Anatomie automatisch annimmt:

Anatomie 1 war bestimmt kein schlechter Film, auch wenn es nie über das gesunde Mittelmaß herausgekommen ist. Allerdings ist der zweite Teil eher ein düsterer Reality-Thriller mit leichten Cyberpunkeinflüssen a’la William Gibson, und definitiv kein richtiger Gruselschocker mehr. Wer hier massenhaft Blut und Splatter-OPs erwartet, der wird sicherlich enttäuscht, denn hier wurde die Atmosphäre eindeutig durch das Set und die Story gesponnen, und nicht durch Schockelemente wie im ersten Teil.

Die Idee finde ich persönlich ganz nett, auch wenn man daraus noch etwas mehr hätte machen können. Das Erschreckende dabei ist, dass (wie bei Cyberpunkstories üblich) die Vorstellung nicht all zu weit hergeholt ist, und Tendenzen dazu bereits jetzt erkennbar sind.

Kommen wir zuerst zu den Schauspielern: Jo Hauser ist eine im Großen und Ganzen glaubwürdige Person, die allerdings manchmal zu Naivität neigt. Aber Blauäugigkeit ist für Kenner des Gruselgenres ja nix neues mehr. ;-) Die werte Makatsch und der Rest geben auch keine üble Figur ab, auch wenn ich dafür jetzt keinen Oscar verteilen würde. Sozusagen solide Schauspiel-Hausmannskost. Positiv aufgefallen ist mir der Professor – seine Egozentrik und sein Streben nach Erfolg machen viel von der Atmosphäre des Films aus. Ständig ist man versucht zu denken „So übel ist er ja doch nicht“ bevor im nächsten Schnitt wieder menschenverachtende Kommentare oder aggressives Schuldverteilen folgen. Seine Hochs und Tiefs machen ihn als Charakter am ehesten glaubwürdig.

Kamera und Schnitt: Nicht spektakulär, aber ganz nett. Einige seltene 3D-Fahrten und absichtlich verwackelte Bilder können aber den Actionanteil nicht genug zur Geltung bringen. Sowieso schon ziemlich spärlich verteilt, sind diese Actionszenen dann kein geeigneter Kontrast mehr zu den düsteren und mit viel Schatten inszenierten Handlungssträngen. Dadurch verliert sich der Film ein klein wenig und schafft den Eindruck, als würde der Film im Laufe der Geschichte abflachen.

Musik: Grundtenor der gesamten Kritik – nicht schlecht, aber leider auch einiges an Potential verschenkt. Größtenteils sehr ruhig gehalten, nur an wenigen Stellen sorgt die Musikuntermalung für einen kleinen Schauer. (Aber auch nicht für mehr…) Die SFX sind absolut astrein und nicht zu beanstanden im Gegensatz zur musikalischen Untermalung des Films.

Gesamteindruck: Gute Ansätze sind jede Menge vorhanden – eine halbwegs interessante Story, eine Umgebung, nach denen sich manche Grusel-Regisseure alle Finger geleckt hätten, ein mehr als ausreichendes Budget durch den „Erfolg“ des ersten Streifens, ein oder zwei prominente Schauspieler zur Ausschmückung. Nur Schade, dass dahingehend keine wirklich überraschenden Dinge passieren. Die Story ist – obwohl in einem sehr interessanten Szenario präsentiert – meistens doch recht vorhersehbar und flach. Man hätte dies dies auch in einer halben Stunde erzählen können, ohne die wirklich wichtigen Dinge auszusparen.

Fazit: Solide Thrillerkost mit leichten SF-Elementen. Kommt aber über den gehobenen Durchschnitt leider nicht hinaus. Für einen Spitzenfilm hätte ich noch die ein oder andere überraschende Wendung, eine stimmigere Inszenierung der Actionszenen und einen spannenderen Soundtrack erwartet, dann wäre wenigstens eine Wertung von 7 oder 8 gerechtfertigt.

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