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Lily (Odessa Young) ist ein ganz normaler Teenager: sie hängt viel mit ihren besten Freudinnen Bex (Hari Nef), Sarah (Suki Waterhouse) und Em (Abra) ab, postet Bildchen und Clips auf Instagram oder FB, ist genervt von der Schule und hat einen etwas tumben Freund. Diese vermeintliche Idylle in Salem (ausgerechnet!) bricht eines Tages Stück für Stück zusammen, als der PC des konservativen, religiösen und schwulenfeindlichen Bürgermeisters gehackt wird. Dabei kommt raus, dass der ach so familiäre Ortsvorsteher ein Doppelleben als Transvestit und Homosexueller lebte. Und es geht weiter mit den Hacks: der Schulleiter (Coleman Domingo), die Schul-Bitch Reagan (Bella Thorne)…und schließlich Lily selbst…so kommt schließlich ihre „problematische“ Affäre mit einem Bürger raus…es eskaliert ziemlich schnell und ein lynchwütiger Mob marodiert durch Salem, um seine Vorstellung von Gerechtigkeit durchzusetzen…

Was ein Film! Sam Levinson mixt wild The Purge, Virgin Suicides und Spring Breakers zu einem bitterbösen Ritt durch die Selbstgerechtigkeit einer Gemeinde, deren Geheimnisse besser nie hätten aufgedeckt werden sollen. Dabei stellt er, ganz nebenher, noch clevere Überlegungen zum Thema Frauenselbstbestimmung, Privatsphäre und Politik an. Das ist natürlich jetzt nicht alles hochwissenschaftlich und philosophisch, sondern eher bunt, sexy, brutal und elegant gefilmt – nichtsdestotrotz verliert er nicht den roten Faden aus den Augen…so finde ich zumindest.

Seine Heldin Lily ist kein strahlender Engel oder geborene Heldin, sondern einfach ganz normal…durchaus sehr schlau, aber oft auch passiv und desinteressiert. Erst als sie selbst Opfer des Hackers wird und sie sogar als Urheberin in den Verdacht gerät, wirkt sie zunächst wie erstarrt vor Angst, um dann erst durch eine schreckliche Attacke aufzuwachen und sich zu wehren. Am Ende ist eine Katharsis da…aber zu welchem Preis? Die Stadt Salem hat wieder ein Hexentribunal angehalten, doch dieses Mal, es ist das 21. Jahrhundert, wehren die „Hexen“ sich. Und nichts wird am Ende so bleiben, wie es war. Vor allem Lilys Familie.

„Assassination Nation“ hält den USA sarkastisch den Spiegel vor. Die dünne Schicht der Zivilisation ist rasch durchbrochen und schon kommen finsterste Instinkte hervor, die man glaubte, nicht mehr zu haben. Viele Geheimnisse sollte besser auch solche bleiben. Oder gibt es das Recht auf Transparenz und totale Offenheit? Ist das eine Generationsfrage, wie Schulzicke Reagan meint? Wohl eher nicht…aber man muss Fehler machen dürfen, gerade auch als Teenager.

Die Darsteller sind durchweg gut, vor allem Odessa Young als Lily und Hari Nef als Transgender-„Girl“ Bex, die Musik fein und besonders die Szene um das Haus von Em herum (um das der Mob schon lauert) ist von großer Raffinesse und Stilsicherheit, die mich auf die nächsten Filme von Sam Levinson neugierig machen.

Ich mochte diesen merkwürdigen Hybrid. 8/10.

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