Eine Frau sieht rot…10.07.2019
Ach, da ist er mal wieder, der legendäre Anlaß für reichlich Gewalt, Blut und Mord. Wie oft habe ich über den Auslöser, den es braucht, um eine Filmfigur zum Handeln zu bringen, schon geschrieben…dieses zentrale Element zieht sich durch die Filmgeschichte, ist für den Zuseher sofort nachvollziehbar und für den Drehbuchautor eine Steilvorlage. Es ist egal, ob nun die Gattin einem Verbrechen zum Opfer fällt, der Partner bei der Polizei erschossen wird oder dem Kind etwas zustößt. Manchmal reicht es sogar, wenn der Hund getötet wird, und wer weiß, vielleicht erleben wir noch Fälle, in denen es zu Rachetaten kommt, weil die Post unpünktlich ausgeliefert wurde. Das Ergebnis ist immer gleich: der Akteur rüstet sich auf, trainiert, wenn es sein muß, noch ein bißchen und pflügt dann Schneisen durch die Reihen der Bösen, um im großen Finale endlich Genugtuung zu bekommen, wenn es dem Anführer, Hintermann oder schäbigen Politiker an den Kragen geht.
Eines haben alle diese Filme gemeinsam: der Held ist fast immer männlich, Ausnahmen sind selten. Hier nun sehen wir eine davon, was aber für den Fortgang des Films völlig unerheblich ist, denn Jennifer Garner in der Hauptrolle blutet, verarztet sich selbst, teilt im Nahkampf ordentlich aus und beherrscht auch den Umgang mit aller Art von Waffen meisterlich. Ihr Schicksal ist unerfreulich, denn während eines Rummelplatzbesuches werden ihr Mann und ihre Tochter von mexikanischen Gangstern erschossen. Die Täter können gefaßt werden, aber ach, korrupte Justiz, sie kommen wieder frei. Das ist kaum hinnehmbar, und so passiert, was passieren muß: es müssen alle dran glauben, die in die Sache verwickelt waren, ob nun in den Reihen der Justiz, der Polizei oder bei den Mexikanern selbst.
Das ist sehr generisch erzählt, für den erfahrenen Zuseher auch vorhersehbar, da weiß man auch, wer der Spitzel in den Reihen der Polizei ist…und auch, daß es einen gibt, der die Heldin bei Ihrem Tun unterstützt. Die Regie macht einen versierten Job, kümmert sich wenig um Emotion oder Story, sondern bebildert den Rachefeldzug äußerts schick. Es wird auch auf reichlich Härte nicht verzichtet, sodaß wir hier endlich mal wieder einen Actionfilm nach altem Muster der Neunziger sehen dürfen, eben nur mit Jennifer statt mit Jean oder Steven. Genau diese Art von Film ist bestens geeignet für einen Abend nach einem anstrengenden Arbeitstag, da kann man in seinem Kinosessel versinken und sich freuen, wenn den Bösen richtig eingeschenkt wird. Natürlich ist Selbstjustiz diskussionswürdig, jedoch kann jeder das Agieren der Dame nachvollziehen, und wer weiß, was man selbst täte, würden einem die Liebsten genommen…prima Film, auf den Punkt inszeniert, storyseitig halt austauschbar, aber rundum erfreulich – 8/10