Eines muss man dem Franchise um „The Purge“ lassen: Trotz des gleich bleibenden Grundkonzepts werden immer wieder neue Szenarien aus dem Hut gezaubert und es scheint, dass dem Urheber James DeMonaco noch lange nicht die Ideen für Säuberungsnächte ausgehen. Mit dem vierten Teil, der die Ursprünge der Purge illustrieren soll, wird allerdings erschreckend wenig Background geboten.
Im Auftrag der Regierung führt Verhaltensforscherin Dr. Updale (Marisa Tomei) ein gewagtes Experiment durch: Im Bereich von Staten Island ist für zwölf Stunden jede Art von Kriminalität erlaubt, wer vor Ort bleibt erhält eine Prämie, wer aktiv mitmischt eine entsprechend höhere. Gangboss Dmitri wollte sich und seine Jungs eigentlich raushalten, doch dann eskaliert die Gewalt unter den Gangs, während sich seine Ex Nya und ihr jüngerer Bruder Isaiah mitten im Chaos befinden…
DeMonaco überließ den Regiestuhl erstmalig Gerard McMurray, der mit seinem Erstling „Burning Sands“ ein wenig zu oberflächlich die Probleme von Studentenverbindungen bei afroamerikanischen Mitgliedern durchleuchtete. Auch hier bleibt er ein wenig schablonenhaft und bringt einige Klischees ein, indem die Ghettoverhältnisse in der ersten halben Stunde ein wenig zu sehr ausgewalzt, die politischen Hintergründe des Experiments indes allenfalls angerissen werden.
Mit der um Vernunft bemühten Nya findet sich immerhin eine Sympathieträgerin, mit dem Irren Skeletor auf der anderen Seite jemand, der beim munteren Abschlachten ganz vorne mitmischt und in der ersten Phase der Säuberungsnacht für ein paar beklemmende Momente sorgt. Auch die Idee mit farbigen Kontaktlinsen und integrierter Kamera taugt für ein paar effektvolle Einlagen im Halbdunkel.
Der Horror weicht derweil einer Mischung aus Thriller und Action, bei der einige Ballereien im Vordergrund stehen, was zum Finale wie eine Mixtur aus „Raid“, „Rambo“ und „Stirb Langsam“ anmutet. Zwar ist der Bodycount einigermaßen hoch und diverse Kehlenschnitte sorgen locker für eine FSK18, doch Schläge in die Magengegend bleiben weitgehend aus.
Für die Figuren ist es eben die erste Erfahrung dieser Art, - da bilden bereits manipulierte Teddys kreative Höhepunkte.
Dennoch punktet die Unberechenbarkeit der Grundsituation, denn während einige zaghaft ihre Grenzen austesten, was zuweilen sogar ein leichtes Schmunzeln zutage fördert, werden an anderer Stelle keine Gefangenen gemacht, wobei kleine Spitzen in Richtung aktueller US-Regierung unübersehbar sind. Zudem stehen die im Fokus, die bei einer solchen Nacht am meisten betroffen sind und eben noch nicht wissen, was sich innerhalb von zwölf Stunden Extremsituation so alles entwickeln kann.
Am Ende ist es unterm Strich schade, dass die Hintergründe der Purge so oberflächlich abgehandelt werden und einzelnen Figuren nicht etwas mehr Individualität eingeräumt wird, wodurch vieles vorhersehbar bleibt. Ansonsten ein weitgehend unterhaltsamer, phasenweise durchaus spannender Beitrag der Reihe, bei dem Freunde des Franchises relativ bedenkenlos reinschauen können.
6 von 10