„So was kommt vor – Menschen explodieren einfach!“
„Repo Man“, das Regiedebüt des Briten Alex Cox („Sid & Nancy“, „Straight to Hell“) aus dem Jahre 1984, ist eine eigenartige Mischung aus Milieu-Action-Komödie und Science Fiction – und durch und durch 80er. In Los Angeles heuert der junge Punk Otto (Emilio Estevez, „Breakfast Club“) nach dem Aus seiner Einzelhandelskarriere und anfänglichem Zögern als sog. Repo Man an. Er stiehlt Autos zurück von Leuten, die ihre Raten nicht mehr an die Kreditunternehmen zahlen. Sein Kollege Bud (Harry Dean Stanton, „Wild at Heart“) tritt als Ottos Lehrmeister auf und weiht ihn in die Geheimnisse des Geschäfts ein. Gleichzeitig dreht ein 64er Chevy seine Runden, auf dessen Kofferrauminhalt – Überreste außerirdischen Lebens – sowohl die Behörden als auch Leila (Olivia Barash, „Schreie im Dunkel“) und ihre Geheimorganisation scharf sind. Leila liefert sich ein Techtelmechtel mit Otto, der zwischen sämtliche Fronten gerät, denn konkurrierende Gangster sind ebenfalls an den Autos interessiert und seine kriminellen Punk-Freunde verachten ihn für seine jüngste Berufswahl…
Damit sei die Rahmenhandlung grob umrissen – die Handlung dieses offensiv gegen den Mainstream gebürsteten Low-Budget-Streifens, für den Cox auch das Drehbuch verfasste. Er zeichnet ein ziemlich abgefucktes Bild L.A.s, in dem soziale Verwahrlosung und Kriminalität allgegenwärtig sind und schräge, wenig vertrauenserweckende Typen die Szenerie innerhalb einer degenerierten Gesellschaft beherrschen. In auf Endzeit oder zumindest Prä-Apokalypse getrimmten Bildern vermengt Cox offensichtliche Sozialkritik mit komödiantischen Absurditäten und vulgären Dialogen. Dabei umgibt seine überzeichnete Inszenierung stets eine nihilistische, zeitweise stylische, jedoch nie anbiedernd-hippe „Coolness“, die sich insbesondere in Estevez‘ Rolle manifestiert. Wirklich positiv konnotierte Charaktere gibt es derweil kaum, der für gemeinhin der Punk-Bewegung/-kultur wohlwollend gegenüberstehende Cox lässt gar Kritik an asozialen, ihr Heil in der Kriminalität suchenden Punks lautwerden, von denen Otto sich lossagt, während diese mit herrlichen schwarzen Iros auf den vernebelten Birnen die Stadt unsicher machen und Überfälle begehen. Dank des comichaften Stils des Films ist all das natürlich für keinen Zentimeter ernstzunehmen, passt aber wunderbar in seine grelle, den Zeitgeist auf ganz eigene Weise reflektierende Ästhetik.
Wie nicht gerade unüblich bei Cox wirkt „Repo Man“ bei all dem jedoch wenig fokussiert und erzählt seine Geschichte so wenig stringent, dass man nie so recht weiß, worum es ihm eigentlich geht und worauf er hinauslaufen wird. Der Science-Fiction-Aufhänger jedenfalls wird kaum bedient, ihm wird allenfalls symbolische Bedeutung zuteil – sowie ein sich ein paar Mal wiederholender Spezialeffekt, wenn jemand den Kofferraum extraterrestrischen Inhalts öffnet, kräftig durchgeröngt wird und verschwindet. Der rebellische Gestus des Films indes ist omnipräsent und macht sich über Autoritäten ebenso lustig – ein ach so harter Bulle hat Stricken als Hobby auserkoren, der faschistoide Westernheld John Wayne wird als Tunte bezeichnet etc. – wie über religiöse Verblendung, den Wahnsinn des Kreditwesens und permanent unter Aufputschmitteln stehende Wirrköpfe, die ihre Art des Inkassos wie ein Räuber-und-Gendarm-Spiel betreiben. Die wirklich guten Schauspieler verhindern bei manch dramaturgischer Schwäche und budgetbedingter inszenatorischer Einschränkung, dass „Repo Man“ in eine amateurhafte Farce abdriftet. Emilio Estevez fügt sich prima in seine Rolle ein, der nötige Hauch von Glaubwürdigkeit umgibt sein gespielt ausdrucksloses Gesicht der Generation X – wenn er prinzipiell auch etwas zu attraktiv ist.
Dass Cox dabei nicht viel auf welche Erwartungshaltung auch immer eines wie auch immer gearteten Publikums gibt und letztlich vielleicht – wenn überhaupt – nur er allein zu 100% versteht, was genau er mit seinem Film zum Ausdruck bringen möchte, dürfte manch verwirrten Zuschauer hinterlassen. Gerade, wer keinen Bezug zu den 1980ern hat, findet evtl. gar keinen Zugang zu „Repo Man“. Das ist möglicherweise aber auch gar nicht so schlecht und sichert ihm einen zumindest kultverdächtigen Status. Dank all seinen Spleens und Merkwürdigkeiten zum Trotz beständig hohen Unterhaltungswerts und eines handverlesenen, dominanten und, und das ist bei dieser Musik beileibe keine Selbstverständlichkeit, perfekt passenden Punk- und Rock-Soundtracks hebt sich „Repo Man“ meines Erachtens auch qualitativ von irgendwelcher gesichtslosen Durchschnittsware deutlich ab. Auch der Humor zündet und regt zu manch Schmunzler an. Ich wäre fast geneigt, 7/10 Punkten zu zücken, was bei mir schlichtweg „gut“ entspräche, kann meine Augen aber vor der nicht ganz unanstrengenden Konfusität des Films aber nicht verschließen und schon gar nicht als stets bewusst eingesetztes Stilmittel verklären. 6/10 aber sind drin, die niemanden abschrecken sollten, der durch diese Zeilen ähnlich neugierig geworden ist wie ich es wurde, nachdem der Titel jahrelang in meinem Kopf herumspukte und ich solange immer mal wieder mit ihm konfrontiert wurde, bis die überfällige Sichtung keinerlei Aufschub mehr duldete – die ich keinesfalls bereut habe.