Als meist verlässlicher Filmemacher des italienischen Kinos kann Alberto De Martino („Holocaust 2000“, „Der Puma Mann“) meist durch seine gute Inszenierung und ein gewisses Unterhaltungsniveau seiner Filme den Zuschauer verlässliche Genrestücke bieten.
Sein Mafiafilm mit dem blödsinnigen, deutschen Titel „Im Dutzend zur Hölle“ spielt natürlich nicht in der selben Liga wie die ambitionierten Filme eines Damiano Damiani (u.a. „Der Tag der Eule“, „Das Verfahren ist eingestellt: Vergessen Sie's!“), kann sich aber auf eine überzeugende Besetzung verlassen und mit einem etwas unorthodoxen Blick in die Gefüge des organisierten Verbrechens brüsten.
San Francisco als Schauplatz zu wählen und ansprechend in Szene zu setzen, war schon einmal ein geschickter Schachzug, um sich ein wenig von den artverwandten Produktionen abzugrenzen. Auch in Amerika regiert längst die italienische Mafia mit heißem Draht nach Sizilien und steckt in alle Geschäfte ihre Finger. Der Pate Don Antonio Maggadino (Oscar-Preisträger Martin Balsam, „Cape Fear”, “The Delta Force”) verstößt gegen die Regeln als er seinem Ziehsohn Thomas Accardo (Tomas Milian, „Der Gehetzte der Sierra Madre“, „Von Angesicht zu Angesicht“) dessen Wunsch nicht abschlagen kann, nach verbüßter Haft aus dem organisierten Verbrechen auszusteigen. Der junge Anwalt hat im Gefängnis beschlossen nicht länger als juristischer Berater Maggadinos zu fungieren und mit seiner Freundin Laura (Dagmar Lassander, „Das Haus an der Friedhofsmauer“, „Der Monster-Hai“) ein neues, bescheidenes Leben abseits der Metropole zu beginnen. Die Entscheidung Maggadinos Accardo schweren Herzens ziehen zu lassen, anstatt ihn nach Mafia-Tradition mundtot zu machen, wird ihm als Schwäche ausgelegt. Der kleine Fisch Garafalo (Francisco Rabal, „Halleluja... Amigo“ „The Holy Innocents“) ergreift die Gelegenheit beim Schopfe, tut sich mit dem Oberhaupt einer rivalisierenden Familie zusammen und zerschlägt in einer blutigen Blitzattacke nahezu Maggadinos gesamte Organisation, weil der ihm nicht erlaubt hat eine eigene Familie zu gründen. Maggadino selbst entkommt dem Attentat nur knapp. Auch auf Accardo wird ein Anschlag verübt, den er und seine Frau nur knapp überleben. Allerdings stirbt ein Nachbarskind durch die Explosion. Der gehetzte Maggadino taucht derweil bei Freunden unter, während Accardo zurückkehrt, um die Sache zusammen zu Ende zu bringen.
Obwohl der Film keineswegs über eine originelle Story verfügt, so wird er von der Inszenierung, den guten Darstellern und Riz Ortolanis ansprechenden Score genügend aufgewertet, um Italo-Fans zu gefallen.
Die Devise „Fressen und gefressen werden“ steht dabei ständig im krassen Gegensatz zur scheinheiligen Fassade des so familiären Umgangs zwischen allen möglichen Organen der Mafia. „Im Dutzend zur Hölle“ bezieht dabei keine Stellung, zeigt aber gut die Scheinheiligkeit und die Schizophrenie dieser Männer auf, die sich auf der einen Seite großer Beliebtheit beim einfachen Volk erfreuen, auf der anderen Seite aber auch eiskalt Mordaufträge befehlen, um ihre Interessen zu wahren.
Martin Balsam und der hier nicht ganz so glänzende, aber immer noch sehr souveräne Tomas Milian geben das schauspielerisch stärkste Gespann. Der in die Ecke getriebene und verängstigte Mann, seiner Macht nahezu komplett beraubt, fasst auch erst wieder neuen Mut, als Accardo zurückkehrt und den Gegenschlag plant. Die Vater-Sohn-Beziehung zwischen den beiden ist offensichtlich und verstärkt sich im Laufe des Films immer weiter.
Zu interpretieren und anzuwenden gibt es bei diesem Konflikt nichts. Neben den bekannten Methoden, um singende Vögel mundtot zu machen, Konkurrenten heimtückisch zu ermorden oder Feinde verschwinden zu lassen (u.a. in Fass einschweißen und einbetonieren) bietet Alberto De Martino noch einige herbe Momente auf, in denen auch schon einmal das Blut spritzt. Maggadino und Accardo gehen, obwohl arg dezimiert, mit ihrem Gegner nicht sonderlich zimperlich um. Die Actioneinlagen sind sorgfältig inszeniert (u.a. eine Verfolgungsjagd, die leicht an „Bullitt“ erinnert, aber freilich nie deren Niveau erreicht), setzen sich aber vorwiegend aus Gunplay mit reichlich Kunstblut und ausgesprochener Kaltblütigkeit zusammen. Skrupel und Gnade kennt in diesem Geschäft nämlich niemand. Wer Maggadino Unterschlupf gewährt, wird bestraft (besonders fies: Der Pizza-Ofen) oder zumindest bedroht.
Die Ausradierung von Gegnern und die Schwächung des Gegenübers steht für beide Seiten dann für den folgenden Verlauf auch an oberster Stelle, zwingt sie dann schließlich an den Verhandlungstisch an einem neutralen Ort, wo Maggadino und Accardo eine Falle schon vorausahnen.
Der sarkastische Humor von Milian lockert das Geschehen ein wenig auf, kommt aber so selten zum Tragen, dass „Im Dutzend zur Hölle“ seine ernste Stimmung beibehält. In dramatischer Hinsicht enttäuscht der Film trotz seines melancholischen Endes allerdings, weil die Beziehung der beiden Hauptfiguren lange Zeit zu oberflächlich betrachtet wird. Einzelschicksale (z.B. Don Micheles Entscheidung und die Sorge um seine Tochter) um sie herum verfehlen im Gegensatz dazu ihre Wirkung nicht und lassen die beiden in manchen Situation etwas zu distanziert aussehen. Ein paar Emotionen mehr hätten dem Treiben gut getan, da besonders Tomas Milian manchmal etwas zu steif agiert. Insbesondere sein Abschied von Laura am Flughafen, ohnehin sehr knapp geschildert, gerät ein wenig überhastet.
Das Finale verlegt Alberto De Martino mit ein paar prächtigen Panoramaaufnahmen (Kameramann übrigens Joe D'Amato) nach Sizilien, wohin es Don Antonio Maggadino und Thomas Accardo am Ende verschlägt. Unter dem Schutze eines befreundeten Paten wollen sie in der Abgeschiedenheit eines abgelegenen Bergdorfes ihre finanziellen Rücklagen liquide machen und ihre Rückkehr planen. Im letzten Kapitel werden die Dialoge auch plötzlich viel besser und auch schauspielerisch gehen die beiden Hauptdarsteller mehr aus sich heraus als sie es in den vorangegangenen Abschnitten taten.
Garafalo folgt ihnen vorsichtig dorthin, unterschätzt seine Gegner aber, weil er sich auf diesem ihm fremden Boden nicht auskennt und steht in einem tollen Finale in den verwinkelnden Gassen des kleinen Städtchens schließlich Accardo allein gegenüber. Das lautstarke Volksfest in den engen Straßen und in die dazu im Kontrast stehende Stille abseits des hektischen Treibens bildet einen toll in Szene gesetzten Hintergrund für das finale Duell, das natürlich auch nichts Heroisches mehr an sich hat, sondern nur auf eins hinausläuft – den Tod.
Nello Pazzafini darf dabei übrigens in einer Nebenrolle ran.
Fazit:
Die Schilderung des organisierten Verbrechens gelingt Alberto De Martino, tief in die Materie dringt er allerdings nicht ein, sondern beschränkte sich auf eine Auswahl bewährter Tugenden. Die gute, mit ein paar nicht sonderlich spektakulären aber effektiven Actionszenen ausgestattete Inszenierung, der souveräne Cast und der gelungene Score von Riz Ortolani werden dem Genrefan gefallen. Auch wenn „Im Dutzend zur Hölle“ im Gegensatz zu rabiaten Vertretern des italienischen Mafiafilms in seiner Darstellung noch relativ soft ausfällt, gefällt die Stimmung. De Martino kann auch ohne auf ständige Gewaltdarstellung zu setzen, ernüchternd die skrupellose Verbrechergesellschaft illustrieren. Vor allem Martin Balsam agiert sehr lebendig, während Tomas Milian bisweilen einen nicht so glücklichen Eindruck hinterlässt. Angesichts der allgegenwärtigen Sorgfalt trotz des bekannten Stoffes insgesamt eine Empfehlung für Italo-Fans, obwohl es auf diesem Gebiet bessere Alternativen gibt, die neben einem besseren Spannungsbogen auch weitaus mehr Ambitionen hegen.