Kostenbewusstes Produzieren war oft eine Maxime für die knapp budgetierten Italowestern, weswegen oft mit der selben Crew am selben Schauplatz gleich mehrere Filme gedreht wurden. „Django - Der Bastard“ ist weder verwandt noch verschwägert mit „10.000 blutige Dollar“, wurde aber mit den selben Darstellern besetzt und von Ernesto Gastaldi („Sie verkaufen den Tod“, „Mein Name ist Nobody“) geschrieben. Von Kameramann Federico Zanni bis zu Komponistin Nora Orlandi bekommt man es, inklusive der Schauspieler in ähnlichen Figuren, wieder mit den selben Personen zu tun. Kontinuität muss ja nichts Schlechtes sein.
In der Tat beerbt Giovanni Fago („Django - Melodie in Blei“) in seinem Regiedebüt seinen Vorgänger Romolo Guerrieri und kann, genau wie sein Kollege davor, auf ein dramatisches Drehbuch von Ernesto Gastaldi bauen, dem zwar, verglichen mit „10.000 blutige Dollar“ soviel Neues nicht einfällt, seinen Figuren aber mehr Eigenleben zugesteht, als das normalerweise der Fall war.
Der hier anzutreffende Django wird wieder von Gianni Garko („Sartana“, „Sartana - noch warm und schon Sand drauf“), der hier ebenfalls noch nicht gänzlich in seiner Figur versank, gegeben und ist ursprünglich natürlich gar keiner, sondern erneut ein Werk der deutschen Synchronisierung. Django heißt eigentlich Johnny Forest, was umso verwirrender ist, weil der Name im Film tatsächlich ab und an mal fällt.
Ausgestattet mit den üblichen Skills, wird er als der typische, schlitzohrige und einfallsreiche Kopfgeldjäger vorgestellt, der in einer halbverfallenen Kirche gleich mal vier Verbrechern ihre Särge präsentiert und hinterrücks niederschießt, um die Pinke für sie zu kassieren. Seine Zunft fackelt bekanntlich nicht lange, sucht nach Kassieren seiner Prämie im nächstbesten Kaff auch gleich mal die Steckbriefe durch und erfährt, dass ein alter Bekannter, innerhalb der tobenden Wirren des Bürgerkriegs sich wohl auf der falschen Seite des Gesetzes aufhält – sein Halbbruder.
Das ist für ihn in sofern eine verzwickte Lage, weil ihn die Nachricht ereilt, dass seine Mutter auf dem Sterbett einen letzten Wunsch äußerte: Django möge seinen Bruder Clint Forest (Claudio Camaso) der Justiz ausliefern, weil er wohl so ziemlich der einzige sei, der ihn nicht umbringen würde. Nur wurde Django einst von seinem eifersüchtigen Halbbruder nicht nur als Bastard bezeichnet und vom Hof gejagt, dieser tötete im Affekt auch ihren gemeinsamen Vater und schob Django den Mord dann in die Schuhe. Also eine delikate Aufgabe für den Kopfgeldjäger.
Der entspricht, wie schon in „10.000 blutige Dollar“, wieder nicht, schon aufgrund seiner schicksalhaften Vergangenheit, dem angesagten Standard-Typen, weshalb „Django - Der Bastard“ sich zeitweise auch in ein Drama verwandelt. Das mag nicht jedem Genrefang schmecken, gefiel mir aber, wenn auch rein aufgrund der ungewöhnlichen Abwechslung, ganz gut. Django, dem es nie wieder gelungen ist familiär zu werden und sich heimisch zu fühlen, lebt inzwischen mit einer Frau und deren Sohn zusammen, kann das Vergangene, aber nie vergessen, hat Albträume und verschließt sich, um seinen Seelenschmerz nicht ausbrechen zu lassen. Der Mann wünscht sich eine Existenz, ist aber nicht fähig sie sich aufzubauen, zumal der letzte Wunsch seiner Mutter ihm aufs Gemüt drückt. Doch er macht sich auf...
Zum ersten Zusammentreffen kommt es aber erst zur Filmmitte. Clint ist ein wirklich schwarzes Schaf. Ein hinterlistiger, räudiger Hund, eine Schlange, die sich mit einer Bande Gesetzloser zusammentut, um eine schwer bewachte Kutsche, beladen mit Gold, zu knacken und dann mitsamt seinen zwei Kumpanen, die er später auch zu hintergehen versucht, verschwinden, während die natürlich fuchsteufelswilde Bande ihm ans Leder will.
Für Django verkompliziert das die Aufgabe natürlich, aber es gelingt ihm seinen Bruder dingfest zu machen. Der Auftrag scheint erledigt, als der ihn in der nächsten Stadt abgeben will, aber der Krieg ist plötzlich zuende und der Staat pleite, weshalb kein Geld mehr ausgezahlt werden kann. Als er Clint im Gefängnis einsperrt und in die entvölkerte Geisterstadt ihre Verfolger einreiten, kommt es zum ersten Showdown, bei dem beide zwangsläufig zusammenarbeiten müssen, wenn sie nicht ihr Leben verlieren wollen. „Rio Bravo“ lässt grüßen.
„Django - Der Bastard“ ist mit 90 Minuten nicht sehr lang und wird zwangsläufig auch deshalb längenlos erzählt. Fagos eigener Stil ist nicht ersichtlich, bei Guerrieri sah das alles etwas gekonnter aus. Deshalb ist der Film nicht schlecht inszeniert, aber ihm fehlt der letzte Schliff. Besonders die menschenleere Stadt (Gastaldi instrumentalisiert sie für sein Drehbuch ähnlich wie bei „10.000 blutige Dollar“) hat Potential, das dann im Finale nicht ausreichend umgesetzt wird.
Viel faszinierender als die Inszenierung ist aber der tragische Verlauf des Films, denn insbesondere Django hegt, trotz Sicherheitsvorkehrungen, kurze Zeit Hoffnung, dass er und sein Bruder sich wieder friedlich trennen könnten, wenn der über die Grenze geht und für immer aus seinem Sichtfeld verschwindet. Aber Clint ist viel hinterhältiger und verkommener als er glaubt. Django wird in eine Spirale des Schmerzes und Todes gesogen, die ihm wirklich alles, was ihm in seinem Leben wichtig war nimmt. Ernesto Gastaldi geht schonungslos und rabiat mit seiner tragischen Figur um, nimmt ihr jegliche Lebensinhalte und bereitet se so auf ihr Ende vor. Das letzte Aufeinandertreffen der beiden Brüder in der Geisterstadt hat schon etwas von großem, dramatischem Theater.
Letztlich bleibt „Django - Der Bastard“ leicht hinter „10.000 blutige Dollar“ zurück, obwohl Garko und Camaso hier eine Spur emotioneller spielen, was wohl auch mit der Beziehung ihrer Charaktere zu tun hat. Man kennt das Konzept von Gastaldi, der sich hier zwar auch wieder einiges einfallen ließ, die Grundstruktur aber beibehielt. Wenn man den indirekten Vorgänger kennt, weiß man halt, worauf der Zwist hinausläuft und in der Tat überrascht das Skript nicht großartig.
Fazit:
Nichtsdestotrotz greift der Italowestern-Fan trotz der leichten Abstriche zu. Zugunsten der mehrdimensionalen Charaktere bleibt der Zynismus dem Film auch weitestgehend fern. Überhaupt kann man das Wort „typisch“ hier weniger anwenden. „Django – Der Bastard“ verfügt halt, auch wenn das schon einmal da gewesen ist, über zwei gute Darsteller und eine solide Inszenierung, die einen tragischen Helden in den Abgrund zieht.