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„Quäle nie ein Kind zum Scherz" - Soll das ein Witz sein?


Gerade das Italokino der Siebziger hat bei der Eindeutschung manchmal ordentlich Federn lassen müssen, wobei der englische Titel „Don`t Torture a Duckling" zwar runder klingt, aber zumindest inhaltlich gleich doof ist. Aber Überraschung: Auch der Originaltitel „Non si sevizia un paperino" bedeutet wohl so ziemlich dasselbe. 

Bisher im deutschsprachigen Raum eher vergessen, die Synchronisation datiert auf 2015, gibt es nun eine Verbreitung auf DVD und BluRay und schwupps! Schon hält der Film Einzug in den Fundus der empfohlenen Gialli, die ich gerade fließig und pflichtbewusst abzuarbeiten versuche.

Dabei muss man aber zwei Dinge beachten: Erstens werden hier keine Lederhandschuhe übergezogen, um Frauen zu meucheln, die sich wiederum vorzugsweise zuvor zumindest einmal ausgezogen haben, sondern hier werden mehrere Kinder ermordet, was für eine gänzlich andere Ausrichtung des Films weg vom genretypischen Voyeurismus sorgt. Und zweitens führt hier Lucio Fulci Regie, was im Vorfeld bei mir für maximale Skepsis sorgt, denn ich habe bisher nur die einschlägigen Werke Fulcis gesehen und bin weder von „Ein Zombie hing am Glockenseil" noch von „Geisterstadt der Zombies" und schon gar nicht von „New York Ripper" überzeugt gewesen. Die inhaltliche Absurdität der Filme ohne Sinn und Logik störte für mich zu sehr, als dass ich so etwas wie Begeisterung hätte empfinden können. Die blutigen Augen waren als Motiv zwar cool, aber das reicht halt nicht.

Nun bin ich mir mittlerweile der Tatsache bewusst geworden, dass italienisches Genrekino sich nicht viel um Sinn, Verstand und Logik schert und da „Don`t Torture a Duckling" allgemein eher empfohlen als verunglimpft wird, war ich doch neugierig.

Im Vorfeld: Im Vergleich mit den anderen von mir gesehenen Gialli gibt es hier tatsächlich eine stringentere Handlung als ich erwartet habe, wodurch der Film eben nicht nur eine Aneinanderreihung von genretypischen Bausteinen ist und sich bereits klar vom Durchschnitt des Subgenres abhebt.

Allerdings fehlt es auf der anderen Seite auch an Tempo und Spannung und das Spinnen des Handlungsfadens zieht sich etwas, wodurch das Fehlen der üblichen Mordszenen und Gewaltspitzen über weite Teile des Films zu einem sehr gemächlichen Ton führt. Die Atmosphäre ist eng an das Setting gekoppelt, das mit einem abgelegenen Dorf in Sizilien teilweise sehr stimmungsvoll ausgeprägt traditionelle Lebenswelten mit einer damaligen Moderne kontrastiert, wie gleich zu Beginn eine gelungene Einstellung der Gebirgslandschaft, die durch eine Autobahnbrücke durchschnitten wird, visualisiert. Diese optische Klasse kann Fulci aber nicht durchgehend aufrecht erhalten und die Kamera konzentriert sich doch mehr darauf, zweckdienlich das Geschehen einzufangen. Dennoch bleibt die Kameraarbeit auf einem wirklich soliden Niveau und zwischendurch gibt es ein paar Detailaufnahmen und weitere Dinge, die das italienische Kino der Hochphase so ansprechend machen.

Die Musik von Riz Ortolani ist dabei stimmungsvoll und untermalt irgendwo zwischen Tragik und Dramatik die Handlung, ohne aber vordergründig glänzen zu können. 

Fulcis Vorliebe für detailliert gefilmte Verletzungen kommt aber auch hier wieder zu tragen, wobei besonders eine Szene zu erwähnen ist, in der eine vermeintliche Hexe in guter Lynchtradition von einem kleinen Dorfmob zu Tode geprügelt wird. Zum Sound von Soul Train! Was man sich wohl dabei gedacht hat? Die Wirkung von grausigen Szenen in Verbindung mit fröhlicher Musik soll natürlich einen Widerspruch hervorrufen und bildet ja letztlich einen Kommentar auch gegenüber dem Zuschauer, aber irgendwie mag das bei Kubrick funktioniert haben, hier tut es das nicht. Und Fulci, der gerne immer voll draufhält, nimmt man einen solchen Kommentar auch nicht so recht ab.
Hervorzuheben ist noch die Wirkung der letzten blutigen Einstellung, die aber genauso wirkt wie die das Zerschellen der zum Einsatz kommenden Puppe an der Felswand: dilettantisch. Darin erkenne ich auch keine Absicht und künstlerischen Kommentar, das ist einfach schlecht gemacht. Ich vermute mal, die Szene hat Matt Groening zur Simpsons-Folge "Der Teufelssprung" inspiriert.


Fazit

Lucio Fulcis Entenfilm ist kein wirklich genretypischer Giallo, aber genau genommen der bisher beste Film, den ich von ihm gesehen habe, da er sich sehr darauf konzentriert, seine Geschichte zu erzählen. Die Atmosphäre in dem kleinen Dorf ist teilweise dicht und die Tatsache, dass hier Kinder ermordet werden, verleiht dem Film sowohl etwas Fieses als auch Tragisches und wird nicht als sensationsheischende Grausamkeit ausgeschlachtet, sondern führt zu einer erstaunlich ruhig dargebotenen Schilderung dörflicher Strukturen und letztlich mit der Auflösung zu einer kritischen Haltung, die in Italien im Jahre 1972 wohl mehr als ungewöhnlich war. Ich bin jetzt zwar kein Fulci-Fan, aber zumindest halte ich ihn jetzt nicht mehr nur für einen Stümper auf dem Regiestuhl, der bis auf zwei bis drei Szenen pro Film nichts im Regal hat.

Dann auf zu "Die sieben schwarzen Noten"!

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