Über die Jahre hat sich die Kunde vom türkischen Star Wars viral unter den Goldgräbern der Filmszene verbreitet, aber mußte man dann schon jemanden kennen, der jemandes Bruder kennt, dem sein Sohn jemanden kennt, um vielleicht irgendwie in den verrauschten Genuß dieses fragwürdigen Kleinods zu kommen, welches so schamlos gegen Copyrights verstößt. In Ermangelung eines nennenswerten Budgets inszenierte Çetin Inanç nämlich den wohl bekanntesten türkischen Filmhelden Cüneyt Arkin in seinem Werk Dünyayi kurtaran adam kurzerhand auch mal vor dem Hintergrund originaler Weltraumschlachten aus George Lucas‘ Krieg der Sterne.
Verrückt. Irgendwo ist Turkish Star Wars natürlich schon ein gefundenes Fressen und Anlaß sich anhand des Gebotenen über die mangelnde Qualität zu echauffieren. Ein bisschen respektlos finde ich das schon, zeugt diese Haltung doch von einer Pauschalisierung, als würde man einen türkischen Markt schon als Fälscherhöhle verdammen, nur weil ein Stand unlizensierte Markenware verkauft.
Dabei ist Turkish Star Wars noch soviel mehr und die paar Minuten Weltraumschlacht sind nur ein Pups gegenüber der eigentlichen Handlung, welche zugegeben auch mit kurzen Einspielern von Themen aus Indiana Jones, Flash Gordon, Moonraker, Planet der Affen oder Kampfstern Galaktika durchsetzt ist.
Das zentrale Abenteuer findet auf einem Planeten statt, auf dem insgesamt unter Beweis gestellt wird, daß man sich der Wunder des Filmschnitts bemächtigt hat. Eben stehen die Protagonisten Ali (Aytekin Akkaya) und Murat (Cüneyt Arkin) noch in (vermutlich) Kappadokien, da wandern sie plötzlich durch eine ägyptische Pyramidenlandschaft.
Es handelt sich um einen actiongeladenen Abenteuerfilm, der zwar durchweg klassische Dramaturgie und einige bewährte Choreographien verwendet, die für einen Bezug zum italienischen Kino sprechen, was nicht nur durch zahlreiche türkische Filmplakate im Internet, sondern auch die Tatsache belegt wird, daß die Italiener die Türkei für billige Produktionen durchaus zu schätzen wußten.
Das bunte Theater läßt sich aber wenig damit rechtfertigen, daß besagte Italiener oder auch die Japaner ja auch versucht hätten, auf den lukrativen Siegeszug der Krieg der Sterne Filme aufzuspringen. Schon deutlich vorbelastet und abgebrüht erkennt man in Turkish Star Wars eher markante Parallelen zu der Machart, mit der im Indonesischen seinerzeit phantastische Filmstoffe angegriffen wurden. Es ist das gleiche erhobene Haupt, mit dem man einfache, aber effektive Kostüme in Szene setzt.
Ob nun mit einem Skelett beklebte Ritter mit wallendem roten Umhang direkt aus dem Reich der Toten zu stürmen scheinen oder Plastikgladiatoren zum blutigen Kampf rufen, man setzt in Turkish Star Wars Akzente, an die man sich noch lange erinnert. Mullbinden-Mumien oder wildgewordene Plüschmonster, die sich wunderbar zum zerteilen und dem abtrennen von Gliedmaßen eignen, umrahmen psychedelisch geschnittene Kampfszenen. Eine Gummimaske erinnerte mich aus dem Augenwinkel sogar an Darth Maul. Ausgerechnet die Suche nach Hirn und einem zackigen Pappschwert ist die Mission, auf der man kurioserweise den Bogen zu einem besinnlichen Exkurs bezüglich des Korans schlägt.
Hier wäre dann in dem eigentlich wortkargen Streifen doch einmal die Kenntniss der türkischen Sprache von Vorteil, denn die recht frei erscheinenden englischen Untertitel wirken nicht seriös genug (die inzwischen erstellte deutsche Dachboden-Fansynchro soll hierauf basieren), um diese Sinnesebene von Turkish Star Wars befriedigend zu ergründen.
Actionstar Cüneyt Arkin begeistert im von ihm erdachten Werk dafür stets durch trickreiche Tiefflüge. Großes Kung Fu. Auf seine Kämpfe bereitet sich der stahlharte Recke in aufregenden Trainingssequenzen vor, in denen Steine stets eine große Rolle spielen. Doch erst als er sich die Fäuste vergoldet, kann er wirklich alles kaputt schlagen. Klar, immerhin ist Turkish Star Wars ja auch als The Man Who Saves the World (Übersetzung des türkischen Titels) unterwegs, deshalb ist das nun nicht mehr verwunderlich.
Mit seiner doch eher ruppigen Technik wirkt Turkish Star Wars für die Zuschauer, welche bisher nur episch und pompös abgerundete Science-Fiction Abenteuer gewohnt sind, eher befremdlich. Nach einigen Jahren Erfahrung lächelt man aber eher müde, wenn ein Roboter aussieht wie ein Dixie-Klo auf Beinen mit einem umgedrehten Eimer auf dem Kopf. Alles ist eine Frage von Perspektive und die Wechselwirkung zwischen Werk und Rezipient sind gerade in diesem Bereich äußerst individuell.
Turkish Star Wars zieht aber wohl schon von seiner Konzeption her nur ein eher spezielles Publikum an, welches sich über ein durchweg knuffiges Filmchen freuen darf. Persönlich finde ich, daß es zum Beispiel durchaus schlechtere Endzeit oder Barbarenfilme gibt. So kann ich mir dieses Vehikel dann auch am Stück zum gemütlich-nachmittäglichen Earl Grey mit Milch und Zucker reinziehen. Es gibt aber wohl auch Trashologen, die dieses Monument nur in mehreren Anläufen zu bewältigen wissen. Dieser Proto-Fanfilm ist eben länger als ein Youtube-Clip.
Ein Erlebnis ist es allemal. Schließlich kann man diesen Wahnsinn sonst ohnehin nicht begreifen. Wer die Gelegenheit hat: Ansehen!