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Ganz groß kündigte ZDF den Vierteiler „Napoleon“ schon Wochen vor der Ausstrahlung an, da war von einer „ungeheuer aufwendigen Produktion“, „einem hohen Budget“ und „grandiosen Schauspielern“ die Rede.
Tja, und als man sich das dann ansah, erfolgte die große Ernüchterung, wobei die Teile von der Qualität her noch ziemlich schwanken. Während Teil 1 mich zum Beispiel fast zum einschlafen brachte, war Teil 3 doch relativ unterhaltsam. Aber der Reihe nach:
Die Handlung, wer hätte das gedacht, rankt sich um das Leben von Napoleon. Und da sind wir schon beim ersten und größten Kritikpunkt der Mini-Serie: Vom Leben und Aufstieg Napoleons bis zum Ende der Jakobinerherrschaft erfährt man schon mal gar nichts, auch sonst beinhaltet seine Geschichte riesige Lücken. Da wird die Seeschlacht von Trafalgar gegen Nelson nur mal kurz in einem Nebensatz erwähnt, sein Krieg in Ägypten nur einer einzigen kurzen Szene gewürdigt und seine Beweggründe, warum er überhaupt ganz Europa unter seine Herrschaft bringen wollte, ganz unter den Tisch fallen gelassen. Stattdessen beschränkt sich die Geschichte fast komplett auf seine Techtelmechtel mit den Frauen, die hier lang und ausführlich breit gewalzt werden. Wenn aber so wenigstens eine interessante Liebesgeschichte entstehen würde...weit gefehlt. Die Inszenierung ist so leblos, trocken und kalt, dass einen die Filme teilweise an eine normale Soap erinnert. Ein Großteil der Handlung spielt sich auch so ab: 2 oder mehr Personen stehen in einem Raum und unterhalten sich, dabei wird die Kamera immer schön auf die Gesichter drauf gehalten, damit auch ja nie so was wie Interesse oder Spannung entstehen kann. „Keine Experimente“ hat sich der Regisseur wohl gedacht und alles lieber leicht bekömmlich inszeniert. Selbst die kurzen Schlachtszenen wirken absolut uninspiriert und langweilig.
Ein weiteres großes Manko ist die Darstellung der Person Napoleon an sich: Anstatt diesen Mann auch mal eine negative Seite zuzugestehen, ist er die Sympathiefigur des Films. Durch seine positive Darstellung ist für den Zuschauer jede seiner Handlungen verständlich und nachvollziehbar und er erscheint einem wie der fehlerlose Feldherr, der er aber bei weitem nicht war. Ob das nun daran liegt, dass die nationalstolzen Franzosen den größten Teil des Films produzierten oder der Regisseur keine Ahnung hatte, sei mal dahingestellt.
Die Schauspieler, insgesamt alle relativ bekannt, machen ihre Sache ganz gut, kämpfen aber chancenlos gegen die lustlose Inszenierung an. Was nützt ein John Malkovich oder ein Gerard Depardieu, wenn man sie immer schön in Großaufnahme und den selben Kameraeinstellungen sieht? Man merkt zwar noch, dass sie eigentlich mehr drauf haben, aber hier gehen sie regelrecht im Einheitsbrei unter.
Damit mich jetzt keiner falsch versteht: Einen gewissen Unterhaltungswert hat der Film schon, auch wenn man eine Menge Ahnung von Geschichte haben sollte, wenn man die Handlungen nachvollziehen will, aber er gibt einem keinen Anlass, nicht auf einen anderen Sender umzuschalten.
Da mich das Thema aber interessiert und ich weiß, unter welchen Auflagen der Regisseur wahrscheinlich drehen musste, gebe ich ihm trotz allem noch
6/10

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