Regisseur Axel Ranischs Ludwigshafener Improvisations- und Mundart-„Tatort“ „Babbeldasch“ war 2017 bei Kritik und Publikum gleichermaßen durchgefallen. 2018 wurde dann Kommissar Kopper im gleichnamigen „Tatort“ ordentlich verabschiedet. Mit der nun auf sich allein gestellten Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) folgte im März Ranischs nächster Impro-Beitrag zur Reihe, der offenbar bereits abgedreht war, als das „Babbeldasch“-Experiment baden gegangen war.
Nachdem Mario Kopper als Kripobulle Geschichte ist, unternehmen Odenthal und ihr Team, bestehend aus Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter), Gerichtsmediziner Peter Becker (Peter Espeloer) und Assistentin Edith Keller (Annalena Schmidt) zusammen mit Coach Simon Fröhlich (Peter Trabner) einen teambildenden Ausflug zum etwas abgewrackten Schwarzwaldhotel Lorenzhof. Eskortiert werden sie vor Ort von den örtlichen, miteinander verheirateten Polizisten Jörn (Juergen Maurer, „Der erste Tag“) und Elli Brunner (Christina Große, „Mandy will ans Meer“), wo der Hotelbetreiber und ehemalige Knacki Bert „Humpe“ Lorenz (Heiko Pinkowski, „Die letzte Sau“) einen befremdlichen Empfang bereitet, als er auf Jörn Brunner losgeht. Der Grund ist eine alte Fehde, die nie beigelegt wurde. Wesentlich aufgeschlossener ist da Humpes Nichte, Wirtin Dorothee (Eva Bay, „Liebe mich!“), die jedoch zu selbstverletzendem Verhalten neigt. Als das Team im servierten Essen Überreste menschlicher Gebeine entdeckt, wähnt sich Odenthal zunächst in einer Inszenierung – die sich häufenden Todesfälle sprechen jedoch dagegen…
Improvisation bedeutet in „Waldlust“, dass die Dialoge nicht vorgegeben sind und spontan entstehen. Gedreht wurde mit einem größtenteils professionellen Ensemble, Ausflüge in Laienspiel und unverständlichen Dialekt gibt es hier nicht mehr. Seine Großmutter Ruth Bickelhaupt brachte Ranisch einmal mehr in einer Nebenrolle unter, was für manch bizarren Moment sorgt. Nicht von jeglicher Bizarrerie freisprechen kann sich auch die erzählte Geschichte, die alte Konflikte im Familien- und Freundeskreis wieder hochkocht und mit vielen Verlusten durch Todesfälle die Frage klärt, ob Humpe unschuldig im Knast saß oder nicht. Die Handlung hat etwas von überkonstruierten Krimis der alten Schule oder auch reißerischen Groschenromanen, was ich nicht unbedingt negativ verstanden wissen will.
Improvisierte, spontane Dialoge vor dem Hintergrund einer auch dem Ensemble unbekannten Auflösung sorgen im Idealfall für gesteigerte Authentizität und Spannung. Um es auf den Punkt zu bringen: Nicht so hier, und das ist der Grund, weshalb „Waldlust“ ziemlich in die Hose ging. Dieser „Tatort“ wirkt derart billig, als wohne man einer missglückten oder auf niedrigem Niveau angesiedelten Theateraufführung bei, sodass sich niemals das Gefühl eines wie auch immer gearteten Realismus einstellt. Sich auf die Erzählung einzulassen und Empathie für die Figuren zu entwickeln, erschwert auch der ständige Wechsel des Tonfalls von augenzwinkernd ironisch über komisch, gruselig bis hin zu dramatisch-tragisch – man denke sich jeweils ein „bemüht“ vor diese Adjektive. Dadurch gerät „Waldlust“ zu einer langweiligen Farce, deren Auflösung – und toller Charakterdarsteller Heiko Pinkowski – ebensowenig für die 90 Minuten missglückten Experiments entschädigen wie die musikalische Untermalung durch die rheinland-pfälzische Staatsphilharmonie.
Letztlich erinnert mich dieser „Tatort“ an Amateurfilme, bei denen alle Beteiligten großen Spaß haben – nur eben das Publikum am Ende nicht...