Review

Bin ich etwa schon zu alt für den Scheiß... oder sind die es? Klar sind die es, denn darum geht’s ja... aber funktioniert das auch filmtechnisch? Nein, ich denke nicht. Vielleicht doch, aber wenn ja, dann bin ich wohl tatsächlich zu alt für den Scheiß...

“Old School” will die etwas andere Gross Out-Komödie sein, und sie ist es ja auch. “American Pie” ist vorbei, nach der Erfolgsreihe und unzähligen, meist schrottigen Ablegern werden jetzt die älteren Semester angesprochen, allerdings mit dem gleichen Appell. Es geht ums Wachsen aus einer schnellebigen Phase in einen neuen Lebensabschnitt hinein. Es geht um die Jahre nach dem Apfelkuchen und die Schwierigkeiten, oder vielmehr den Unwillen, von den alten Bräuchen zu lassen. Und wer Will Ferrell sieht, der weiß: Da ist ein Mann, der zweifellos den Zug verpasst hat. Wäre der Kerl privat so wie in seinen Filmen, dann wäre eine Runde Mitleid angebracht. Umrundet vom diplomatischen Charmeur Vince Vaughn und dem ewig treudoofen Mr. Nice Guy Luke Wilson sind das die allerbesten Voraussetzungen, einen Abgesang auf Party Animals zu feiern, die sich längst gehäutet haben und nun versuchen, wieder in die alte Haut zu schlüpfen.

Nun inszenierte Todd Phillips, der mit “Road Trip” bereits einen der erträglicheren “American Pie”-Klone zu verbuchen hat, einen halbwegs launigen Streifen mit einigen wenigen gelungenen Gags, um im Umgang mit dem Thema an sich gnadenlos zu versagen. Anstatt mit der Ausgangslage nämlich ironisch abzurechnen, wird die so begehrte Studentenverbindung - gewollt oder ungewollt - in den Himmel gehoben, was dann mit einem grässlich vorhersagbaren Allerwelts-Finale im Duell-Style besiegelt wird, in der Art, wie man sie schon in den Achtzigern eigentlich nicht mehr sehen mochte.

Die Hauptfiguren sind einfach viel zu wenig erbärmlich, um “Old School” zu dem Spaß zu machen, der er hätte sein können. Ja, Vaughn und Wilson sind ja fast schon perfekt, und das nicht nur in einem kitschigen Finale, wo man es noch hätte verzeihen können, sondern den kompletten Film über. Bleibt zu fragen, wie man über derart korrekte Figuren lachen soll? Schließlich stellen Ferrell, Wilson und Vaughn hier eine moderne Variante eines Alt-Hippies dar, und in so einer Funktion muss man Schwächen en masse zeigen, Dummheiten, die beinahe unverzeihlich sind, die aber vor allem beweisen, dass der betreffende moderne Alt-Hippie in seiner Zeit stehen geblieben ist und nun mit seinem eigenen Alter konfrontiert wird.
Sicher, Luke Wilson macht einige Fehler; er schläft (unwissend) mit einer High School-Blondine, er schüttet einer alten Freundin bei der Hochzeit seines Kumpels in besoffenem Zustand Kaffee über das Kleid und ist peinlich berührt, wann immer ihn, den Saubermann, jemand in der Öffentlichkeit “Pate” nennt und auf die Vereinigung anspricht. Das ist ja alles nett, aber nichts davon gibt mir das Gefühl, es hier mit jemandem zu tun zu haben, der wirklich erbärmlich ist. Kurz: Es ist nicht witzig. Für Vaughn gilt dies noch mehr, da er den geschickten Rhetoriker spielt und nur selten in dumme Situationen gerät.

Ferrell, so kritisch ich ihm auch gegenüberstehe, kommt da noch am besten weg, denn das Drehbuch (welches wenig überraschend auch von ihm mitkonzipiert wurde) trifft seinen Humor ziemlich genau. So ist der Typ schon immer eine einzige umherlaufende Peinlichkeit gewesen, und das will man hier sehen. Das Flitzen funktioniert dann bezeichnenderweise auch mal, weil es zeigt, wie deppert der Kollege wirklich ist. Doch verglichen mit markanten Rollenbesetzungen wie der in “Zoolander” oder “Anchorman” bleibt auch Ferrell weit unter seinen Möglichkeiten, mal richtig schön auszuticken. Dass er im späteren Verlauf auch noch von anderen Charakteren zurückgedrängt wird, hilft der Gagdichte nicht unbedingt auf die Sprünge.

Auch nicht förderlich ist, dass der Plot ziemlich zusammengeschustert daherkommt und schrecklich unzusammenhängend wirkt. Dutzende Nebencharaktere, mit denen man viel hätte anfangen können, werden ins Spiel gebracht (als da wären u.a. Leah Remini, Juliette Lewis, Elisha Cuthbert, Seann William Scott oder auch Terry O’Quinn), aber sie alle werden zu schnell wieder vergessen, was manchmal weniger schlimm ist (Scott, Lewis), manchmal mehr (O’Quinn, Cuthbert). Selbst längere Storylines versanden mir nichts, dir nichts im Sande mit einem *Plopp*-Geräusch, als wäre nichts gewesen. Jeder noch so dumme Film (von “Ey Mann, wo ist mein Auto?” vielleicht mal abgesehen) braucht schließlich ein Gerüst oder ein Konzept oder etwas in der Art, nur hat hier die eine Szene nichts mit der anderen zu tun. Wäre da nicht das formelhafte Ende und ein Hauch von rotem Faden verborgen im Hintergrund, man könnte frei nach “Pulp Fiction” alles durcheinanderwerfen. Ob mal Schleimcatchen zelebriert wird, Anwärter gedemütigt oder Beerdigungen besucht, von einer klaren Linie werden wir gnädigerweise befreit...

Dabei geht es rein technisch, sprich audiovisuell, ja eigentlich ganz gut ab. Ein paar Referenzen sind zu erhaschen, in denen mit Kameraperspektiven gespielt wird (wann immer die Inszenierung ungewöhnlich innovativ wirkt, wurde gerade ein Vorbild kopiert). Der Soundtrack ist meist zufriedenstellend, manchmal belanglos, manchmal aber auch rockt er die Bude und ist mal nicht nur musikalisch, sondern auch textlich der Szene angemessen. So sinkt Ferrell getroffen von einer Betäubungspistole zu Paul Simons “The Sound of Silence” auf den Grund des Swimming Pools (wobei diese Szene inklusive Soundtrack eine Reminiszenz an “Die Reifeprüfung” und damit auch wieder keine eigene Idee ist) und zu Metallicas “Master of Puppets” wird die Straße entlanggebrettert. Das macht Laune, aber mit eigenen Ideen ist es eben trotzdem weit her.

Ein Fazit? Na ja, lustig ist anders. “Old School” mag einen gewissen Bonus haben, weil er von der Idee her vor drei Jahren zwar schon uralt, dabei aber wieder brandneu war, ähnlich wie “American Pie” 1999. Dafür muss er aber noch lange nicht gut sein. Das ist er für mich auch keineswegs, weil er leer und nichtssagend ist, weil er selbst nicht kapiert, womit er sich befasst und weil er mit seinem Thema nicht umzugehen weiß. Dass das Konzept noch klar ausbaufähig war, bewies kürzlich der ähnlich gelagerte, aber um Klassen bessere “Die Hochzeits-Crasher”, der einfach weiß, wie er seine Figuren anlegen muss. Das fehlt der blassen Ferrell-Blödelei in so ziemlich jeder Szene. Mit einfacher Honig-ums-Maul-Schmiererei à la Metallica-Soundtrack bin ich dann doch nicht zu ködern, und so bleibt das Wissen, dass Homer Simpson eben immer noch der real Godfather of Campus ist. Dritte Folge der fünften Staffel einschalten und wissen, wie sowas wirklich gemacht wird - und das in nur 20 Minuten!

Details
Ähnliche Filme