Review

Eine Schule für schwer erziehbare Jungs in Mailand wird Schauplatz eines verstörenden Verbrechens: mehrere offensichtlich stark alkoholisierte Jugendliche pöbeln die an sich beliebte Lehrerin im Unterricht an, belästigen, vergewaltigen und töten sie. Der Kommissar (Pier Paolo Capponi) versucht das Verbrechen auf seine Weise zu lösen, in dem er mit Hilfe deiner Sozialarbeiterin (Susan Scott) diejenigen Schüler herauszufinden versucht, der offensichtlich in der Gruppe am wenigsten zu melden hat und schließlich kommt er bald dahinter, dass die Schüler angestachelt und instrumentalisiert wurden...

Gewalt an der Schule war schon immer ein Thema in der Filmgeschichte, mit dem sich leicht Emotionen schüren und scheinbar einfache Lösungen propagieren lassen.
Fernando di Leos ("Milano Kaliber 9")-Film ist eine schmierige Variante eines Paukerfilms, wobei hier allerdings kein Lehrer, sondern ein Kommissar im Mittelpunkt steht, der mit unkonventionellen Methoden für Gerechtigkeit sorgt. Das macht ihn auch zu interessantesten Figur des Films: man merkt ihn an, wie ihn die Wut über die Tat zunächst aggressiv macht, doch im Laufe der Untersuchungen merkt er, wie unterschiedlich jeder dieser jugendlichen Problemtäter ist und wie sich auch dem Gruppendruck fügen müssen. Die Sozialarbeiterin an seiner Seite forciert seine Öffnung noch, wobei der Film am Ende eine wahrhaft bizarre Wendung einschlägt. Die Motive der Tat liegen ganz woanders verborgen, als man es zunächst annehmen kann.
Zudem ist di Leos (den ich als Regisseur von spannenden, unterhaltsamen und schnörkellosen Filmen vieler Genres sehr schätze) Film auch Ausdruck einer bürgerlichen Verunsicherung gegenüber einem jugendlichen Prekariat, dem man irgendwie nicht gewachsen zu sein scheint. Der Kommissar versucht es dann mit etwas hilflosen Sozialisationsschritten, in dem er einen "Sensiblen" der Gruppe einen himmelblauen Anzug kauft, mit dem er noch konfirmandenhafter wirkt als vorher.
Insgesamt ist Fernando di Leos Film durchaus unterhaltsam und ganz spannend (v. a. die ersten Verhörszenen) und mitunter fast dokumentarische Stil trägt durchaus zum positiven Gesamteindruck bei - allerdings bricht dann bei der ersten und letzten Szene die gute alte Sleaziness wieder durch. Puh!
Diese schräge Melange aus Sozialstudie und Krimi mit einem Schuss Schmutz und Gesellschaftskritik bleibt aber, besonders (wie gesagt) durch die schräge Auflösung, etwas halbgar. Kein Mist, aber Fernando di Leo hat schon mehr gezaubert.

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