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Bei „Crazy Love“ von Regisseur Dominique Deruddere handelt es sich um eine weitestgehend unbekannte, 1987 gedrehte, belgische Verfilmung dreier Charles-Bukowski-Kurzgeschichten. Aufgebaut wurde der Film in drei Episoden, die jeweils eine mit den Themen „weibliches Geschlecht“ und „Sexualität“ zusammenhängende, wichtige Lebensstation des Protagonisten Harry Voss zeigen. Dargereicht wird die Handlung in Form einer Tragikomödie. Letzteres war – auch ohne Kenntnis der Literaturvorlage meinerseits – vermutlich die richtige Wahl für diese Erzählungen Bukowskis. Achtung: Die folgenden drei Absätze enthalten Spoiler.

Harry Voss ist ein Landei und beginnt, vor sich hin zu pubertieren. Noch träumt er gänzlich unverdorben von kitschiger Romantik, wie er sie im Kino sieht. Von Sexualität hat er keine Ahnung. Seine Aufklärung besorgt ein älterer Kumpel. Nach einer missglückten gemeinsamen Suche nach sexueller Erfahrung zeigt dieser dem jungen Harry, wie man onaniert. Was noch spielerisch anmutete, war der Beginn einer langen Reihe von Enttäuschungen und Zurückweisungen für Harry Voss.

In der zweiten Episode ist Harry ein junger Erwachsener auf dem Abschlussball seines Schuljahrgangs. Er ist geplagt von einer ultrafiesen Akne und alle Mädchen scheinen sich vor ihm zu ekeln. Er ist gezwungen, einen selbstironischen bis zynischen Humor zu entwickeln, um mit sich und den anderen klarzukommen. Er verbindet sich das Gesicht mit Toilettenpapier und bewirkt dadurch zumindest einen Tanz mit einem Mädchen.

In der dritten Episode ist aus Harry ein in Kneipen herumlungernder Versager geworden, der bei einem Wiedersehen mit einem frisch aus dem Knast entlassenen Kumpel die Leiche einer gerade verstorbenen, sehr attraktiven jungen Frau stiehlt („noch warm“). Was die beiden Männer mit der Leiche tun und wie der Film ausgeht, verrate ich hier nicht.

„Crazy Love“ ist ein weitestgehend makelloses, grundsolides Spielfilm-Regiedebüt, das eine provokative, kurzweilige Komödie mit der tiefgründigen Schwere seiner Thematik – der ewigen, doch anscheinend aussichtslosen Suche nach Liebe und Zuneigung in einer kalten und abweisenden Welt – sensibel miteinander verbindet, dabei in Erzählstruktur und -stil sehr geradlinig bleibt, aber den Zuschauer zu eigenen Reflektionen herausfordert. Definitiv gelungen und vielleicht ein kleiner Geheimtipp. Bei Bukowski selbst jedenfalls soll „Crazy Love“ sehr gut angekommen sein.

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