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Eine vierköpfige Familie fährt zu einem Besuch des Onkels in dessen Feriendomizil - eine nicht ganz freiwillige Reise, denn während der vielleicht 19jährige Sohn Luke ein normaler Schüler ist, hat seine etwas jüngere Schwester Kinsey (Bailee Madison) in punkto Schuleschwänzen in letzter Zeit etwas zu sehr über die Stränge geschlagen: Sie soll auf ein Internat. Die Ankunft bei den Verwandten verzögert sich, aber an der Rezeption des Trailerparks findet sich ein handgeschriebener Zettel mit der Hausnummer und den Schlüsseln. So begeben sich die vier Stadtbewohner dann nachts in jenes bezeichnete der verstreut liegenden Holzhäuser, wobei sie feststellen, daß sie offenbar die derzeit einzigen Gäste sind. Nach kurzer Zeit klopft jemand an die Tür, aber es ist nicht etwa der Onkel oder die Tante, sondern ein junges Mädchen, das nach einer "Tamara" fragt und gleich darauf wieder wortlos verschwindet. Der seltsame Vorfall wiederholt sich, beunruhigt die Neuankömmlinge jedoch nicht weiter. Um dem interfamiliären Disput zu auszuweichen, geht Kinsey auf eine Zigarette nach draußen, etwas später wird ihr ihr Bruder hinterhergeschickt um nach ihr zu sehen - als die beiden beim Umherschlendern eine offene Eingangstüre an einem anderen Haus entdecken, schauen sie neugierig hinein und entdecken Onkel und Tante, beide ermordet...

10 Jahre nach dem gefeierten "ersten" Teil von 2008 ließ der damalige Regisseur Bryan Bertino, diesmal als Drehbuchverantwortlicher, ein Sequel folgen: Wieder sind es kaum sprechende maskierte Unbekannte, die halbwegs normale, harmlose Gäste terrorisieren, und erneut bleibt das Motiv der Angriffe vollkommen im Dunklen. Wieder nur ein Abklatsch eines einstmals erfolgreichen Konzepts? Ja und nein - denn obwohl dieser 2018er-Home-Invasion-Slasher reichlich Anleihen beim 2008er Original nimmt und darüber hinaus auch etliche Genre-Größen von Halloween über TCM bis Scream zitiert, ist The Strangers - Opfernacht ein zumindest solide inszenierter Streifen, der von einer behutsam aufgebauten und sich bis zum Schluß steigernden Spannung lebt und damit nicht nur den geneigten Horrorfreund zu unterhalten weiß.

Zu gefallen wissen neben der 80er-Jahre-Beschallung (mit Kim Wilde und Bonnie Tyler) wieder die von den Killern ausgehende spannungsfördernde Bedrohung, die sich durch deren weitgehendes Schweigen einerseits und anscheinend behäbiges Vorgehen andererseits noch geschickt zu steigern weiß. So scheinen die maskierten Unbekannten eher eine Art Spiel zu treiben und legen (bis auf eine einzige Szene) keinerlei Eile an den Tag, ihre Opfer zu töten: Mehrfach sieht man eine Maskierte aus dem Hintergrund die flüchtende Kinsey beobachten, ohne daß sie dieser nachrennt; in einer anderen Szene setzt sich der Mörder zu seinem Opfer ins Auto und dreht seelenruhig an den Radiokanälen, bevor er mit einem Vorstecher loslegt; schließlich die Szene im Swimmingpool, in der ein Opfer einen einzigen Stich in den Rücken erleidet und sich der Killer dann langsamen Schrittes davonmacht, ohne sich umzudrehen und die Wirkung seines Stichs zu verfolgen - warum er nicht öfters zustach, bleibt unbentwortet. Jene Szene am hellerleuchteten und beschallten Pool unter Neonpalmen ist die vielleicht stylishste des ganzen Films, hier spürt man die Verbeugung vor den 80ern am deutlichsten. Sehr schick auch die Heli-Perspektive, in der sich das hellblau schimmernde Wasser um die Kämpfenden blutrot färbt...

Abstriche muß man dagegen bei einigen Verhaltensweisen der Angegriffenen machen, die sich nicht immer logisch verhalten: zum einen bleibt man in solch einer Situation eher zusammen, zum anderen benutzt man glücklichen Umständen zu verdankende Waffen wohl öfter als dies der Fall war und statt dem ewigen Davonlaufen wäre ein Gegenangriff auch einmal angezeigt gewesen. Sämtliche Handies zusammen auf dem Küchentisch liegen zu lassen wird an Blödheit nur noch von den Killern getoppt, die sich damit begnügen, die Displays zu zerstören - als könnte man mit solchermaßen beschädigten Handies nicht immer noch Notrufe absetzen. Dazu kommen einige Kontinuitätsfehler wie der tote Sheriff, dessen Leiche mal neben, mal vor dem Auto liegt und der dann, als die Autos zu Waffen werden, plötzlich ganz verschwunden ist. Beim Rammstoß mit dem Pick-up sieht man in der Folgeszene auch recht deutlich, daß hierfür entweder verschiedene Fahrzeuge benutzt oder die Schnittreihenfolge verändert wurde, so "unbeschädigt" (Scheinwerfer, Brandspuren etc.) wie dieser dann die Verfolgung aufnimmt. Auch der fehlende Rückstoß der Shotgun - als Kinsey diese dann doch einmal benutzt - gehört dazu, genauso wie die rettende Ladefläche eines anderen Pick-ups, auf den die junge Dame in höchster Not nachts klettert, um in der nächsten Szene in der Morgensonne immer noch dort zu verweilen - haben die Fahrer eigentlich nie mal angehalten, um ihre "Fracht" zu begutachten?

Abgesehen von diesen kleinen Schönheitsfehlern ist Opfernacht ein stimmig abgefilmter Horror-flick ohne Längen, der zwar spannungstechnisch nicht an das 2008er Original heranreicht, mit seinem ebenso einfachen wie wirkungsvollen Setting inklusive eher homöopathischer Gore-Einlagen jedoch zu punkten weiß und - den schon bekannten Plot einmal ausgeklammert - zu keiner Zeit Langeweile aufkommen läßt: 6,51 Punkte.

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