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Neben einem Zurückblicken auf die jüngere oder weiter entfernte Vergangenheit zählt auch die aktuelle Gegenwart gerade in der Staatentrennung Nord und Süd immer wieder zu einem beliebten, die Zuschauer interessierenden und damit ansprechenden Thema im südkoreanischen Kino, welches zuletzt in bspw. in Northern Limit Line und v.a Confidential Assignment damit aktiv war und demnächst in The Spy Gone North an den Start um die Gunst des Publikums geht. Die seit fast 70 Jahren währende Spaltung des einst gemeinsamen Landes, dass durch den Krieg auseinander gerissen wurde und dennoch Seite an Seite, nur durch eine Grenze, eine Demarkationslinie voneinander entfernt liegt, ist schon aufgrund des stets zeitgenössischen Bezuges, dass zusätzlich für viele auch familiär betreffend und in letzter Zeit wieder angewachsen politisch und möglicherweise militaristisch brisant geworden ist, eine permanente Begleiterscheinung des Lebens, welche vom Film aufgegriffen und vom Rezipienten verarbeitet wird:

Als der ehemalige North Korean Special Forces Agent Eom Chul-woo [ Jung Woo-sung ] von Ri Tae-han [ Kim Kap-soo ], dem Leiter des Reconnaissance General Bureau angesprochen und beauftragt wird, mit der Tötung mehrerer hochrangiger Mitglieder der Militärführung einen von ihrer Seite aus geplanten Anschlag auf den Landesführer und anschliessenden Coup d'état zu verhindern, ahnt er noch nicht, dass er damit dem eigentlichen Strippenzieher eines gewalttätigen Aufstandes Nachhilfe leistet. Nur mühsam und ebenso verletzt kann Eom den Staatsführer über die Landesgrenze in den Süden bringen, während nicht bloß in beiden getteilten Ländern das Chaos ausbricht, sondern Ri auch noch mit einem Nuklearangriff droht und entsprechend heftig die Vereinigten Staaten, China und Japan 'intervenieren'. Zudem will der noch amtierende südkoreanische Präsident Lee Ee-seong [ Kim Eui-song ] kurz vor seinem Amtsende noch einen Präventivschlag durchführen, während der gerade gewählte Kim Kyung-young [ Lee Geung-young ] eher auf Diplomatie setzt. Eom, der sich währenddessen mit infiltirterten 'Kollegen' und ihren Bemühungen, ihr eigenes Staatsoberhaupt doch noch zu töten herumschlagen muss, kann einzig auf die Unterstützung und Fürsprache seines Namensvetters Kwak Chul-woo [ Kwak Do-won ] rechnen, der privat durch die 'Geiselnahme' seiner Exfrau und beruflich durch seine Tätigkeit als Südkoreanischer Obersekretär für Auswärtige Angelegenheiten und Nationale Sicherheit im Gefolge des Präsidenten involviert ist.

Steel Rain dabei als natürlich fiktives Szenario, dass von seiner Spionage- und Aktionsgeschichte wie aus dem Kalten Kriege ebenso lebt wie aus den Gegensätzen der beiden Nationen, die komplett den unterschiedlichen Weg der Regierungsform und damit verbunden auch der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Lebensweisen an sich gehen. Für Außenstehende ist dabei auch der neugierige Blick auf ein Land geboten, dass sich weitestgehend nach außen hin abgeschottet hat und wie aus einer anderen und einer längst vergangenen Zeit großteils lebt und agiert, eine Art Eiland hier in dieser ansonsten so scheinbar überall und jederzeit zugänglichen und wie per Mausklick (und Buchung eines Fluges und eines Hotels) erreichbaren Welt; perfektes Sujet also, auch für die Zusammenarbeit Zweier jeweils daraus stammender 'Genossen', die bisher nichts gemeinsam hatten, nun aber zusammen eine Bedrohung abwenden wollen und sich stellvertretend, nicht allgemeingültig für ihr Land aneinander annähern.

Die Gegensätze der beiden werden dabei unterschiedlich und da auch noch unabhängig voneinander in jeweils einem Parallelstrang bis zur ersten großen Katastrophe, einem Massaker in einem Industriekomplex auch während Trauerarbeiten und dort als Anlass sowohl für ein Coup de etat als auch das Präsentieren eines Bauernopfers erzählt. In wechselnden Blicken auf die 'Mission' der Beiden, die noch nichts voneinander wissen und auch von dem großen Ganzen noch ahnungslos sind, werden jeweils in knappen Bildern herausstehenden Unterschiede dort v.a. präsentiert, schnelle Zuordnungen der Charakteristika, die vom jeweiligen Umfeld geprägt und schon aus dem Subgenre des Buddy Picture und damit wie zuletzt aus Confidential Assignment kommend sind. Ein Paar von Gegensätzen, in dessen Porträt beim geschiedenen Südkoreaner die leicht erhöhte Positur in der Hierarchie, die gut geschnittene Kleidung, die laissez-faire Haltung gegenüber den Kindern, der Verkehr in edlen Restaurants zu ebensolchen Essen und das derzeitige Ablaufen von freien Wahlen zu registrieren und einzuordnen sind. Während beim Mann aus dem Norden die Familie noch zusammen, aber bereits die kleine Tochter in ihren eigentlichen Wünschen unterdrückt und von Angst geprägt ist, außer der Uniform die Kleidung nicht richtig sitzt, man bloß Handlanger und Befehlsempfänger und das ganz kleine Rad ist und zum Essen in den Bretterverschlag mit der Sitzgelegenheit eines Schemels, etwa auf Kniehöhe gegangen und dort die "Skinny Noodles" schon das Hauptgericht ist.

Schwarz und Weiß könnte man auch meinen, oder hier zumindest mehr grau als dort, ein wenig Politkolportage mit auch etwas geschichtlichen Hintergrund, in der die Ursprünge der Trennung und der Differenziertheit groß angerissen und kurz erklärt werden, bevor schon die ersten Schüsse auf meist die Unschuldigen und dann auch die Massen davon fallen und der Tag selber ein massives Blutbad aus der Luft und dann per Aufräumkommando am Boden auch ist. Auftakt zu einem großen Plan- und Gedankenspiel, in dem die Realität auf eine Art und Weise widergespiegelt und eine mögliche nahe Zukunft, eine der bedrohlichen, nicht gänzlich lebensfremden Optionen durchgegangen und ausexerziert wird, und Auftakt auch zu einem Film, der dennoch und dies auch sichtlich als Unterhaltung funktionieren und entsprechend dessen zugkräftige Elemente wie eben die Verbrüderung der beiden Namensvettern, einige voluminöse Aktionszenen inklusive Einsatz einer Scharfschützenbrigade, eines LKW-Transporters als Rammbock, Verfolgungsjagden mehrerer Parteien über die Landstraße mit abschließender Kollision und einem ausgeübten Hinterhalt in Überzahl auf eine Arztpraxis und deren Insassen und auch Humor gar, freiwilligen und wohl unfreiwilligen installiert. Eine Mischung von Regisseur Yang Woo-suk nach seinem eigenem Webtoon von 2011, die aufgrund ihrer steten Neugier auch über die gesamte stattliche Laufzeit von 135min in spezieller Manier funktioniert, aber ein diffuses Bild aus mehreren uneinheitlichen Zutaten, darunter auch Schwächen wie nachlässige Verwendung von Tricktechnik gerade zu Beginn und einige merkwürdige komödiantische Spitzen gerade bei der (leblosen, da schwerverletzten) Kim-Figur und dessen Verwendung im Weekend at Bernie's - Stil implementiert. Auch das politische Geplänkel selber mit der Einbeziehung der jeweils interessierten und dafür oder dagegen insistierenden Amerikaner bzw. Chinesen (und auch etwas Japan-Einspruch) ist recht durchwachsen gehandhabt und lässt – gerade bei der weiblichen CIA Station Chief, die teilweise in der Tarnung eines rollenden Burger-Wagens ihre Besprechungen abhält – einen einheitlichen Ton missen.

Vielleicht wäre bei dem Thema eine Art Miniserie im Stil des reaktionären Mitt-Achtziger Amerika von ABC Entertainment (über die Besetzung der Vereinigten Staaten durch die damalige Sowjetunion und die entsprechende Gegenwehr) besser gewesen, um dem ausufernden Stoff gerecht zu werden, der sich in dieser Kurzform hier bloß an der Oberfläche bewegt und entscheidende Punkte gerade zum Finale hin mit etwas Emotionalität, auch etwas Versöhnung und einer gehörig brutalen Schießerei vor und in einem Armeekrankenhaus einfach so in den Abspann auflöst. So ist das nur etwas holprig, technisch sicherlich aufwändig, von den wichtigen Darstellern gut bis funktional gespielt und mit einflussreichen Actionszenen, was nicht gänzlich verkehrt, letztlich aber suboptimal angesichts der Möglichkeiten ist.

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