Als kleinere positive Trends für das HK - Kino ließen sich in den letzten Jahren die Inspiration abseits von normalerweise traditionellen Formen der Ideengewinnung als auch das Risiko zur zensurbefreiter bzw. waghalsiger Ware, abseits des Mainstreams und vor allem auch außerhalb der Zugkraft des Chinesischen Marktes verzeichnen. Gleich mehrere Kinoarbeiten wie Due West: Our Sex Journey (2012), Midnight After (2014), Golden Brother (2014), The Sinking City: Capsule Odyssey (2017) oder Deception of a Novelist (2019) basieren auf ursprünglich Online als aufeinanderfolgend dargereichte Häppchen veröffentlichten Novellen, auf der Schreibweise von sogenannten Amateuren, die erstmal zum Vergnügen, zur privaten Bewältigung und/oder zum Antesten, zum Üben ihre Kreativität darreichen. Imprisoned: Survival Guide for Rich and Prodigal ist auch so ein Fall, der zudem auch das zweite Merkmal, dass der Exploitation, der Lokalität auf HK bezogen und des Spielens mit dem eigentlich finanzschädlichen Category III Siegel anspricht:
Als der reiche Tunichtgut Nelson Yu [ Gregory Wong ] im Drogen- und Alkoholrausch und während einer sexuellen Aktion im Auto eine alte Frau überfährt und anschließend das Weite sucht, wird er zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt, wobei ihm selbst seine großzügige Mutter [ Candice Yu ] mit ihren Beziehungen nicht weiter helfen kann. Was sie allerdings machen kann, ist fleißig Geld zu überweisen, wodurch Nelson nach Startschwierigkeiten auch gegenüber den Alteingesessenen wie Szeto Kwong [ Tommy Wong ], Uncle Dat [ Liu Kai-chi ] oder Wolfy [ Phillip Keung ] besseren Kontakt aufnehmen kann und sich so langsam einen gehobenen Stand im Stanley Prison verdient. Die Zeiten ändern sich, als mit Jack Lui [ Justin Cheung ] ein alter Bekannter von Nelson inhaftiert wird, der auf diesen äußerst schlecht zu sprechen ist, hat er es doch mit seiner Freundin getrieben. Da Jack mit Hilfe von außen schnell die Festlandchinesen im Gefängnis hinter sich, und Nelson eigentlich nur in Ng Chi-keung [ BabyJohn Choi ] und in Uncle Dat einen richtigen Freund in der Nähe weiss, nimmt die Gefährlichkeit rapide zu.
Gestemmt wurde das Projekt dabei von China 3D Digital Distribution, einer noch jungen Firma unter Aufsicht von Stephen Shiu Junior (eines der Kinder des vor allem in den Achtzigern aktiven Autoren und Produzenten Stephen Shiu), die sich mit zumeist übersichtlichen Budgets um zumindest inhaltlich und optisch ansprechende Neuware für die einheimischen Kinoleinwände bemühen. Den Anfang und vor allem durch den finanziellen Erfolg und die Aufmerksamkeit national und international machte dabei 3D Sex and Zen: Extreme Ecstasy (2011), dessen Regisseur auch der hiesig anwesende Christopher Suen ist und gleichzeitig in den Vorbereitungen/Abschlussarbeiten für (den dann doch auf der Halde steckengebliebenen) Sex and Zen II 4D Sexecution waren.
Suen hat in dem filmischen Vorgänger gerade den Umgang mit der Technik, die Verzauberung eines nicht allzu strotzenden Budgets (die Rede ist von 1 bis 3 Mio. USD) in trotzdem hochwertige Bilder, und die Handhabe eines schwierigen Weges zwischen Tradition und Modernität sowie zwischen Ernst und Humor und auch schnell wieder zurück und manchmal sogar beides auf einmal gesorgt. Eine derartige Qualität benötigt der Film hier auch, bezieht er sich doch mit Prison on Fire (1987) und seiner Fortsetzung Prison on Fire II (1991) auf ein über ein Vierteljahrhundert altes Werk, dass vielleicht bei der älteren Generation noch hoch in der Gunst steht, aber bei den jüngeren, den nachwachsenden, auch mit der Zielgruppe hierfür sicherlich nichts zählt. Zudem ist das Original ein überaus grimmiges Werk, welches anders als in dem auch rauen Sequel noch nicht einmal durch Actionszenen wie Fluchtversuchen etc. aufgelockert wird, sondern als Drama über die Entfremdung des Menschen, die Isolation, das Verlieren aller Sicherheiten und dies im oft trockenen Realismus funktioniert. Imprisoned möchte dies auch, möchte aber zumindest anfangs und auch zwischendurch als Komödie, als ein bisschen Neckerei, auch als Hommage, dann wieder als Parodie bestehen; was als Herangehensweise recht gewagt und nicht immer erfolgreich ist, die Produktion aber zumindest interessanter macht als bspw. die späten Kino'Nachzügler' Chinese Midnight Express (1997) & Chinese Midnight Express II (2000) und die Namensvettern für den Videomarkt, die im Grunde gänzlich unbekannten Prison on Fire - Life Sentence (2001), Prison on Fire - Plaintive Destiny (2001) & Prison on Fire - Preacher (2002).
Gut aussehen tut der Film also, und ist auch mit der richtigen Besetzung angelegt, die sich in den Hauptrollen mit noch frischen, aber soliden Darstellern und dort auch ohne Ausfälle und in den vielen Neben- und kleineren Parts mit einer ganzen Reihe Prominenz der zweiten Garde, der alten Zeiten sicher in das Ziel von Jung und Alt bewegt. Sehen darf man u.a. Tommy Wong, Liu Kai-chi, Candice Yu, Elvis Tsui, Ken Lo, Phillip Keung, Lam Suet, Vincent Wan, Tony Ho, Frankie Ng, Yuen Qiu, und gar William Ho in seiner letzten Rolle seit langem und auch kurz vor dem Tod(; und dem der Film im Abspann auch gewidmet ist.) Eine imposante Mischung aus Schmierigkeit und zumeist B-Picture Präsenz, die das Geschehen und sein Wetteifern aus nicht politisch korrekten Gags, auch aus Albernheiten im kaspernden It's a Mad Mad Prison (1988) - Stil und einer Atmosphäre der zunehmenden Bedrohung im Grunde perfekt ausfüllt und auch mit das i-Tüpfelchen ist.
Nur, da man sich leider nicht entscheiden kann, in welche Richtung man denn nun will und gar mit einem Drama der Marke Kitschbombe abschließt, muss man mittig auch mit etwas Leerlauf vorlieb nehmen, indem sich so richtig nicht bewegt wird und die Klischees des Subgenres vom Gefängnisfilm ohne jede Aufmerksamkeit an sich auftreten und einfach nur die Lückenfüller einer durchaus stattlichen Laufzeit von 110min sind. Vielleicht hätte dem Werk ein etwas forscheres Auftreten abseits von der gewollten Idee der Sprezzatura nicht geschadet, sind die wenigen Gewalt- und Aktionsausbrüche nämlich recht schmerzhaft scheinend und verfehlt die zeitweise Übellaunigkeit von "Countries have laws and prisons have rules" samt Unterdrückung, Ausnutzung von Machtmissbrauch, von Rang- und Hackordnung und grob zugerichteten Bauernopfern hier und da ihre Wirkung nicht.