Romper Stomper
Willkommen in der Nazi-Szene Australiens. Kahlgeschorene Köpfe, blasse Hassgesichter. Wut im Bauch, Hitlers zusammengestückelte Herrenideologie im Kopf, propagiert als Ersatzreligion für bewusstlose Rebellion. So gleicht der Wohnraum des Leitwolfs (Russel Crowe) auch einem Tabernakel totalitärer Tyrannei.
Die ideologische Basis ist Vorwand für Prügeleien und Totschlag, Pöbeleien und stumpfsinnige Partys mit gegrölter Schlachtmusik.
Australien bietet migrierte Fidschis als ethnisches Hassobjekt. Doch diese setzen sich in einer Massenschlägerei zur Wehr und zwingen die Kahlkopfkompanie zum Rückzug.
Frustriert und in gewisser Weise entmannt, brechen interne Konflikte aus. Der Zusammenhalt, gewonnen aus sicher geglaubter kollektiver Omnipotenz, wurde zerschlagen.
Jetzt offenbart sich die generelle Menschenverachtung der Antihelden, die selbst im Kreis der Gleichentsinnten völlig rudimentäre Sozialisation.
Regisseur Wright beschränkt sich hierbei auf die Darstellung der Konflikte, ohne eine Näherung an Kausalstrukturen und innerpsychische Prozesse zu machen. Vielmehr steht die Aggression als zentrale Konstante, die uniert und gleichsam brutal das soziale Geflecht bricht.
Wo der Genre-Bruder „American History X“ ein intensives Psychogramm zeichnet, besticht „Romper Stomper“ durch ungefilterte, physische Wut und Rohheit. Dadurch entsteht der besondere Reiz dieses Werks: Nichts wird geschönt, geschliffen, geglättet.
Das Ergebnis ist blanker Terror.
Fast scheinen die Terror-Brüder direkt der Nazi-Hölle entsprungen zu sein – ohne einen Ursprung. Sie sind einfach da - das Woher und Warum spielt keine Rolle.
Einzig die tragische Figur des Anführer-Vertrauten scheint ins Bürgertum eingebettet, konkret in der kitschigen Gartenlaube seiner Oma. Vor ihrer erzieherischen Dominanz wird denn auch heile Welt gespielt – das kann durchaus als ironischer Seitenhieb auf die Herrscher-Mentalität verstanden werden, zeigt aber ebenso, dass jener Charakter doch nicht völlig korrumpiert und durch den Nazismus von der Umwelt abgezirkelt ist.
Dieser Funken von Empathie und Sozialkompetenz macht ihn attraktiv für die ehemalige Sexgefährtin des Anführers, eine kleine Romanze beginnt. So scheu und zärtlich wie diese Liebelei an sich ist, so fatal führt sie in die Abwärtsspirale der Gruppe. Eifersucht, Neid und Unverständnis für den sich langsam vom Nazismus abwendenden Charakter werden gleichgesetzt mit Illoyalität und Verrat. Der Showdown ist abzusehen und, obgleich theatralisch, auch effektvoll.
Die fehlende Einbettung in einen gesellschaftspolitischen Rahmen, die nicht vorhandene Analyse und Kritik, bereitet einigen Magenschmerzen: Wird hier unbewusste Propaganda betrieben, sympathisieren labile Jugendliche eventuell mit den Gewaltexzessen, der Anarchie und Rebellion?
Die eskalierende, destruktive Gruppendynamik, die zur Selbstauflösung führt, negiert diese Frage. Denn was treibt Jugendliche in die Nazi-Szene? Primär ist dafür der gepriesene Zusammenhalt, die traditionell konspirative Scheinfamilie, propagiert als Substitut für die Unverstandenheit im originären Bezugsrahmen (der echten Familie), verantwortlich. Diese wird hier konsequent und vor allem intrinsisch zerstört. Wo bleibt da noch Fläche für Sympathie?