Regisseur Kyle Newacheck und sein Hauptdarstellertrio zeichneten für die erfolgreiche Comedy-Serie „Workaholics“ verantwortlich, weshalb Netflix dem Quartett das Budget an die Hand gab, um im Anschluss die Action-Parodie „Game Over, Man!“ für den Streamingdienst zu stemmen.
Ging es in der Serie um drei Telemarketer, welche die besten Freunde sind, so geht es hier um drei Hotelangestellte, welche die besten Freunde sind. Alexxx (Adam Devine), Darren (Anders Holm) und Joel (Blake Anderson) schuften in einem Nobelschuppen als Zimmermädchen, wollen aber mit einem selbstentwickelten Videospiel groß rauskommen. Alexxx ist ein Kindskopf, der mehr und schneller daherredet als gut ihn und seine Kumpels ist, weshalb die anderen so langsam einen Rochus auf ihn haben. Darren hat andauernd seine E-Zigarette im Gesicht oder härtere Drogen intus, Joel ist eigentlich schwul, versucht das aber mehr schlecht als recht vor der Welt und seinen Kumpels zu verstecken, womit so gut wie alle Charaktereigenschaften der Hauptfiguren stehen – komplexer wird es im weiteren Verlauf nicht.
Die große Chance kommt, als der Influencer und Tech-Entrepreneur Bae Awadi (Utkarsh Ambudkar) an ihrem Arbeitsplatz eine Party steigen lassen will und sie als Kellner dort malochen. Dummerweise zieht die Party voller reicher Geldsäcke auch Terroristen unter der Führung von Conrad (Neal McDonough) an. Die schleichen sich wie in „Stirb langsam“ und dessen zahlreichen Rip-Offs ein, schalten Sicherheitsmaßnahmen aus und beseitigen andere Hindernisse, nur dass dies hier mit weniger Finesse und Spannung als den Vorbildern vonstattengeht.
So liegen Freud und Leid für die drei Freunde an jenem Abend nah beieinander: Erst gibt ihnen Bae tatsächlich einen Scheck als Investition, der jedoch vom Management direkt wieder einkassiert wird, da Alexxx und seine Jungs ihren Pitch trotz Verbot durchgeführt haben. Und dann nehmen die Terroristen die Gäste auch noch als Geiseln…
„Game Over, Man!“ ist benannt nach dem Zitat von Hudson (Bill Paxton) aus „Aliens“ und versteht sich als Parodie auf „Stirb langsam“, mit Videospielbezug, wie der Titel aussagen will. Große Vorbilder und große Ambitionen – in Anbetracht derer das Ergebnis nur noch erbärmlicher wirkt. „Game Over, Man!“ checkt ein paar Boxen auf der Action-Klischee-Liste, etwa die Killerlady als Vollstreckerin des Schurken, man denke an „Geballte Ladung – Double Impact“ oder „Stirb langsam – Jetzt erst recht“, hier verkörpert durch Erma (Rhona Mitra). Doch mehr als ein paar Topoi aufzählen ist nicht drin, eine echte Parodie auf Genremechaniken oder Stereotypen kommt nicht zustande. Auch die wenigen Actionszenen sind eigentlich nur Slapsticknummern ohne große Schauwerte, sodass auch der Freund gepflegten Geballers in die Röhre schaut. Das größte Abräumen steht dann an, wenn die drei Protagonisten-Dudes die Leiche eines Terroristen mittels Cyberanzug zur ferngesteuerten Kampfmaschine umbauen, sodass in der folgenden Szene entweder der eh schon tote Terrorist oder seine Spießgesellen ansatzweise blutig über den Haufen geballert werden.
Ansonsten herrscht einfältiger Klemmi-Humor mit der Prämisse, dass Penisse das Witzigste auf der Welt sind. Zwei der Terroristen sind eigentlich Lover, weshalb es für die Möchtegern-Videogame-Entwickler besonders eng wird, als sie einen von diesen umbringen. Alexxx präsentiert seinen nackten Schwengel als Ablenkungsmanöver. Erma schneidet einem notgeilen Hotelmanager den Willi mittels Kampfmesser ab. Und Joel glaubt, dass niemand seine homosexuellen Gelüste bemerkt, obwohl sie total offensichtlich sind. In diesem Niveau geht es in einer Tour fort und dummerweise ist „Game Over, Man!“ nicht nur reichlich flach und niveauarm, sondern auch gnadenlos unlustig, denn das Comedy-Timing ist dermaßen daneben, dass man sich fragt, wie Newacheck eine Erfolgsserie inszenieren konnte. Aber vielleicht kam er bei seinem Spielfilmdebüt nicht mit der 100-Minuten-Form zurecht.
Auch der Ton des Films ist komplett uneben, wenn regelrecht niederträchtige Szenen von Geiselexekutionen neben infantilem Schwengelhumor stehen. „Game Over, Man!“ will wohl eine schwarze Komödie oder besonders gewagt sein, wirkt letzten Endes aber nur doof und unentschlossen. Da wandelte ein Film wie „Deadpool“ wesentlich geschickter auf dem Grat. Und sonst? Da gibt es reichlich mehr oder weniger motivierte Gastauftritte von Joel McHale, Donald Faison, Shaggy, Action Bronson, Steve-O und anderen Promis als sie selbst, halbgare Actionszenen und einen Score, für den immerhin Steve Jablonsky verantwortlich zeichnet, der aber weit von den Qualitäten anderer Werke des Komponisten entfernt ist. Rein optisch kann man an „Game Over, Man!“ tatsächlich wenig aussetzen, da hat Netflix das nötige Budget und Know-How locker gemacht, nur jede Menge Profis am Drücker können auch nicht helfen, wenn das Drehbuch nichts ist.
Adam Devine reißt dazu seine Standardnummer mit seiner Mischung aus Selbstüberschätzung, Sympathiefaktor, großer Klappe, großem Herzen und Trotteligkeit herunter, hat seine Routine aber anderswo schon gewinnbringender zum Einsatz gebracht. Anders Holm und Blake Anderson wirken wie bessere Sidekicks, die nur Rollenstereotypen verkörpern – und das, obwohl Holm sogar das Drehbuch zu „Game Over, Man!“ verbrach. Daniel Stern schaut in einer egalen Nebenrolle vorbei, was immerhin für einige „Kevin – Allein zu Haus“-Anspielungen sorgt, Neal McDonough und Rhona Mitra liefern recht gute Schurkendarbietungen ab, die sie in ähnlicher Form auch schon in ernsten Genrevertretern gebracht haben. Am ehesten Spaß macht aber Utkarsh Ambudkar, der das Klischee des weltfremden Schwerreichen zwar mit einigem Overacting, aber immerhin ordentlich Spielfreude verkörpert.
So bleibt ein schriller, lauter, flacher und gnadenlos unlustiger Versuch einer Actionparodie mit lauter Schwanzwitzen, die allerdings noch nicht einmal witzig sind. Kaum zu glauben, dass Seth Rogen und Evan Goldberg, sonst mit wesentlich besserem Comedy-Gespür gesegnet, diesen Rohrkrepierer produziert haben. Das Scheitern der Ambitionen der Macher steckt immerhin schon im Titel: Game Over, Man!