Review

Eine flog ins Kuckucksnest

Ich bin froh dass Steven Soderbergh back in business ist. Zu unberechenbar, zu kreativ und zu clever ist er. "Unsane" hat mir trotzdem nur mäßig gefallen. Fresh kann ich das nicht guten Gewissens nennen. Noch nicht. Stilistisch verspielt, schauspielerisch exzellent, thematisch akut - all das macht "Unsane" zumindest für Soderbergh-Fanboys interessant. Nur leider konnte mich dieser Psychothriller über eine junge Frau, die sich missverstanden und vielleicht zu unrecht selbst in eine Anstalt  einweist, nicht abholen. Themen wie das fragwürdige Gesundheitssystem oder Stalking sind ohne Frage wichtig und dicht am Zahn der Zeit. Nur leider konnte ich weder mit den Figuren noch mit der Grundgeschichte etwas anfangen. Vielleicht lag das an zu hohen Erwartungen an die Spannung oder am enorm intensiven "Ghostland" den ich vorher sah, doch ich wurde leider nie den Eindruck eines Schnellschusses los. Ein leerer Mix aus "Creep" und "Shock Corridor", der gerne viel mehr wäre als er eigentlich ist.

Als ob Soderbergh einfach mal drauf los geschrieben, gefilmt, getrickst hat. Naiven und spontanen Charme hat das, vor allem für einen recht alteingesessenen Regisseur wirkt das außergewöhnlich hip. Und vielleicht gewinnt dieser Psychatrieaufenthalt bei erneuten Sichtungen mit geupdateter Erwartungshaltung. Doch nach der ernüchternden Erstsichtung bleibt ein äußerst egales Naja-Gefühl. Logiklöcher größer als Soderberghs Regierente und Figuren, die gerne tiefgreifend wären, im Endeffekt aber nie über Standardklischees herauskommen verbesserten diesen Eindruck ebenfalls nicht wirklich. Wäre "Unsane" nicht von Soderbergh, dann würde er keine Sau jucken. Angst, Paranoia oder Schock waren Fremdwörter. Müdigkeit und Lustlosigkeit übertrugen sich viel eher auf den Kinosaal. Super zahm und super oberflächlich. Ausschließen, dass dieses perfide Verwirrspiel mich jedoch nur auf dem falschen Fuß erwischt haben könnte, will ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

Fazit: kein Sex, einige Lügen und moderne IPhone-Videotapes - Soderbergh war lange nicht mehr so spielerisch und experimentierfreudig. Leider vergisst er vor lauter lockeren Psychoduellen die Spannung nahezu völlig... für mich nicht mehr als eine kreative und gut gespielte Fingerübung, die mich erschreckend kalt ließ und nie Zähne zeigen konnte, geschweige denn zubeißen durfte.

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