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Mit „Sting - Grenzgänger und Freigeist“ porträtiert die Französin Julie Veille 2017 in ihrem knapp einstündigen Film den in der Nähe Newcastles geborenen Gordon Sumner, der unter seinem Künstlernamen Sting erst Frontmann der Band The Police wurde und im direkten Anschluss eine erfolgreiche, bis heute andauernde Solo-Karriere hinlegte.

Die 1977 gegründete Band The Police war eine der erfolgreichsten Post-Punk/New-Wave-Gruppe Großbritanniens, die auf eigentümliche Weise Punk- und Reggae-Klänge miteinander verband, sich später aber auch weiteren Einflüssen öffnete. Sänger und Bassist Sting stach mit seiner hohen Kopfstimme hervor, mit der er dem Songmaterial seinen Stempel aufdrückte. Innerhalb seiner 1985 gestarteten Solo-Karriere legte Sting endgültig sämtliche musikalischen Fesseln ab. Mir persönlich fehlt an diesem Material oftmals der Biss, den The Police hatten. Dafür gelang es ihm, manch Song mit einer unvergleichlichen melancholischen Atmosphäre anzureichern, die ausgewählten Stücken eine ganz besondere Aura verleihen. Auch Lieder, die ich nicht unbedingt zu meinen Favoriten zähle, fühlen sich angenehm an und verleiten zum Liegenbleiben, wenn der Radiowecker sie frühmorgens ausspuckt. Seine musikalische Reise von Jazz über Fusion bis zu Weltmusik hat aber auch ein paar echte Gurken hervorgebracht, z.B. „Desert Rose“, seine Kooperation mit dem algerischen Sänger Cheb Mami – welch furchtbares Geleier! Neben seiner Musik tritt Sting aber vor allem als angenehm zurückhaltender Zeitgenosse in Erscheinung, der über ein politisches und soziales Bewusstsein verfügt – und ab und zu auch vor der Spielfilmkamera steht.

Nach einem Prolog, der eine Laudatio Meryl Streeps auf Sting zeigt, führt eine Off-Sprecherin durch Veilles Dokumentation, die zahlreiche Weggefährt(inn)en, Geschäftspartner(innen) und Kolleg(inn)en Stings zu Wort kommen lässt: Bob Geldof, will.i.am, Vinnie Colaiuta, Zucchero, Dominic Miller, Branford Marsalis, Pascal Negre u. a… Auch der Porträtierte selbst gibt exklusiv für diesen Film bereitwillig aktuelle Auskünfte. Zwischendurch werden Stings Anfänge und Beweggründe, Musik zu machen, abgehandelt, wobei The Police leider recht schnell abgehakt werden. Die Texte angespielter Sting-Songs werden (zumindest in der Arte-Ausstrahlung) per Untertitelung übersetzt. Von Stings beständigem, nachhaltigem sozialen Engagement schlägt man eine Brücke zu Konzerten im Angesicht des Terrors, dem Sting nicht kleinbeigibt.

Zeitgenössische Aufnahmen werden von Archivmaterial ergänzt und bieten so auch denjenigen einen groben Überblick über Stings Werdegang, die ihn vielleicht vor einiger Zeit aus den Augen (und Ohren) verloren haben. Sonderlich viel Tiefgang sollte man von einem solch kurzen Film natürlich nicht erwarten – das Bild eines weltoffenen, besonnenen und vielseitig interessierten kreativen Kopfes zu vermitteln, der in mehrerlei Hinsicht popkulturelle Geschichte geschrieben hat, gelingt aber mühelos – und lässt vielleicht auch mal wieder zu einer seiner Platten im Regal greifen.

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