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Seitdem die Einnahmen mit DVDs und Blu-Rays nicht mehr ganz so ertragreich waren, ging auch das Geschäft mit den früher beliebten Direct-to-video-Sequels zurück. Doch manche Produzenten versuchen es doch noch, immerhin gibt es ja Streaminganbieter, die auf Content warten, Heimkino-Medien ziehen immer noch und das Fernsehen gibt es ja auch noch, etwa den amerikanische Sender SyFy, für dessen Programm man 19 Jahre nach dem Original das Nur-dem-Namen-nach-Sequel „Deep Blue Sea 2“ fabrizierte.
Direkte Bezüge zum Vorgänger gibt es eigentlich keine, stattdessen ist „Deep Blue Sea 2“ eher ein verschrobenes Quasi-Remake, das sich schon in der Auftaktszene in den Vorgänger hält. Wieder ist der Hai-Experte eines Forschungsprojektes, in diesem Fall Trent Slater (Rob Mayes) hinter ausgebüxten Testsubjekten her. Im Gegensatz zu den Teens aus „Deep Blue Sea“ haben hier zwei Fischer weniger Glück und werden verfrühstückt, was auch kein Wunder ist: Diese fangen Haie, hacken ihnen die Flossen ab und es muss dann das folgen, was jeder 08/15-Horrorfilm unter Ironie versteht. Die fünf Bullenhaie, welche das Fischerduo verknurpsen, sind übrigens so manipuliert bzw. abgerichtet, dass Trent sie mittels eines Klickers steuern kann, was aber im weiteren Verlauf nie so genau erklärt wird (auch nicht, warum die Haie sich dem später entziehen können).
Geforscht wird wieder in einer Unterwasserstation, hier Akhelios genannt, wieder ist es Hirnforschung an gemanipulierten Haien. Hier allerdings um ein Mittel zu Intelligenzsteigerung zu gewinnen, weil Millionär Carl Durant (Michael Beach) offenbar zu oft „Terminator“ gesehen hat, den Aufstieg künstlicher Intelligenz fürchtet und den Menschen für den kommenden Konkurrenzkampf fitmachen will. Diese Prämisse haut der Film einfach so ironiefrei raus. Obwohl eigentlich alles gut läuft, lässt das Drehbuch ihn noch drei Spezialisten einfliegen: Die Haiforscherin Misty Calhoun (Danielle Savre) und das Neurobiologenpaar Daniel (Jeremy Boado) und Leslie Kim (Kim Syster). Weil Misty Final-Girl-Qualitäten hat, protestiert sie natürlich lautstark ob des Schmuhfix, der hier mit den Haien getrieben wird.

Während einer Haiuntersuchung wittern die schlauen Biester ihre Chance auf Ausbruch und sogar Rache, denn ein Hai hat (ohne Witz) in einer Szene am Bullauge gelauscht und mitbekommen, dass Carl seine Testsubjekte nach erfolgreicher Forschung umbringen will. Die Haie verursachen eine Explosion, welche die Stabilität der Station ins Wanken bringt, weshalb die Menschen in der sinkenden, zunehmend gefluteten Station um ihr Überleben kämpfen…
Einen Big-Budget-Reißer ohne Budget nachzudrehen, das ist eh schon ein schwieriges Unterfangen, was sich hier gleich mehrfach zeigt. So besteht die angebliche High-Tech-Forschungsstation Akhelios aus schätzungsreise drei Sets: Der Oberfläche, wo die Gäste via Boot an drei schwimmenden Paletten inklusive putzigem Unterwasserzugang landen, einem Unterwasserlabor, das fast haargenau aus dem originalen „Deep Blue Sea“ nachgebaut ist. und dem Gangsystem, dessen gezeigte Bereiche aber überschaubar klein bleiben. Anstatt mit riesigen Bullenhaien bekommen die Figuren es aber größtenteils mit frisch geschlüpften Babyhaien zu tun, die aus unerfindlichen Gründen aus dem Wasser hüpfen und quieken wie Welpen, sich aber wesentlich kostengünstiger in Szene setzen lassen (bisschen blubberndes Wasser) als die erwachsenen Bullenhaie, die man durch steife Modelle oder mal mehr, mal weniger gelungene CGI-Tricks zum Leben erweckt.
Hinzu kommen Laiendarsteller der untersten Kajüte. Rob Mayes hat man mit Trent Slater einen derart auf ultramännlich getrimmten Rollennamen verpasst, dass es fast schon eine Parodie grenzt, aber als tumber Actionklotz zieht er sich quasi noch am besten aus der Affäre. Die restlichen Darsteller agieren laienhaft und chargierend, weshalb man ihnen die Experten gar nicht abkauft, Michael Beauch flüchtet sich ins fröhliche Overacting. Und Danielle Savre als potentielle Heldin wird noch nicht einmal vom Film ernstgenommen: Gegen ihre Umkleideszene zu Beginn ist Saffron Burrows‘ Unterwäsche-Auftritt im Erstling dramaturgisch geradezu notwendig, später zieht sie den Taucheranzug immer so an, dass die Knödel halb herausquellen.

Mit diesen dürftigen Voraussetzungen stellt „Deep Blue Sea 2“ diverse Situationen des Originals fast eins zu eins nach (sogar mit teilweise identischen Kamerawinkeln) oder versteht unter Innovationen einfach Charaktere zu switchen – so tauschen die verbohrte, ehrgeizige Wissenschaftlerin und der skeptische Finanzier aus dem ersten Film hier quasi die Rollen. Die absolut uninteressanten angeblichen Experten (die sich aber bei jeder Gelegenheit denkbar dumm anstellen) geraten also in die gleiche Situation wie beim Erstling, die aber unendlich dümmer und unglaubwürdiger herbeigeführt wird: Hier steht fässerweise Treibstoff direkt neben dem Stromgenetor, wobei die Fässer umkippen und auslaufen, nachdem ein Schlauchboot mit schätzungsweise 5 km/h gegen das Dock fährt. Das Boot macht ein Hai übrigens los, indem er mit seiner Rückenflosse das Tau zerschneidet.
Der nachfolgende Überlebenskampf ist von lauter unglaubwürdigen Situation geprägt, etwa, dass die ach so tödlichen Haie ein potentielles Opfer nur umrammen anstatt es zu fressen, die Heldin mit einem Schneidbrenner gegen einen Schwarm Babyhaie antritt, die zwar alle bequem ausweichen, aber dann doch lieber zwei anderen, weiter entfernten Opfern hinterherjagen anstatt Misty zu verknurpsen, oder man an einer Stelle doch bequem durchs Haupthaifischbecken auftauchen kann, was vorher ja nicht möglich war (siehe achso gefährliche Haie und so), später aber ohne Veränderung der Situation problemlos geht. Ohne Sinn für Spannung und Dramaturgie spult Regisseur Darrin Scott diesen Schwachsinn ab und lässt das Ganze in einer Nullnummer von Finale münden, die so unspektakulär daherkommt, dass es einem die Socken auszieht – auf den obligatorischen, auf 10 Meilen gegen den Wind stinkenden Schlussgag darf danach auch nicht verzichtet werden.
Noch nicht einmal das Verspeisen des Personals hat etwas, denn Figuren sind eh egal und sehen in der Notbeleuchtung teilweise fast identisch aus, weshalb man oft nicht weiß, wen es gerade erwischt. Einige Kills finden offscreen statt, stattdessen sieht man das mit suboptimalem CGI getrickste Resultat. Auch das Gezeigte ist meist unspektakulär, ein halbwegs ansehnlicher Gore-Effekt nach nur semigeglückter Flucht durch einen Schacht das Äußerste der Gefühle. Aber noch nicht einmal handwerklich spannend wird es, wenn der Film nach einer Exposition, die quasi den halben Film dauert, die Charaktere einzeln oder in kleinen Gruppen durch die Station irren und ums Überleben kämpfen lässt. Warum die Notbeleuchtung je nach Ort mal rot, mal blau, mal grün und mal gelb leuchtet, wissen wohl auch nur die gleich drei Drehbuchautoren Hans Rodionoff, Erik Patterson und Jessica Scott – zur besseren räumlichen Orientierung dient es nicht, da die Figuren andauernd in ein anders beleuchtetes Setting stolpern und man noch nicht einmal eine Farbe einer Personengruppe zuordnen kann.

„Deep Blue Sea 2“ ist selbst für Nur-dem-Namen-nach-ein-Sequel Ramschware schon ein ziemlicher Schuss in den Ofen: Unterfinanzierter, unorigineller, himmelschreiend dämlicher und dramaturgisch mangelhafter Vollschrott, auch wenn der eine oder andere Hai-Effekt sogar ganz gut ausfällt und es zwei, drei handgemachte Explosionen gibt.

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