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Wenn tatsächlich jeder Spukhausfilm auf einer wahren Begebenheit beruhen würde, stünde jedes zweite Haus in den USA leer. Das Winchester Mystery House mit den 161 Räumen gibt es allerdings tatsächlich und kann auch heute noch in Kalifornien besichtigt werden. Dass die Millionenerbin des Waffenherstellers angeblich rund um die Uhr an dem Anwesen bauen ließ um einem Fluch entgegenzuwirken, kommt den Regisseuren Michael und Peter Spierig als taugliche Prämisse für einen Haunted House Film natürlich entgegen.

Im April 1906 wird der Psychologe Eric Price (Jason Clarke) beauftragt, den Geisteszustand der Erbin und Geschäftsführerin Sarah Winchester (Helen Mirren) zu untersuchen und zieht hierfür in das Anwesen, an dem rund um die Uhr, sieben Tage die Woche gebaut wird.
Anfangs führt er mysteriöse Erscheinungen auf die Einnahme von Laudanum zurück, doch als Sarahs Neffe Henry (Finn Scicluna-O'Prey) merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag legt, kommen ihm erste Zweifel…

Die Ausgangsidee ist zweifelsohne faszinierend, denn mit dem entsprechenden Kleingeld war es durchaus möglich, ein komplett verschachteltes Anwesen rund um die Uhr zu erweitern, welches irgendwann einem Labyrinth glich. Dabei ist der Hintergrund diskussionswürdig, inwieweit ein Waffenhersteller Verantwortung für die Verwendung einer Waffe trägt, was die Gebrüder Spierig jedoch eher nebensächlich behandeln. Fragen um Schuld, Verantwortung und Kontrolle werden zwar angerissen, in die Tiefe geht der Stoff allerdings zu keiner Zeit.

Vielmehr teilt man die Sicht des Psychologen, der die Erkundung des Anwesens zunächst komplett rational angeht und durch den Verlust seiner Frau ein eigenes Päckchen zu tragen hat. Pragmatisch versucht er die Gespräche mit Sarah zu lenken, welche ihn wiederum mit Gegenfragen irritiert und früh mit esoterischen Erfahrungen um die Ecke kommt.
Da könnte die plötzlich auftauchende Fratze im Spiegel tatsächlich eine Folge des Opiumkonsums sein, wenn es denn halbwegs erfahrene Genrezuschauer nicht bereits besser wüssten.

Denn überrascht wird man bei dem Spuk zu keiner Zeit, es gelingt nur selten ein wenig Spannung zu erzeugen und anstatt auf Gruselatmosphäre zu setzen, sollen es ein paar jump scares richten, welche leider meistens zu offensichtlich sind. Zumal es sich hier um die üblichen Effekte wie huschende Schatten, entstellte Fratzen und sich von selbst bewegende Gegenstände handelt. Einzig die Soundkulisse mit den auch nachts hämmernden und sägenden Handwerkern erzeugt eine leicht bizarre Stimmung.

Dem routinierten Spukhaustreiben können die teils recht namhaften und treffend besetzten Mimen nur wenig entgegenwirken. Mirren vermag als schwarz verschleierte Witwe nur wenige Akzente zu setzen, besser ist Clarke, dem immerhin eine leichte Figurenentwicklung eingeräumt wird.
Handwerklich ist zwar wenig anzukreiden, doch dadurch, dass das Setting nie voll ausgeschöpft wird und lediglich eine Handvoll der Räumlichkeiten zur Geltung kommt, entfaltet sich kaum eine entsprechende Gruselhausatmosphäre.

Folgerichtig ist den Spierig Brothers dieses Mal kein großer Wurf gelungen. Zu wenig Spannung, überraschungsfreie Abläufe und ein viel zu hastig abgehandelter Showdown führen mit viel Wohlwollen zu Mittelmaß. Ein Spukhausfilm, der trotz seiner ausbaufähigen Grundlage weitgehend ideenlos bleibt.
Knapp
5 von 10

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