Review

Einen straighten, rundum unterhaltsamen B-Film zu inszenieren, ist schwieriger als man denkt, selbst die gewieftesten Unterhaltungsregisseur haben manchmal Schwierigkeiten damit, überflüssiges Fett von ihrer reißerischen Story zu entfernen und stattdessen straight den so unwahrscheinlichen wie effektiven Plot runterzudrehen.
"Der Horror-Alligator" ist eine Ausnahme von dieser Regel, denn der engagierte Handwerker Lewis Teague, der später noch "Cujo" und "Katzenauge" inszenieren sollte, kriegt hier mit Hilfe des hocheffektiven 90-Minuten-Skripts von John Sayles einen durch und durch unterhaltsamen B-Reißer hin, der nicht mehr und nicht weniger als Unterhaltung sein will und das auch nahtlos schafft.

Alles beginnt mit einer berühmten urbanen Legende, nämlich die von dem Alligatorbaby, das durch die Toilette gespült wird, um im Kanalisationssystem zu einer mörderischen Riesenbestie heranzureifen, aber dieser Klischeeplot wird mit absoluter Nonchalance innerhalb der ersten 15 Minuten formvollendet ausgebaut.
Ein Kindergeschenk an ein kleines Mädchen auf einer Alligatorfarm (inclusive einer blutig schiefgegangenen Dressurnummer als Appetizer), dann die Entsorgung des Haustiers durch den wütenden Vater mittels Kloschüssel und Spülung, das sind die ersten Schritte, dann die Unterfütterung des Plots durch die Fütterung des Reptils mittels diverser Hundekadaver, die in den Kanälen entsorgt wurden, weil sie Opfer einer tierschützend illegalen Hormontherapie wurden. Die Wachstumshormone werden natürlich an den Alligator weitergegeben, bis der muntere 15 Meter lang ist und sich neue Nahrungsquellen suchen muß, weil er sich beim Verfrühstücken seines finsteren Nahrungslieferanten selbst den Nachschub abgeschnitten hat.

Derweil ist unser handelnder Cop schon an der Sache dran, wie überhaupt kaum Barrieren in die Geschichte eingebaut werden, egal wer dem Alligator zum Opfer fällt. Hier ein gefundener Fuß, dort ein Arm, da eine Kamera als Hinterlassenschaft des versnackten Journalisten mit eindeutigen Fotos - immer ist die Polizei gleich auf der richtigen Spur, während man längst weiß, daß der Bürgermeister und der Chef der Pharmafirma samt anzuheiratendem Schwiegersohn für den ganz Trubel verantwortlich sind.

Nachdem man also "formicula"-like lange genug durch die Kanäle gezogen ist und sich ein Angriffstrauma geholt hat, bricht das Tierchen formvollendet durch den Straßenbelag und zieht in der Folge eine Spur der Zerstörung durch die Stadt, die nicht mal der großspurige Großwildjäger durchkreuzen kann. Am Ende müssen der aufrechte Cop, die nette Wissenschaftlerin (b-film-gemäß auch das Mädchen, daß das Vieh am Anfang geschenkt bekam!) und eine Ladung Dynamit für das sorgen, was der korrupte Politikerapparat, die hüftsteifen und begriffsstutzigen Polizisten und die Swat-Teams nicht hingekriegt haben.

Orientiert hat sich Sayles dabei mehr als offensichtlich an Spielbergs "Der Weiße Hai", von dem es ja so einige Kopien oder Rip-Offs gibt, das Beste bis dato wohl der Bären-Reißer "Grizzly". Doch "Alligator" kann problemlos mithalten, Robert Forster gibt einen wunderbar runden Ermittlungsbeamten mit Hundefilmmel und ausgehendem Haar zum Besten, der schließlich auf eigene Faust zur Tat schreiten muß.
Die nötige Wissenschaftlerin - natürlich zunächst nicht ernst genommen, wie es sich gehört - ist diesmal weiblich und den dritten Part der spielbergschen Konstellation, den des Großwildjägers, nimmt ein Ebensolcher ein, in Gestalt von B-Film-Ikone Henry Silva, der seinen Part wunderbar trashig als urbane Safari (komplett mit "farbigen Helfern") inszeniert und kein Humorschlagloch dabei ausläßt, inclusive seines Ablebens, daß dem von Robert Shaw in "Jaws" fast aufs Haar gleicht.

Mit dem Realismus haben wir es hier natürlich nicht so dolle, aber das "Stadt-in-Panik"-Szenario wird auch mit geringen Mitteln wunderbar ausgebreitet, neben den Hauptrollen stilecht mit rauhbeinigem Vorgesetzten, schlimmen Politikerfingern und unreifen bis unbequemen Kollegen, die einfach nicht tough genug für den Helden sind.
Gleichzeitig ironisiert und parodiert Forster diese Standardrolle mit todernstem Gesicht bis zum höchsten Vergnügungslevel und dank Sayles ausgefeilter Dramaturgie kocht die Milch dann genau zur Halbzeit im richtigen Moment über. Bis dahin folgt Teague nämlich Spielberg und seiner Cutterin Verna Fields auf dem Fuße, zeigt nur Ausschnitte, Fragmente oder blitzlichtartige Szenen des Tiers, bis es dann in einer ebenso absurden wie grandiosen Szene durch den Bürgersteig bricht.

Tricktechnisch ist das natürlich nicht oberste Liga, aber so effektiv ist ein Großreptil selten in Szene gesetzt worden, neben Puppen kamen auch Animatroniken zum Einsatz, die schönsten Szenen sind aber mit realen Alligatoren inszeniert, die man in miniaturisierten Sets (meist von oben) abgefilmt hat und die so zu enormen Dimensionen kommen.
Und weil so ein knackiges B-Schundprodukt natürlich auch einen "payoff" braucht, entert Echse im letzten Drittel kongenial die Gartenparty von Pharmafutzi, Mad-Scientist-Schwiegersohn und Bürgermeister, wo er die gesamte Stadtelite zu Gulasch verarbeitet, ein entzückender, wenn auch schwer faßbarer Zufall, den man in Unterhaltungskreisen natürlich gut brauchen kann.

So kommt Teagues Film fast ohne einen langweiligen Moment aus, sondern steuert todernst durch alle gewalttätigen und mitunter recht blutigen Absurditäten (da wird so manches Glied deutlich sichtbar abgefressen) und das "Monster" wird dabei nie dämonisiert oder überhöht, sondern bleibt einfach ein verdammt großes Tier mit enormen Hormonhunger. Man made Monster and Monster strikes back!
Kaum einer der Krokodilfilme der kommenden Jahrzehnte kam danach auch nur annähernd an die verspielt wirkende Effektivität dieses Monsterreißers heran, weil man dann verstärkt auf "stock footag" realer Tiere oder offensichtliche Gummiprops setzte und den Suspense des nur Beinahe-Zeigens leider vermied.
Mag es auch keine große Kunst sein, ein rundum gelungener Monsterspaß ist es allemal geworden und würdig, sich an ihn als ein kleines B-Juwel zu erinnern. (8/10)

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