Für Lewis Teague sollte es nach „Alligator“ noch budgetmäßig bergauf gehen, der Klassiker des Kroko-Horror aus dem Jahre 1980 geht auf jeden Fall als gut besetztes und ordentlich finanziertes B-Movie durch.
Es beginnt mit jener Urban Legend, die „Alligator“ vielleicht nicht erschuf, aber definitiv emsig befeuerte: Die Story des durch Klo gespülten Babyalligators. Einen solchen bekommt ein tierbegeistertes Mädel geschenkt, doch schon auf der Kroko-Farm sehen die Eltern mit an, wie eines der Biester bei einer Vorführung einen Pfleger anfällt, also schiebt Papa schon bald Panik und das Tier geht flugs via WC auf die Reise.
Zeitsprung in die Gegenwart: In der Kanalisation tauchen angeknabberte Leichenteile auf (wer mag das bloß gewesen sein?). Der Cop David (Robert Foster) soll die Fälle untersuchen und stolpert dabei auch über ein Labor, das Wachstumshormone an Tieren testet. Die Kadaver werden illegal in der Kanalisation entsorgt, wo die Panzerechse sie seit Jahren schnabuliert und dementsprechend groß geworden ist. Zivilisationskritik etwa? Nicht wirklich, höchstens ein frühes Säen der späteren poetischen Gerechtigkeit, denn skrupellosen Hintermänner werden natürlich früher oder später Opfer des Kroketiers.
David kommt bald auf den Trichter, dass nicht, wie anfangs angenommen, ein wahnsinniger Mörder, sondern ein Alligator hinter den Taten steckt. Er sucht Hilfe bei der Biologin Marisa (Robin Riker), doch auch mit deren Fachwissen ist dem gefräßigen Biest nicht so einfach beizukommen…
„Der weiße Hai“ hat den Tierhorror nachhaltig geprägt und auch das erkennt man an „Alligator“ ganz klar. Anstelle skrupelloser Stadtväter mit Blick auf Tourismus, welche die Katastrophe nicht verhindern, sind es hier skrupellose Kapitalisten, welche die Katastrophe verursachen, anstelle einer Regatta sucht das Biest im Finale eine Hochzeit heim (natürlich ausgerechnet jene der Tochter des Verantwortlichen) und natürlich bleibt es am einsamen Helden hängen den Tag im Kampf Mann gegen Monster zu retten. Doch „Alligator“ verleugnet das große Vorbild gar nicht, sondern zitiert es sogar mit Freude auf dem Soundtrack, wenn einige Alligator-Attacken mit „Jaws“-mäßiger Musik untermalt sind.
Die humorige Herangehensweise tut Lewis Teagues Film eh ziemlich gut, denn auch wenn es mit der Geschichte nicht so weit her ist, da sie (Ironie hin oder her) eben nur die „Der weiße Hai“-Standards bedient und so etwas vorhersehbar daherkommt, so kann die Komik dieses Manko über weite Strecken effektiv kaschieren. Wenn irgendwelche Schnapper das Alligator-Auftauchen als Tourismusgeschäft missbrauchen, der Cop von unzähligen Alltagszipperlein geplagt wird und Marisa ausgerechnet jenes kleine Mädel von einst ist, dem der Alligator im Babyalter gehörte, dann ist die Gaudi groß.
Die Freude am Film merkt man auch der Besetzung an, gerade Robert Foster spielt den harten Hund mit Augenzwinkern, quasi eine komödiantische Antwort auf all die harten Bullen im Film seit Dirty Harry und Co. Ähnlich große Freude legt Henry Silva in seiner Gastrolle als geckenhafter „Great White Hunter“ an den Tag, dessen Hybris ihm natürlich bald zum Verhängnis wird, aber gerade deshalb treibt Silva jenen Part auch so hinreißend auf die Spitze. Von Robin Riker, Michael V. Gazzo und den restlichen Nebendarstellern gibt es dann ordentlichen Support, die Schlaglichter des Films sind aber Silva und natürlich Hauptdarsteller Foster.
Am wichtigsten in einem Alligatorfilm ist aber natürlich der Alligator, den man genregemäß anfangs kaum, nur zum Teil und/oder im Dämmerlicht sieht, ehe in Filmhälfte zwei seine volle Monstrosität enthüllt wird. Teague lässt es sich nicht nehmen die Szene bewusst als Knalleffekt zu inszenieren: Der Alligator tritt nicht nur ins Licht, nein, er bricht durch den Bürgersteig aus der Kanalisation aus. Die Tricks sind auch Jahre nach Entstehung des Films charmant, eine Mischung aus Alligatoraufnahmen zwischen Miniaturmodellen und dem Einsatz eines mechanischen Krokos, die Effekte sind hart, aber nie überzogen und die Attacken des Tieres mal schön schweißtreibend, mal nett actionreich anzusehen. Dabei findet Teague überraschend gut den Ton, das Verknurpsen eines Kindes erlebt man hier als unerwarteten Schock, nicht als unerwartete Geschmacklosigkeit wie in dem artverwandten „Jaws“-Rip-Off „Polyp – Die Bestie mit den Todesarmen“.
Ganz klar: Erzählerisch reißt „Alligator“ keine Bäume aus, arbeitet brav bekannte Muster ab und ist durchaus vorhersehbar. Der wohldosierte Einsatz von Schauwerten und Schockeffekten, die humoristische Note und die schicken Tricks machen dieses erzählerische Manko aber schnell vergessen. Ein spaßiger Tierhorrorfilm und vermutlich der beste Beitrag zum Krokodilhorror.