Eine leere Bilderschlacht
Ein namenloser Kämpfer (Jet Li) betritt den Palast des tyrannischen Königs von Qin (Daoming Chen). Der Namenlose tötete drei Attentäter, die es auf das Leben des Königs abgesehen hatten. So wird ihm die Ehre zuteil, dem König seine Heldengeschichten zu erzählen. Doch irgendetwas an den Geschichten wirkt schief. Berichtet Herr Namenlos tatsächlich die Wahrheit? Oder führt er den König mit doppelten Böden hinters Licht?
Hero (2002, Originaltitel Ying xiong) ist ein melodramatischer Kampfkunstfilm. Der Regisseur Yimou Zhang (House Of Flying Daggers) verwurstelt hier die Geschichte Chinas zu einem reichlich kruden Verwirrspiel, bei dem letztlich nur Banalitäten herauskommen. Das Drehbuch versucht den flachen Plot mit unterschiedlichen Erzählebenen zu vertuschen. Was bei Akira Kurosawas Rash?mon (1950) von Tiefsinnigkeit und erzählerischem Mut zeugt, verkommt bei Hero zu einem billigen Taschenspielertrick. Die simplen Botschaften und überzogenen Symbole, die Zhang uns zumutet, sind zum Haareraufen. Das gilt vor allem für das hanebüchene Ende.
Inhaltlich ist der Film eine Farce, fast schon eine Beleidigung. Aber selten hat eine Farce so gut ausgesehen! Zhang holt alles aus den Bildern raus: Farbe, Perspektive, Bewegung, alles. In diesen Einstellungen kann man sich verlieren. Sie sind exquisit. Berauschend. Doch sind sie auch schön? Ich zögere, sie so zu nennen. Denn im Kern bleibt Zhangs Bildsprache oberflächlich, sie ist glasklar auf den Effekt aus. Das ist geradezu die Definition von Kitsch.
Hero kommt nicht ansatzweise an Ang Lees Film Crouching Tiger, Hidden Dragon (2000) heran, der nach wie vor den Goldwert in Sachen Wuxia-Drama angibt. Lee lädt seine Charaktere zwar ebenfalls symbolisch auf, zeichnet sie aber wesentlich komplexer. Bei Zhang sind die Figuren lediglich Zahnräder in einer hohlen Geschichte. Und doch, diese Bilder! Jeder Tadel an Hero kommt zurück wie ein Bumerang. Er prallt ab an der Pracht der filmischen Inszenierung. Die Kämpfe sind eine Augenweide, man kann sich fast nicht satt sehen an ihnen. Das schwerelose Duell über dem Bergsee ist besonders atemberaubend. Wer keinen Zugang zum „Wire Work“ in chinesischen Kampffilmen findet, lässt sich vielleicht durch diese Szene erwärmen.
Weshalb Kritiker und Publikum Hero dermassen abfeiern, bleibt ein Rätsel. Der Film ist nicht schön. Er ist pathetisch. Und selbstverliebt. Die überspitzte Farb-Kontraste sagen schon genug. Und dieser verschwenderische Umgang mit Pfeilen. Man möchte meinen, dass es in China nun keine mehr gibt. Wir haben es hier mit einer Vision zu tun, die quantitativ denkt, nicht qualitativ. Und das ist ein sicheres Anzeichen dafür, dass wir es nicht mit Kunst zu tun haben.
Dass Yimou Zhang eher ein Taschenspieler ist als ein Poet, zeigte sich spätestens in Der Fluch der goldenen Blume (2006), der unverkennbar in den Kitsch abdriftet. Und doch, meine Freunde: Diese Bilder! Wenn man etwas so Hübsches wie Hero anschauen kann, dann vergisst man zuweilen nur zu gerne, dass man hinters Licht geführt wird.
5/10