Review

Hier gibts Spoiler!

Warum funktioniert der Film nicht bei mir?
Die Grundidee ist nicht neu, aber immer wieder interessant für einen Hochspannungs-Thriller: Ein paar Fremde werden unfreiwillig in eine Situation gebracht, der sie a) nicht gewachsen sind und b) der sie nicht entkommen können (ausser durch den Tod).
Doch was ging schief?
Bis vor der Pause dachte ich, dass hier einfach ein weiterer Killer-on-the-Loose-Schinken abgespult wird. Statt Teenies erwischt es hier Erwachsene. Dann wird es plötzlich mysteriös: Clea DuVall beginnt unmotiviert von Indianergeistern zu schwafeln, die Leichen verschwinden spurlos und Jake Busey (Garys kleiner Bruder) findet raus, dass es buchstäblich nicht möglich ist, sich vom Motel zu entfernen.
Gut, dachte ich, jetzt bitte kein Geisterfilm à la Hollywood (wohin das führt, hat uns Jan de Bont mit seinem "Geisterschloss" ja drastisch vorgeführt). Aber ich hätte nichts dagegen, wenns trotzdem übersinnlich wird. So mit Realitätsverschiebung, Zeitsprüngen und so.
Dann ist der Film zu Ende und meine Enttäuschung auf dem Höhepunkt. Das wars also? Das ist der hochgelobte "Identity"? Der neue, atemberaubende Psychothriller, der einem die Fussnägel hochklappen soll?
Ein Produkt von der Stange, nicht mehr. Solide inszeniert, aber gepackt hats mich nicht.

Die Gründe:
Das Motel in der stürmischen Nacht hat keine Atmosphäre. Nur mit Regen und Gewitter von draussen lässt sich keine unheimliche Stimmung erzeugen. Man hat auch keine Zeit, sich mit dem Motel zu beschäftigen, dauernd gehts wieder nach draussen in den Regen. Ebenso die Geräuschkulisse. Das dauernde Rauschen schläfert einem ein. Es wäre spannender gewesen, wenns plötzlich aufgehört zu regnen hätte und totenstill geworden wäre.

Die Figuren sind klischeebeladen, und eigentlich war es mir sogar ziemlich egal, wer als nächstes dran glauben muss. Ausser John Hawkes (unvergesslich aus "From Dusk Til Dawn") und dem grossartigen Pruitt Taylor Vance spielen alle, wie wenn sie in einem Psychothriller mitspielen würden. Die Frauen kreischen und sind hysterisch, die Männer sind cool oder delegieren/brüllen rum. John Cusack (eindeutig fehlbesetzt) darf sogar in einer von klebriger Sülzmusik untermalten Szene erzählen, warum er damals seinen Job als Polizist gekündigt hat. Kitschiger gehts nimmer.
Ray Liotta, der sonst ein glückliches Händchen in der Wahl seiner Rollen hat (mal abgesehen vom langweiligen "Flucht aus Absolom"), sowie Alfred Molina und John C. McGinley sind überaus gute Charakterdarsteller, sind aber unterfordert. Amanda Peet und Rebecca de Mornay haben die Standardrollen der "Nutte mit Herz" und der "zickigen Schauspielerin" und entsprechen den üblichen Sehgewohnheiten.

Die Morde und Schockmomente sind voraussehbar. Es gibt keine Gelegenheit, in denen man seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen kann, andauernd rennen die Leute in den unpassendsten Momenten in einander rein (einmal würde ja noch gehen, doch dies passiert etwa fünfmal), oder werden ermordet.

Und jetzt noch zum psychologischen Aspekt: Die Idee mit den verschiedenen Persönlichkeiten, die der unter multipler Schizophrenie leidende Malcolm Rivers in seinem Kopf aufeinander loslassen kann, damit die sich umbringen und er somit geheilt und entlastet ist, hinkt ziemlich. Ist das Problem von Schizophrenen nicht gerade dies, dass sie keine Kontrolle über die anderen Persönlichkeiten in ihnen haben, sie nicht einmal wissen, wer diese sind?

Unterm Strich: Überambitionierte Dutzendware, die sich gerne als ultimativen Thriller sieht, aber leider konstruiert wirkt.

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