In der Nacht vor seiner geplanten Hinrichtung kommt es zu einer erneuten Anhörung des Mörders Malcolm Rivers. Gestützt auf neue Erkenntnisse um dessen psychisches Leiden und dem Auftauchen seines Tagebuchs, sehen sich sein Psychiater Dr. Malick und sein Anwalt ermutigt, erneut auf Unzurechnungsfähigkeit des Mandanten zu plädieren.
In der Parallelhandlung geht es um zehn Personen, die die Fügung des Schicksals in einer Unwetternacht in ein abgelegenes Motel in Nevada verschlägt. Komplett isoliert von der Außenwelt versucht man nun Hilfe zu erreichen, die man auch bald sehr nötig haben wird. Denn nach dem „10 Kleine …“- Prinzip (ausgespart aus Gründen der politischen Korrektheit) wird einer nach dem anderen hinweggemetzelt und im Stile eines letalen Countdowns in der Chronologie der Taten nummeriert.
Der absolute Triumph des Thrillers ergibt sich aus der Koexistenz zweier Handlungsstränge, die zunächst scheinbar nichts verbindet, die aber still und leise konvergieren, zu einem adäquaten Zeitpunkt verschmelzen und eine nachvollziehbare Kohärenz herstellen.
Bei Malcolm Rivers handelt es sich um eine gestörte Persönlichkeit, die sich aufgrund traumatischer Kindheitserlebnisse zehn Alter Egos kreiert hat, von der eines für das Massaker verantwortlich ist, für das Rivers gehenkt werden soll. Im Laufe dieser Nacht werden seine multiplen Charaktere durch Fremd- und Autosuggestion miteinander konfrontiert und nacheinander ausgeschaltet, in der Hoffnung auch die mordende Triebfeder zu eliminieren.
Bei der Personengenerierung erweist sich Rivers als ziemlich kreativ und lässt unterschiedlichste Charaktere aufeinanderprallen: Als ersten Teilnehmer dieses Psycho-Royal-Rumbles sehen wir Larry, den gedrungen wirkenden, abgehalfterten und zwielichtigen Betreiber des Motels, das sich als geeigneter Schauplatz anbietet. Dazu kommen die kaltherzige Schauspielerin, die die Menschen in ihrer Umgebung als solche gar nicht mehr wahrnimmt, ihr Chauffeur Ed, ein Ex-Polizist mit Burn-Out-Syndrom, eine Kleinfamilie, bestehend aus einem verschüchterten Jungen, seinem von stetiger Unsicherheit geplagten Stiefvater und seiner Mutter, die von Ed angefahren und lebensgefährlich verletzt wurde. Dazu gesellen sich die Prostituierte Paris, die merkwürdigerweise gleich als solche identifiziert und stigmatisiert wird und ein frisch vermähltes Pärchen, von dem nur die esoterische „Ginny“ eine etwas längere Bildschirmpräsenz hat. Vervollständigt wird die illustre Gesellschaft durch die Ankunft des Polizisten Rhodes, der einen Schwerverbrecher transportiert und sich mit Ed um den Status des Alphatierchens rangelt. So viel sie auch trennt, eines haben alle gemeinsam: Den Geburtstag.
Nach einer denkwürdigen Schlacht überlebt in Rivers derjenige mit den redlichsten Gefühlen, der aber wie er selbst mit hartnäckigen Vorurteilen konfrontiert wird. Oder ist da noch jemand?
Ein wild zusammen gewürfelter Haufen Fremder und ein mysteriöser Killer sind eigentlich nichts Neues. Da es Identität aber gelingt, einen originellen Kompromiss zwischen intelligentem Psychothriller und blutigem Horror zu finden und dem ganzen einen passenden Mantel in Form einer düsteren, trüben und kiesigen Atmosphäre anzuziehen, katapultiert sich der Film bis kurz vor Schluss in die erste Liga.
Die schieren Zufälle, die die Protagonisten zusammenführen, können eigentlich nur Produkt der Imagination sein und erinnern an das Sujet der Independent-Perle 11:14 - elevenfourteen (2003).
Vielleicht aus einem Verlegenheitsgefühl heraus, eher aber durch die Hybris, einen finalen Schockmoment zu setzen, fabuliert sich Identität eine abstruse und verquaste Auflösung zurecht, ohne darauf zu achten, ob die Werkimmanenz dies zulässt. Natürlich kann es sich bei Vorgängen, die sich in der Psyche abspielen um etwas Surreales und Überirdisches handeln. Da aber die Haupthandlung über fast die gesamte Dauer des Filmes rational erklärbar ist und nichts Metaphysisches hat, trotzt das Ende jeglicher Logik und erscheint wie ein schlechter Witz.
Zugegeben, Identität konnte sich kaum elegant aus der Affäre ziehen, es wirkt aber eher so, als ob er dies nicht mal beabsichtigte, denn die übernatürliche Variante ist immer die bequemste. Der Film hätte zum Mythos werden können, wenn er den kryptosophischen Weg gegangen wäre und das Ende offen gelassen hätte.
So bleibt als Fazit, dass es sich hierbei um einen Thriller mit Charakter und Persönlichkeit handelt, der bei einer überschaubaren Spielzeit von 90 Minuten trotzdem 5 Minuten zu lang ist.