Review
von mustermann
Stark angefangen, stark nachgelassen
Inhalt: Es geht um den NSU-Skandal. Der "nationalsozialistische Untergrund" als Türken-mordende terroristische Vereinigung dürfte sogar dem durchschnittlichen BILD-Leser ein Begriff sein. In diesem Krimi führen Ermittlungen den TV-Kommissar Dengler in das Umfeld der Mord-Serie, die mit einigen Türken begann und mit dem Tod der (zwei) Terroristen endete.
Positiv: Es gibt den Film. Die offizielle Darstellung über den "NSU" (nicht das Auto ) weist etliche klaffende Lücken auf. In dieser Rezension detailliert darauf einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Es gibt zahlreiche Bücher, Sonderhefte und auch Websites zu dem Thema, wo sich der interessierte Leser informieren kann.
Hier nur einige der gravierendsten:
- Die beiden getöteten Verbrecher (Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt) haben sich jeweils mit mehreren Schüssen in Brust und Kopf selbst getötet. Dieses Kunststück haben alle beide fertig gebracht!
- In der verbrannten Wohnung findet man gesuchte Mord-Waffen mit angeschmolzenem Lauf (durch das Feuer). Gleichzeitig findet sich ein ganzer Karton mit intakten DVDs und eine Terrorzielliste mit den 88 Politikernamen. Klar, das Plastik von CDs und DVDs und Papier einer Todesliste sind in so einem Fall natürlich feuerfest, was sonst?
- Der Spiegel kaufte das "Bekennervideo" mit dem Zeichentrickfilm von Linksradikalen.
- Warum wurden die im Jahr 2007 produzierten DVDs sozusagen auf Halde vorgehalten und erst nach dem Auffliegen der Gruppe versendet? Untypisch für Terroristen, deren Terror ja auf "Öffentlichkeitsarbeit" beruht.
- Warum ist bei dem letzten Mord der sogenannten "Dönermord"-Serie in Kassel ein Mitarbeiter des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz zur Tatzeit am Tatort? Warum endet die ‚Dönermord'-Serie nach der Vernehmung dieses Mannes?
- Dazu sind in dem immer noch laufenden Gerichtsverfahren (gegen "Terror-Groupie" Beate Zschäpe - weil man für eine terroristische Vereinigung mindesten 3 Personen braucht?) mittlerweile ganze sieben Zeugen gestorben, bevor sie aussagen konnten.
Diesen ganzen skandalösen Wirrwarr um den NSU in einem Krimi zu verarbeiten, ist also durchaus verdienstvoll. Schon allein, um ihn nicht aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden zu lassen.
Negativ: Die Auflösung des Falls ist einfach zu "versöhnlich". Ganz im Sinne des Titels hält hier nämlich der Staat seine "schützende Hand" über die mörderischen Nazis, um einen öffentlichen Skandal zu vermeiden. OK, die übliche Lesart der Informierten - daß die Behörden in der "braunen Suppe" nicht nur mit drin stecken, sondern sie selbst angerührt haben, um Nazis zu konstruieren, die sie öffentlichkeitswirksam jagen und mißliebigen Parteien in die Schuhe schieben können - liest sich wie eine Verschwörungstheorie. Aber was dieser Film als Lösung anbietet, ist nicht mal mehr das, es ist einfach nur bescheuert! Es paßt einfach nicht zu den Fakten, die bisher über den Fall bekannt wurden.
Andererseits ist man geneigt, dem Film diesen Fehlgriff nachzusehen. Denn wenn er zu den Fragen auch noch die passenden Antworten gegeben hätte, wäre er im öffentlich-rechtlichen TV sicher nicht gesendet worden (vermutlich nicht mal auf Youtube). Leider macht das den Film aber auch nicht besser.
Fazit: Als Tiger gesprungen, als Merkels Bettvorleger gelandet. Genauso, wie im RAF-Tatort "Der rote Schatten" kritiklos die staatliche Version ignoriert wurde ("RAF-Propaganda" hat es Stefan Aust genannt), so wird in diesem Krimi die Version übernommen, die gerade zum gewünschten politischen Mainstream paßt. Und so sehr man auch geneigt sein mag, dem Film diese Anbiederei nachzusehen (weil er ja wenigsten die richtigen Fragen stellt und er sonst in der Versenkung verschwunden wäre), bleibt am Ende nur ein durchschnittlicher Krimi, der sich am Thema verhebt.