Review
von Leimbacher-Mario
Taten und Konsequenzen
Am Ende von „Calibre“ guckt eine der Figuren direkt in die Kamera, sagt zwar nichts, aber der Blick durchbricht dennoch deutlich die vierte Wand, als ob gefragt würde: „Was hättest du getan?“. Und genau das ist eine der großen Stärken dieses netflix-exklusiven Jagdthrillers. Denn obwohl fragwürdige Entscheidungen getroffen werden, ist man dennoch derart intensiv bei der Sache, dass man sich dauernd genau die oben gestellte Frage stellt... Wir folgen zwei Kumpels auf einem Jagdausflug, der gehörig aus der Bahn läuft. Mehr sei zur Story nicht verraten. Aber so viel sei verraten: Spannung wird hier riesengroß geschrieben und Atmosphäre ebenfalls nicht gerade klein...
„Calibre - Weidmannsunheil“ - der deutsche Untertitel klingt blöd, ist es aber nicht und er passt hervorragend zum Film, wäre sonst wohl meine Reviewüberschrift geworden. Die Geschichte ist aufs Simpelste runtergebrochen, funktioniert aber gnadenlos effektiv. Beide Hauptfiguren sind nett, aber sicher/lobenswert keine Saubermänner, das Hinterwaldsetting im schottischen Moosland zieht einen langsam in seinen Bann und der Verlauf ist durchgängig packend, hart, sinnig. Letzteres zumindest bis zum allerletzten Drücker, der alles dann doch ein ganzes Stück zu hübsch und sauber, trotz Blutzoll, aufrollt und abschließt. Bis dahin ist die Fahrt jedoch aufregend ruppig, holprig, wendig, kernig. Vor allem für (Hobby-)Jäger eine schweißtreibende Angelegenheit. Knackig und klassisch.
Fazit: einer der spannendsten, unberechenbarsten und rohsten Thriller, den man auf Netflix finden wird. Intensiv und zähneknirschend. Voller falscher aber vielleicht gar nicht mal so unrealistischer Entscheidungen. Whisky schnappen, unter der Decke einmummeln, zusammenzucken und genießen. Zwischen „Straw Dogs“ und „A Horrible Way To Die“.