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Marcus (Martin McCann) und Vaughn (Jack Lowden) sind befreundet, seit sie sich im Internat kennengelernt haben. Der etwas ältere, zielstrebige Marcus ist erfolgreich mit Finanzdienstleistungen, während der eher zurückhaltende Vaughn gerade Vater wird. Marcus´ Einladung zu einem gemeinsamen Jagd-Wochenende in den einsamen schottischen Wäldern soll beiden ein wenig Erholung vom Alltagsstress bringen: In einem winzigen Dorf, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, quartiert man sich in eine kleine Pension  ein und nach einer feuchtfröhlichen Nacht in der örtlichen Kneipe gehts am nächsten Morgen auf die Pirsch. Schon bald läßt sich ein geeignetes Wild blicken, aber da unterläuft dem Jüngeren, mit dem Gewehr ungeübten Vaughn ein schrecklicher Fehler - ein Fehler, der nicht rückgängig zu machen ist und durch das entschlossene Eingreifen von Marcus nur noch schlimmer wird. Fortan wird das Denken und Handeln der beiden Freunde nur noch durch Vertuschen und Fluchtgedanken bestimmt...
 
Calibre – Weidmannsunheil entwickelt sich nach einem unspektakulären Einstieg schnell zu einem Psychothriller, der die Nerven der beiden Protagonisten aufs Äußerste anspannt und ihre Freundschaft auf eine harte Probe stellt. Regisseur  Matt Palmer, der auch das Drehbuch schrieb, hat sich eine unangenehme Ausgangsposition ausgedacht, in die er die beiden stürzt: Fremd in einer ländlichen Umgebung mit mißtrauischen Einheimischen, die die beiden Stadtmenschen nur ungern in ihrer Nähe dulden und gleichzeitig geplagt vom eigenen Gewissen und der ständigen Angst, daß ihr "Fehler" entdeckt werden könnte. Dieser "Fehler" (den ich aus Spoilergründen nicht näher umschreiben möchte) passierte unvorhersehbarerweise; die Reaktion darauf jedoch läßt den Zuschauer ein ums andere Mal überlegen, wie man wohl selbst reagiert hätte - und dies macht die Spannung von Calibre aus, die sich zum Ende hin immer mehr steigert. Angst und Ratlosigkeit, wie es denn nun weitergeht bestimmen vor allem beim jüngeren Vaughn das Bild, während Marcus, der von Haus aus entschlossener agiert, weiter auf Vertuschen setzt. Die Dorfbewohner haben inzwischen Lunte gerochen, sind sich aber uneinig und schwanken zwischen abwarten und roher Gewalt - ein zusätzliches Bedrohungspotential für die beiden Großstädter, die sich dadurch nicht nur psychisch, sondern bald auch körperlich in die Enge getrieben sehen...

Das Attribut Low-Budget, das auch auf diesen Film anzuwenden ist, beinhaltet meist eine leicht negative Note - hier aber benötigt die spannende Handlung keine größeren Kulissen als die undurchdringlichen weiten Wälder und ein paar Innenaufnahmen. Auch die Darsteller - neben den beiden Protagonisten sind dies einige Dorfbewohner - machen ihre Sache sehr gut und stellen wechselnde Gemütszustände von einerseits atemloser Angst, mühsam zurückgehaltenem grundsätzlichen Zorn auf die Stadtmenschen oder auch unverhohlener Progromstimmung sehr überzeugend dar. Ein durchaus sehenswerter britischer Thriller - 7,4 Punkte.

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