Review
von Leimbacher-Mario
Grenzen sind da, um sie einzureißen
Zuerst hatte ich auf das Sequel zu "Sicario" keinen Bock. Ohne Villeneuve, ohne Blunt, ohne Knalleffekt, ohne Überraschung, ohne Neues. Doch als ich mich dann mit dem Regisseur, Italiener Stefano Sollima beschäftigte, schwollen Erwartungen und Vorfreude schnell an. Zu stark und eigensinnig und kraftvoll sind seine Italo-Gangsterepen wie "A.C.A.B." oder "Suburra". Schnell war klar: das könnte genau der richtige Mann für den fordernden Job sein! Und was sollen ich sagen... er enttäuscht nicht im Geringsten. Sein "Sicario 2" geht, wie es jede gute Fortsetzung tun sollte, eigene Wege und lässt es intensiv krachen. Vielleicht nicht ganz so instinktiv und wuchtig und künstlerisch wertvoll wie im Original, doch dafür direkter, aktueller, härter und klarer in seiner Struktur und seinen Themen. Eine brandheiße Fortsetzung, die Fans des Vorgängers zufriedenen stellen wird und sicher noch einige neue dazugewinnen wird! Da kann man es fast verkraften, dass die Geschichte unfertig wirkt und eher an Serien erinnert als an einen abgeschlossenen Kinofilm.
Erzählt wird von der US-Regierung, die mit brutalen und skandalös-illegalen Mitteln, Finten und Tricks einen Krieg mit den mexikanischen Kartellen anzetteln will. Mittendrin Josh Brolin und Benicio Del Toro irgendwo zwischen allen Linien, Grenzen, moralischen wie nationalen wie menschlichen. Wo das Original episch und entschleunigt wabert, wumms Part 2 direkt und ungebremst in unser Sichtfeld. Man kann nicht weggucken und auch kaum hingucken. Del Toro hat seine Rolle als gnadenloser Söldner mehr denn je verinnerlicht und der gedrungen-kantige Brolin zementiert einmal mehr seinem Status als Mann des Jahres. "Sicario II" erzählt von Rache und Hoffnungslosigkeit, von Nachbarn und Feinden, von Führern und Zerstörern, von Leid und Totschlag. Der Staub wird nur vom roten Lebenssaft getränkt, die Schönheit findet sich im Tod, die Welt steht nicht am Abgrund, sie fällt längst Richtung steinigem Boden. Sollima ganz in seinem Element. Taylor Sheridans messerscharfes Script trägt seinen Teil dazu bei.
Fazit: anders aber beinahe genauso intensiv - Sollimas "Sicario 2" schleift schockierend dicht am Zeitgeist, schont niemanden, ist knochentrocken und gnadenlos brutal. Ein eiskaltes Wirrwarr aus Mord, Kriminalität, Chaos, Sand, Blut, Politik, Geld und vielen Patronen, harten Männern und weichen Zielen. Wer hätte gedacht, dass man daraus eine starke Filmreihe schaffen könnte?