Ähnlich wie Kollegen vom Schlage eines Jesse Johnson, Ric Roman Waugh oder Vic Armstrong arbeitete Brian Smrz erst als Stunman, Stunt Coordinator und Second-Unit-Regisseur, ehe er sich als Regisseur versuchen durfte. War sein 2008er Erstling „Hero Wanted“ noch ein wenig beachtetes B-Movie, so durfte er sich mit „24 Hours to Live“ schon in etwas höheren Budgetregionen bewegen.
Ein dick budgetierter Studiofilm ist Smrz‘ zweiter Film immer noch nicht, teilweise mit chinesischen Geldern finanziert und in Südafrika gedreht, was aber zum Vorteil des Films gerät. Schon der Auftakt hat etwas Unverbrauchtes, wenn ein Überfall auf einen Konvoi inhaltlich wenig Neues bringt, dies aber nun in Südafrika stattfindet, wo ein Überfallkommando von Milizionären die Bewacher eines wichtigen Zeugen zu Klump schießt, ehe ihnen die findige Agentin Lin (Xu Qing) einen Strich durch die Rechnung und sich und ihren Schützling nach einem ruppigen Feuergefecht noch in Sicherheit bringt. Damit hat Smrz schon einmal das Wohlwollen des Actionfans erkauft, denn der Auftakt lässt sich nicht lumpen.
Schon bald merkt man, dass ein anderes Regiedebüt ehemaliger Stuntleute als Inspirationsquelle für „24 Hours to Live“ fungiert haben dürfte: „John Wick“. Denn auch hier ist der Held ein etwas ausgebrannter Killer, der einen persönlichen Verlust hinzunehmen hatte. Travis Conrad (Ethan Hawke) hat Frau und Kind vor einem Jahr verloren und daraufhin seinen Dienst als Auftragsmörder pausiert. Mit Schwiegervater Frank (Rutger Hauer) wird die Asche der Verstorbenen verstreut, doch als Conrads alter Freund und Kollege Jim Morrow (Paul Anderson) auf der Matte steht, muss er den Job annehmen: Nicht nur, dass man ihm viel Geld bietet, seine Auftraggeber sind auch von jener Sorte, die ein Nein nicht akzeptiert.
Travis soll Lin ausfindig machen, über sie den Aufenthaltsort des Zeugen herauskriegen und diesen dann kaltmachen. Als Lin jedoch Lunte riecht, knallt sie Travis über den Haufen. Der erwacht nach einer experimentellen Prozedur wiedererweckt zum Leben – doch das nur für 24 Stunden. Da seine Auftraggeber ihn, nachdem er ihnen den Standort der Zielperson verraten hat, umlegen wollen und in Lin eine Seelenverwandte sah, stellt er sich kurzfristig gegen die eigenen Leute…
Das Rennen gegen die Zeit und der ramponierte Profi auf Rachetour haben etwas von „Crank“, auch wenn sich Travis nicht zwischenzeitlich immer aufputschen muss. Gleichzeitig verweist „24 Hours to Live“, den ebenfalls in Südafrika gedrehten Genrefilmen „Zulu“ und „Con Game“ nicht ganz unähnlich, am Rande auf die Zustände in dem von Armut, Kriminalität und den Spätfolgen der Apartheid gebeutelten Land – jedoch bleibt dies hier ein diffuses Hintergrundrauschen, das kaum Bedeutung für Handlung hat. Nur in kurzen Momenten wird betont, dass Travis‘ frühere Auftraggeber ihre Machenschaften auf Kosten der benachteiligten Zivilbevölkerung des Landes betreiben. Das beißt sich dann allerdings teilweise mit der etwas comichaften Prämisse des Superkillers unter Zeitdruck, dem ein praktischerweise in den Arm operiertes Display die verbleibende Lebenszeit anzeigt, denn mit solchen Science-Fiction-Einschlägen und dem Fokus auf persönliche Rache geraten wirtschaftliche und gesellschaftliche Kontexte ganz schnell aus dem Fokus.
Doch hier geht es ja um Action und da legt Smrz neben kleineren Fäusteleien und Schießereien fünf große Set Pieces vor. Erst der druckvolle Auftakt, danach ein Shoot-Out im Containerhafen, wobei früh auffällt, dass Smrz nicht zu schnell schneidet, auf Shakycam verzichtet und damit für genug Überblick in der Action sorgt. In der Mitte läuft „24 Hours to Live“ dann zur Hochform auf, wenn eine Sniper-Attacke mit Scharfschützengeweber mit Kaliber 50 und von Treffern durch die Gegend geschleuderten Opfern erst in ein Gefecht in einem Hotel mündet und anschließend in eine bleihaltige Verfolgungsjagd mit ein paar Autocrashes. Legt Smrz hier das Sahnestück des Films vor, so sind die letzten beiden Actionszenen von ein paar suboptimalen Entscheidungen geprägt: Eine weitere Attacke auf einen Konvoi wird aus der Sicht des von Wiedererweckungsnebenwirkungen geplagten Travis gezeigt und daher in Dauerzeitlupe, was leider Dynamik herausnimmt. Im Showdown sprengt, schießt und schließt sich Travis dann durch eine Feindesschar in einem stark choreographierten Gefecht, das immer wieder von unpassenden Ruhepausen unterbrochen wird, ehe der nächste Henchman aus der Kulisse springt, was auch hier den Rhythmus des Finales stört.
Zwischen den Actionszenen tritt Smrz dann so gut aufs Gas wie es ihm das Drehbuch und die Finanzierungsrealitäten es ihm erlauben. Denn die chinesische Finanzspritze für den Film bedeutet auch, dass das Script eine Hongkong-Exkursion einbaut, die den Film eher bremst als voranbringt, auch wenn sie erfreulich kurz ist. Aber auch abseits davon hat „24 Hours to Live“ nicht ganz den Drive von Vorbildern wie „Crank“ und „John Wick“, da der generischen Geschichte um den Hitman auf dem Rachepfad Alleinstellungsmerkmale fehlen. Das Trauma um den Familienverlust bleibt reiner Handlungsantrieb, Tiefe zieht der Film nicht daraus, sodass der verhältnismäßig unverbrauchte Südafrika-Schauplatz noch am ehesten Würze ins Geschehen bringt.
Mit Ethan Hawke hat Smrz dann einen Hauptdarsteller an der Hand, der zwar nicht ganz so viel Actionstar-Credibility mitbringt, der aber auf der anderen Seite mit einem Mehr an schauspielerischem Können seiner Figur mehr Leben einhauchen kann als das andere Darsteller bei dem etwas holzschnittartigen Drehbuch gekonnt hätten. Xu Qing ist in der weiblichen Hauptrolle ist eine erfreulich toughe Frauenfigur, die fast ebenbürtig mit dem männlichen Hero ist, wenn es um das Verteilen von Fangschüssen und ähnliche Scherze geht, auch ihre wenigen emotionalen Szenen gelungen meistert und damit wunderbar neben Hawke besteht. Einen besseren Cameo liefert Rutger Hauer ab, Liam Cunningham setzt als Boss von Travis in seinen wenigen Szenen Akzente und Paul Anderson kann in der wichtigsten Nebenrolle als Freund und Kollege Travis‘ stark aufspielen, womit der Film markige Darsteller in den wichtigsten Rollen hat, denn der Rest vom Fest darf wahlweise als Stichwortgeber oder Kanonenfutter agieren.
„Crank“ trifft „Zulu“, auch wenn der Mix nicht immer harmonisiert und dem Film ein wenig jene gelungenen Details fehlen, die Vorbilder wie die bereits genannten oder „John Wick“ auszeichneten. Doch Brian Smrz gelingt ein weitestgehend temporeicher Genrebeitrag ohne große Innovation, der mit dem recht unverbrauchten Südafrika-Setting und einigen druckvollen Actionszenen aufzuwarten weiß. Schade nur, dass ein paar inszenatorische (Fehl-)Entscheidungen den letzten zwei Set Pieces etwas den Drive rauben.