Hamburg Ende 1945: nach der Kapitulation hatten die Briten die stark zerstörte Stadt besetzt. Colonel Lewis Morgan (Jason Clarke) ist schon länger vor Ort und freut sich, daß seine Frau Rachael (Keira Knightley) nun auch anreist. Ein nobles Haus, wo die beiden wohnen werden, ist bereits requiriert: es gehörte dem Architekten Stefan Lubert (Alexander Skarsgård), der dort mit seiner 15-jährigen Tochter Freda (Flora Thiemann) lebte - die Mutter kam bei einem britischen Bombenangriff ums Leben. Lewis, kein ausgesprochener Militär sondern mit einer klassischen Bildung ausgestattet, möchte die Luberts, die in ein Lager ziehen müßten, jedoch nicht einfach rauswerfen: er weist ihnen das Dachgeschoß des groß dimensionierten Hauses zu, und auch die beiden Hausbediensteten dürfen bleiben.
So leben nun eine englische und eine deutsche Familie unter einem Dach, beide versuchen, so gut es geht, miteinander auszukommen bzw. sich aus dem Weg zu gehen, nur Rachael, eine feinsinnige Society-Dame, findet sich nicht zurecht in ihrer neuen Heimstatt. Sie spricht nicht deutsch, und die Deutschen kein Englisch, und sie muß auf viele aus England gewohnte Dinge verzichten. Während Lewis tagsüber in der Stadt unterwegs ist, wo Trümmerfrauen den Schutt wegräumen, die Menschen Hunger leiden und einige junge Burschen den verlorenen Kampf ihres Führers weiterführen wollen, langweilt sich Rachael zunehmend in dem splendiden Haus. Pflanzen läßt sie umstellen, am Klavier spielt sie auch manchmal und den Fleck an der Wand, wo früher das unvermeidliche Hitlerbild hing, moniert sie ebenfalls - bis Lubert dort ein großes Aktportrait anbringt, von dem sie sich natürlich provoziert fühlt. Es kommt wie es kommen muß: der genervte Architekt überrumpelt sie mit einem Kuss auf den Mund. Rachael scheuert ihm zwar eine, dennoch beginnen die beiden ein Verhältnis miteinander...
Die Romanverfilmung Niemandsland - The Aftermath böte durch ihren zeitlichen Konnex eigentlich genug Stoff, aus dem man einen spannenden Thriller oder zumindest ein Drama hätte machen können: hier die Besiegten, dort die neuen Herrscher. Doch stattdessen beschränkt sich Regisseur James Kent auf eine Liebesgeschichte, in der die prekäre Situation der Bevölkerung in der zerstörten Stadt nur als Rahmenhandlung dient. Der tägliche Kampf ums Essen, eine Auseinandersetzung mit dem Hitlerregime oder auch eine Versöhnung mit den hier nicht repressiv auftretenden Besatzern findet nicht statt, dafür darf die sehr modebewußte Rachael ein wenig zickig auftreten, bis der kreuzbrave und untadelige Architekt ihr einfach mal so einen Kuss verpasst.
Und das ist dann fast schon eine - freilich ungewollte - Inhaltsangabe, denn allzuviel passiert dann auch nicht mehr. Wieso es zwischen den beiden funkt, wird nicht weiter erörtert - Rachael, so erfährt man später, ist ohne sich dies äußerlich anmerken zu lassen tief betroffen über den Verlust ihres Sohnes im Krieg. Lewis ist bereits darüber hinweg und sehnt sich nach Normalität - ein stiller Konflikt zwischen den Eheleuten. Lubert, der sich nebenbei vor einer Wahrheitskommission verantworten muß und dort angibt, alles zu hassen, wofür die Nazis standen, hat ein vages Ziel vor Augen: er hat mit Hamburg schon längst abgeschlossen und möchte, sobald er den Persilschein von den Briten bekommt, auf ein wenige Jahre zuvor erworbenes Landgut in Süddeutschland ziehen. Neu anfangen lautet die Devise des wortkargen Mannes, und dergleichen Gedanken entwickelt nach und nach auch Rachael.
Während die Ausstattung des Films nichts zu wünschen übrig läßt (ein gepflegtes Herrenhaus ohne Kriegsschäden mit gediegenem Interieur, einige Drohnenaufnahmen der Ruinen, in den die Menschen nach Habseligkeiten suchen und eine kurze Straßenszene mit Demonstranten, die Lebensmittel fordern) ist der Plot derartig langweilig, daß man bald einschlafen möchte. Daran ändert auch die Nebengeschichte mit Luberts Tochter, die einerseits wie ein BDM-Mädel rumläuft und den krausen Gedanken eines Gleichaltrigen Glauben schenkt, andererseits mit der neuen Bewohnerin auch mal vierhändig Klavier spielt, nicht mehr viel. Jener Bursche übrigens hatte sich, wie einige andere, als Zeichen seiner Gesinnung ein "88" in den Arm gebrannt, obgleich es derartige Nazi-Codes damals ganz bestimmt noch nicht gab.
Alle drei Hauptdarsteller spielen ihre Filmrollen übrigens gewohnt souverän, doch da das Drehbuch ihnen so wenig Spielraum läßt, vermag keiner besonders zu glänzen. Und so endet Niemandsland - The Aftermath dann auch erwartbar unspektakulär mit einem Happy-End für alle Beteiligten - für all diejenigen, die noch nicht sanft entschlafen sind. 4 Punkte.